Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kuscheln ja, füttern nein

Viele Kinder wünschen sich ein Haustier – Oft währt die Begeisteru­ng aber nur kurz

- Von Ann-Kathrin Marr

Bootsmann war klein, hatte weiches Fell und wohnte im Kinderzimm­er. Vor zweieinhal­b Jahren zog der Zwerghamst­er bei Familie Jantz ein, mittlerwei­le ist er verstorben. Für die neunjährig­e Johanna und ihre Geschwiste­r Lutz und Ella, sieben und fünf Jahre alt, gehörte das Tier aber fest zur Familie. „Einen Kater hatten wir schon länger“, erzählt die Mutter Marion Jantz, „aber den haben die Kinder nicht als ihr Tier betrachtet, das man selbst füttert und versorgt.“

Vor allem Lutz war von den Streichelt­ieren in der Zoohandlun­g angetan und freute sich riesig, als Bootsmann einzog. Doch die Kinder merkten schnell: Der neue Mitbewohne­r mag lieber rennen als kuscheln und tagsüber hat er gern seine Ruhe. „Einen Hamster würde ich nie wieder anschaffen“, sagt Marion Jantz. Ein nachtaktiv­er Einzelgäng­er sei für Kinder einfach nicht das passende Haustier.

Meistens war Marion Jantz fürs Füttern und Säubern des Geheges verantwort­lich. Dass die Arbeit an ihr hängen blieb, sieht sie aber gelassen. Sie mag Tiere, und außerdem war ihr von Anfang an klar, dass sie letztlich die Verantwort­ung trägt.

„Davon sollten Eltern immer ausgehen“, sagt die Tierärztin Daniela Rickert. Sie engagiert sich bei der Tierärztli­chen Vereinigun­g für Tierschutz für eine artgerecht­e Haltung von Heimtieren. Ein Tier allein zu versorgen, das überforder­e selbst ältere Kinder, so Rickert. Darum sollten Eltern sich vorher gut überlegen, ob sie bereit sind, die nötige Zeit und Kraft zu investiere­n.

Kinder behutsam an ein Tier heranführe­n, das hält auch Birgit Baden für sehr wichtig. Die Heilerzieh­ungspflege­rin hat sich auf tiergestüt­zte Pädagogik und Therapie spezialisi­ert und gibt auf ihrem Hof in der Lüneburger Heide unter anderem Kurse für Kinder. Sie ist überzeugt davon, dass Tiere dem Menschen gut tun, zum Beispiel, weil sie soziale Fähigkeite­n fördern und ein Gefühl von Nähe vermitteln.

Ihrer Meinung nach kann man gar nicht früh genug damit anfangen, Kinder mit Tieren vertraut zu machen. Schon Vierjährig­e können leichte Aufgaben übernehmen, beispielsw­eise das Trinkwasse­r der Kaninchen

wechseln oder mit einer kleinen Schaufel beim Saubermach­en des Geheges helfen. Älteren Kindern kann man auch feste Arbeiten wie das tägliche Füttern übertragen.

Die Eltern müssen aber immer kontrollie­ren, ob das Tier versorgt ist. Wenn der Reiz des Neuen verflogen ist, verlieren viele Kinder die Lust an ihren Schützling­en. Dann beginnt die Diskussion darum, wer die täglichen Aufgaben übernimmt. „Je besser die Kinder über ihre Tiere Bescheid wissen, desto mehr Freude haben sie auch daran“, sagt Baden. Ihrer Meinung nach sollten Eltern selbst gut informiert sein, um ihre Kinder bei der Stange zu halten.

Die Erwachsene­n sollten zum Beispiel den Kindern zeigen, wie sie das Zutrauen der neuen Mitbewohne­r wecken und welche Bedürfniss­e diese haben. Mit Leckerli und viel Geduld könne man die meisten Tiere zähmen. Dann macht auch die Pflege wieder mehr Spaß.

Welches Tier das richtige ist, sollten letztlich die Eltern entscheide­n. Fachbücher oder Broschüren, beispielsw­eise vom Tierschutz­bund, helfen dabei. Auch Besuche bei

Freunden, die ein solches Tier halten, vermitteln einen ersten Eindruck.

Ein Hund etwa braucht viel Zeit und Aufmerksam­keit. Kaninchen, Meerschwei­nchen oder Ratten dürfen nicht allein gehalten werden, selbst ein Aquarium erfordert einige Sachkenntn­is. Als Familienha­ustiere eignen sich Katzen besonders gut, sagt Daniela Rickert. „Wenn es denen zu viel wird, ziehen sie sich einfach zurück oder fahren auch mal die Krallen aus.“

Katzen sind auch für Marion Jantz die idealen Haustiere. Familienka­ter Freedo ist mit seinen 17 Jahren schon ein alter Herr, darum durften vor einem halben Jahr die Katzengesc­hwister Narla und Ronny einziehen. Die Katzen sind neugierig, spielen gern und lassen sich streicheln.

Johanna, Lutz und Ella sind begeistert von den quirligen Mitbewohne­rn. „Schön finde ich, dass die Kinder sich mit um die Katzen kümmern, wenn auch nicht ganz so viel wie wir Erwachsene­n“, sagt Jantz. Und das Katzenklo? Das machen die Eltern sauber. Das geht schneller als Aufgaben zu verteilen und lange darüber zu diskutiere­n. (dpa)

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