Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Selbstlos grillen

- Von Lydia Schäfer

Endlich ist es so weit! Man darf wieder Freunde einladen, gemeinsam Zeit verbringen, auch wenn der Sicherheit­sabstand immer noch eingehalte­n wird, genießt man die Zeit mit Freunden und Kollegen beim gemeinsame­n Grillabend mit anschließe­ndem Feuer umso mehr. Mit dabei sind diesmal die beiden Mädchen unserer Kollegin. Florentine und Jasmin sind offene und quirlige Kinder. Unser jüngster Sohn hat aus seiner alten Spielzeugk­iste „Herbert“hervorgekr­amt, eine Handpuppe in Form eines Pferdes, die jetzt auch schon gute 30 Jahre auf dem Buckel hat. Obwohl „Herbert“ein „alter Gaul“ist, wie Jasmin meint, finden beide die Handpuppe fasziniere­nd. Er kann „sprechen“, „Gute-Nacht- und Guten-Morgenlied­er“singen und so laut schnarchen, dass es den Raderacher Wald erzittern lässt. Getoppt wird das Ereignis nur noch durch die Tatsache, dass Florentine von den anwesenden Erwachsene­n zur Grillmeist­erin ernannt wird. Hochkonzen­triert werden die Würstchen auf dem Feuer gedreht und gewendet und das Ganze nochmal in kurzer Abfolge von vorn. Fast hätten die Würstchen vor lauter Wendemanöv­er keine Zeit gehabt, braun zu werden. Schließlic­h verkündet die Grillmeist­erin mit lauter Stimme: „Meine Wurst ist schon fertig“! Sie nimmt mit der Grillzange das Objekt der Begierde und läuft damit zu den Tellern, die etwas abseits auf dem Tisch stehen. Unterwegs verliert sie ihre Wurst, die dann im Kies landet. Leichtes Entsetzen ist in ihrem Gesicht zu sehen. Vorsichtig nimmt sie die Wurst wieder auf und fragt mich mit großen Augen: „Kann man die noch essen?“Ich versichere ihr, dass das kein Problem sei. „Putz die Wurst etwas ab, das ist gar nicht schlimm“. Mit Skepsis im Blick hört sie sich meine Antwort an, um im Anschluss völlig selbstlos zu verkünden: „Soll ich dir mal was sagen? Die habe ich sowieso für dich gegrillt“.

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