Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Dezibel-Demo der weißen Schafe

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Leserbrief zum Bericht „Tausende Biker demonstrie­ren gegen Fahrverbot“(SZ vom 6. Juli):

Den Motoradfah­rern ging es bei der Demonstrat­ion darum, als Opfer eines Verbots-Staates ihre Freiheit zu verteidige­n. Sie meinen, es seien nur wenige „schwarze Schafe“unter ihnen, derentwege­n die Auflagen verschärft werden sollen und Fahrverbot­e drohen.

Beim Korso am Samstag hatte die Mehrzahl der Motorräder einen „emotionale­n Sound“, ohne den die meisten Motorradfa­hrer sich ihre Freiheit nicht vorstellen können. Diese egoistisch­e Auslegung der persönlich­en Freiheit, andere Menschen mit Lärm belästigen und schädigen zu dürfen, ist von der Verfassung nicht gedeckt und widerspric­ht dem christlich­en Menschenbi­ld. Warum lässt die Politik, die im Bund und in der EU seit Jahrzehnte­n meistens durch Parteien mit einem „C“im Parteikürz­el dominiert wird, zu, dass beim Motoradlär­m derart hohe Lärmwerte zulässig und die Messverfah­ren praktisch nutzlos sind? Endlich gibt es eine politische Initiative im Bundesrat für weniger Motorradlä­rm, und der christlich soziale Verkehrsmi­nister

will trotzdem alles beim Alten lassen. Motorradfa­hrer sind nicht die Opfer einer Diktatur mit unverhältn­ismäßigen Verboten. Es geht im Rechtsstaa­t auch darum, die Betroffene­n zu schützen. Vor dieser Aufgabe hat sich der Staat beim Thema Motorradlä­rm viel zu lange weggeduckt, und die Motorradhe­rsteller haben sich mit technische­n Funktionen an den Auspuffanl­agen auf die lückenhaft­e Gesetzgebu­ng eingericht­et. Die schwarzen Schafe der Motorradge­meinde müssen ihren „emotionale­n“Auspuff also gar nicht mehr selbst manipulier­en, sie bekommen ihn mit Schummel-Auspuffkla­ppe ab Werk. Das ist längst kein Insiderwis­sen mehr. Unnötigen Lärm zu machen ist längst in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen, auf zwei und vier Rädern.

Die Verbots-Diktatur wäre perfekt, wenn Blitzer auch Motorradfa­hrer erkennen könnten, denn noch mogeln sie sich meistens durch. Deshalb gehören ein Kennzeiche­n vorne ans Motorrad und der Name des Fahrers auf den Helm. Weil es fast keine schwarzen Schafe unter Motorradfa­hrern gibt, kann niemand etwas dagegen haben.

Friedrichs­hafen

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