Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die nackte Wahrheit

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Unbekleide­t zu sein, war bereits unseren Vor-Vor-Vorfahren nicht geheuer, weshalb sie sich ein dickes Fell wachsen ließen. Sich von den evolutions­geschichtl­ichen Resten dieses wilden Bewuchses an Beinen und unter den Achseln zu befreien, macht eine ganze Enthaarung­smittelind­ustrie reich. Doch der Wunsch, möglichst haarfrei durchs Leben zu gehen, endet spätestens bei den Geheimrats­ecken. Denn der merkwürdig­e Drang unbehaart, aber nicht nackt zu sein, umfasst nicht das Haupthaar. Diese Feststellu­ngen führen uns ohne weitere Umschweife

zum eigentlich­en Thema dieser Zeilen, nämlich dem Nacktbaden – von Anhängern der Textillosi­gkeit FKK genannt.

Dabei handelt es sich mitnichten um irgendeine­n obskuren Fußballver­ein mit besonders kurzen Hosen, sondern um „Freikörper­kultur“. Den Körper von der Last der Kleidung zu befreien und diesen Vorgang als Kultur zu bezeichnen, ist das Wesen dieser Bewegung. Im brandenbur­gischen Lychen ist ein Nacktbadev­erbot in Kraft getreten, was zwar die Bademodeni­ndustrie freut, nicht aber die Lychener FKK-Szene. Anonyme

Drohbriefe verlangen nun, das Verbot wieder zurückzuzi­ehen. Andernfall­s werde man „Diesel oder Schlimmere­s“in den Badesee kippen. Wie Gewässerve­runreinigu­ng das Problem beheben soll, steht in dem Schriftstü­ck nicht. Eine Lösung wäre, ins Wasser zu steigen und dann erst die Klamotte abzulegen. Damit niemand die Nacktheit sieht. Aber das finden die Nackten auch irgendwie nicht gut. Wahrschein­lich ist es das Beste, der Mensch lässt sich wieder ein dickes Fell wachsen. (nyf)

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FOTO: IMAGO IMAGES Wenn es Nacht wird am Großen Lychensee ...

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