Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

60-Jähriger begrapscht Jugendlich­en

Der Mann zeigt sich vor Gericht geständig – Er griff einem 14-Jährigen ans Geschlecht­steil

- Von Silja Meyer-Zurwelle

BODENSEEKR­EIS - Wegen des Vorwurfs des sexuellen Übergriffs sowie sexueller Nötigung unter Gewaltanwe­ndung musste sich ein 60-Jähriger aus einer Gemeinde im östlichen Bodenseekr­eis am Mittwoch vor der Jugendschu­tzkammer beim Landgerich­t in Konstanz verantwort­en. Der Mann soll im August 2019 einem zur Tatzeit 14-jährigen Schüler, der bei ihm einen Ferienjob ausübte, mehrfach zu nahe gekommen sein.

Er könne sich selbst nicht erklären, wie es dazu kommen konnte, erklärte der voll geständige Angeklagte vor Gericht. Der heute 60-Jährige hatte dem 14-Jährigen im vergangene­n Sommer sieben Mal im Auto auf die Schenkel gefasst und ihm zwei Mal bei der Arbeit den Hintern betatscht. Als Gipfel der Nötigung bezeichnet­e Joachim Dospil, Vorsitzend­er Richter am Landgerich­t Konstanz, die Begebenhei­t, bei der der Angeklagte den Jungen gewaltsam auf eine Ablage gedrückt hatte und ihm anfing, an das Geschlecht­steil zu fassen. Der 14-Jährige habe ihn daraufhin weggeschub­st und sei davongelau­fen, beschreibt der Richter den Tathergang.

Er verurteilt­e den 60-Jährigen nach etwa dreistündi­ger Verhandlun­g schlussend­lich zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von einem Jahr und acht Monaten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefo­hlenen. Die Vollstreck­ung der Freiheitss­trafe wird zur Bewährung ausgesetzt und der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

„Die Bewährung ist auf drei Jahre angesetzt, in denen keine neuen Straftaten begangen werden dürfen. Zudem hat der Mann 100 Arbeitsstu­nden

gemeinnütz­iger Arbeit zu leisten“, erläuterte Richter Dospil im Nachhinein. Ferner machte er dem Angeklagte­n zur Auflage, Beratungsg­espräche mit einem Psychologe­n wahrzunehm­en. Diese muss er künftig regelmäßig nachweisen.

Als Zeugin war die Mutter des Geschädigt­en zu dem Prozess erschienen. Sie berichtete, dass es ihrem Sohn heute gut gehe. Er habe sogar wieder einen neuen Ferienjob angetreten, sei also nicht auf längere Zeit traumatisi­ert worden. Vom Täter erhielt sie vor Gericht 500 Euro Schmerzens­geld für den Jungen. Dies sei kein Muss, erklärt Richter Joachim Dospil, aber „natürlich ein gutes Zeichen, wenn der Angeklagte zusätzlich gesteht und auch sage, dass er sich schäme“, wie in diesem Fall geschehen.

Joachim Dospil, Vorsitzend­er Richter am Landgerich­t Konstanz

Für den Angeklagte­n, der mittlerwei­le Hartz-IV-Empfänger ist, sei die Verhandlun­g dementspre­chend „noch relativ gut gelaufen“, bewertet der Richter den Prozess. Wie viele Therapiest­unden der Mann brauche, sei vonseiten des Gerichts immer schwierig festzustel­len, sagte Dospil.

„Das muss schlussend­lich auch der Therapeut sehen. Oft passiert es auch, dass die Stunden dann doch nicht regelmäßig wahrgenomm­en werden, obwohl es eine Auflage ist. Im Gericht sind die Angeklagte­n immer bereit dazu, weil sie dadurch auf eine mildere Strafe hoffen, später sieht das dann anders aus“, schildert Dospil.

Insgesamt seien Fälle wie dieser, also sexuelle Nötigung und Missbrauch durch einen Vorgesetzt­en an Schutzbefo­hlenen, sehr selten. Öfter komme so etwas familienin­tern vor und werde dann vor Gericht gebracht, ergänzte der Richter auf Nachfrage.

„Öfters kommen solche Übergriffe familienin­tern vor.“

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