Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine Sportnation plant den Neustart
Wann in den USA wieder gespielt wird und wieso der Fußball aktuell die Sportart Nummer 1 ist
ORLANDO (dpa) - Fußball die Nummer 1 in den USA? Das war noch vor wenigen Wochen undenkbar. Nun aber hat die MLS mit ihrem CoronaComeback-Turnier in Florida als erste der großen Profiligen im USSport die Rückkehr auf den Platz und damit auch ins Fernsehen geschafft. „Das hätten wahrscheinlich die wenigsten gedacht, dass Fußball als Erstes wieder gespielt wird“, sagte Kai Wagner der Deutschen PresseAgentur. Der aus Geislingen an der Steige stammende 23 Jahre alte Verteidiger hat sein erstes Gruppenspiel mit Philadelphia Union gegen den FC New York City am Donnerstag 1:0 gewonnen und hofft auf einen Sieg in dem Wettbewerb im WMFormat.
Dafür muss der Club von der US-Ostküste beim Finale am 11. August noch dabei sein – und hat zu dieser Zeit Konkurrenz von nahezu allen wichtigen US-Sportarten. Noch aber ist der Fußball den anderen voraus. Ein Überblick über den Stand der Pläne.
MLS (Fußball): Seit dem 7. Juli spielen die Teams der Major League Soccer in Florida um den Titel beim „MLS is Back“-Turnier. Von den ursprünglich eingeplanten 26 Mannschaften sind noch 24 übrig – der FC Dallas und das Team des Nashville SC dürfen nach zu vielen CoronaFällen nicht mehr teilnehmen. Die Gruppen sind deswegen schon etwas angepasst worden – nicht unbedeutend, da die Bilanz aus dieser Turnierphase auch für die nach nur zwei Spieltagen unterbrochene Saison zählt, die nach dem Finale (11. August) fortgesetzt werden soll. Die Teams wohnen, trainieren und spielen alle auf dem Gelände der ESPN Wide World of Sports in Disney World in Florida.
NBA (Basketball): Dort, in Disney World, befinden sich seit dieser Woche auch die Basketball-Profis aus der NBA. Die Liga bringt alle jene Teams nach Florida, die beim Abbruch der Saison im März bereits für die Play-offs qualifiziert waren oder diese Tabellenregion binnen sechs Spielen noch hätten erreichen können. Das führt zu 22 Mannschaften in Orlando, die zunächst die endgültigen Teilnehmer der Play-offs und die Reihenfolge der Setzliste ausspielen. Doch auch bei diesen sind nicht alle Spieler an Bord. Wie die „Washington Post“am Donnerstag berichtete, müssen die Washington Wizards beim Turnier in Orlando auf Gary Payton II und Thomas Byrant verzichten, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Los geht es mit einem echten Kracher: Die Los Angeles Clippers treffen am 30. Juli auf die Los Angeles Lakers. Beide Mannschaften zählten zumindest bis zur Corona-Pause zu den Topfavoriten auf den NBA-Titel. Sich besuchen und Partien der anderen Sportart verfolgen dürfen Basketballer und Fußballer übrigens nicht.
NHL (Eishockey): Am gleichen Wochenende wie die NBA will auch die nordamerikanische Eishockeyliga NHL ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen – direkt in einem erweiterten Play-off-Format mit 22 Mannschaften. In der ersten Runde reichen drei Siege fürs Weiterkommen, ab der Runde der besten 16 Teams sollen wie üblich vier Siege in einer Serie für ein Weiterkommen und am Ende auch für den Stanley Cup notwendig sein. Die NHL verteilt die
Mannschaften zunächst auf zwei Spielorte. Eine Entscheidung ist offiziell noch nicht gefallen, viel deutet auf die kanadischen Städte Edmonton (Eastern Conference) und Toronto (Western Conference) hin. Für NHL-Topscorer Leon Draisaitl und seine Edmonton Oilers, die in der Western Conference spielen, gäbe es also keinen Heimvorteil. Zuschauer sind an beiden Spielorten aber ohnehin nicht erlaubt.
MLB (Baseball): Im März, als Corona die USA gerade erst so richtig erreicht hatte und keiner wusste, wie und ob es weitergeht, da machte die MLB zunächst eine gute Figur. Es gab konkrete Pläne und ein Saisonstart am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag des Landes, war das Ziel. Nach wochenlangem öffentlichen Streit zwischen Spielergewerkschaft und Liga ist Major League Baseball aber einer der größten Corona-Verlierer – denn herausgekommen ist eine 60-Spiele-Saison, die sowohl Teams wie auch Spieler schlechter stellt als die meisten der Vorschläge, die irgendwann mal auf dem Tisch lagen. Am 23. Juli geht es los, die
Mannschaften spielen ohne Zuschauer in ihren Stadien.
NFL (American Football): Die NFL-Saison soll im September beginnen, ganz regulär. Sorgenfrei ist die Liga deswegen aber nicht. Denn die Umstände sind angesichts der rapide steigenden Infektionszahlen in den USA völlig unklar. Dass Teams durchs ganze Land reisen und sich niemand ansteckt, darf bezweifelt werden. Zudem ist Football ein Vollkontaktsport und die Footballkader deutlich größer als etwa eine Mannschaft im Basketball. Die üblichen 90 Spieler in den Trainingslagern (deren Termine noch unklar sind) werden es zwar wohl nicht werden, wohl aber 75 oder 80 Profis.
Dass die NFL das Trikottauschen in der kommenden Saison verbieten will, wirkt in diesem Zusammenhang inkonsequent und sorgte auch prompt für Kritik einiger Spieler. „Warum lassen sie uns überhaupt spielen“, fragte Deshaun Watson von den Houston Texans. Verhandelt wird derzeit zwischen der Spielergewerkschaft und der Liga über Ablauf und Zahl der Corona-Tests.