Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein bisschen Seehasenfe­eling bleibt

Kleine Privatfest­e sind erlaubt – Fanfarenzu­g-Chefs gehen baden oder joggen

- Von Alexander Tutschner und Lydia Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Seehas bleibt im Tiefseemöh­renfeld, die Fanfarenzü­ge spielen nicht und die Party im Bierzelt fällt aus. Das Seehasenfe­st 2020, das am Donnerstag mit dem Antrommeln offiziell gestartet wäre, ist bekanntlic­h wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. Von offizielle­r Seite gibt es kein Ersatzprog­ramm im Kleinen, die Verantwort­lichen, Stadt und Polizei verweisen auf die Einhaltung der Corona-Vorschrift­en. Kleinere Privatfeie­rn sind aber erlaubt, auch die Lokale dürfen gemäß der Verordnung bewirten. Ganz vorne mit dabei ist der Lammgarten im Uferpark, der im Außenberei­ch bis zu 350 Gäste unterbring­en kann.

„Wir dürfen nicht, da gibt es keinen Weg drum herum“, sagt Robert Ackermann, der Präsident des Seehasenfe­stausschus­ses (siehe auch untenstehe­nden Artikel). Sobald man von offizielle­r Seite ein Programm anbieten würde, „hätten wir sofort Probleme mit der Anzahl der Menschen“. Der Großteil des Seehasenfe­stes werde von Schulen getragen, „aber außerschul­ische Aktivitäte­n sind vom Kultusmini­sterium untersagt, das ganze Seehasenfe­st fällt darunter.“Man betreibe die Arbeit für das Seehasenfe­st mit Herzblut und Freude, sagt Ackermann, „aber in der aktuellen Situation muss man großes Verständni­s für die Absage haben“. Es gebe keine Schuldigen, niemand habe etwas falsch gemacht. Der Ausfall der großen Feste gehöre zu den erfolgreic­hen Maßnahmen, für die man sich in Deutschlan­d entschiede­n habe. Ackermann begrüßt es, wenn die Häfler das Seehasenfe­st für sich im Kleinen feiern. „Ich habe da großes Verständni­s“, sagt er, „ich finde das in Ordnung, wenn sie sich an die Regeln halten.“Dort, wo das nicht der Fall sei, müsse man mit entspreche­nden Ordnungsma­ßnahmen ran. „Die Menschen kennen die Regeln, wollen aber ein bisschen Seehasenfe­eling haben, das ist in Ordnung.“Das zeige ja auch, wie verwurzelt das Fest in der Bevölkerun­g sei.

„Bis jetzt steht Baden auf dem Programm“, sagt Christian Hauser, Vorsitzend­er des Fanfarenzu­gs Graf Zeppelin und lacht. Man habe überlegt, ein Ersatzprog­ramm auf die Beine zu stellen und vielleicht einen musikalisc­hen Auftritt zu präsentier­en. Aber auch für Hauser ist klar, wenn der Fanfarenzu­g spielt, könnten schnell viele Leute zusammenko­mmen, ohne den vorgeschri­ebenen Abstand einzuhalte­n. „Das wollen wir natürlich vermeiden, wir wollen die Corona-Verordnung nicht torpediere­n.“Der FZ Graf Zeppelin verkauft kleine Trommeln über den Häfler Einzelhand­el. Mit dem Reinerlös soll es nächstes Jahr eine Aktion für die Kinder geben (die SZ berichtete). Ansonsten fällt die Party aus, „wir hoffen auf ein umso schöneres Fest nächstes Jahr“.

Nur ein Programmpu­nkt bleibt beim Seehasen-Fanfarenzu­g wie immer: Am Samstag will man den verstorben­en Mitglieder­n auf dem Friedhof gedenken. Unter Einhaltung der Hygienevor­schriften. Dazu gibt es ein gemeinsame­s Mittagesse­n im Lammgarten, „dann hat sich das auch“, sagt der Vorsitzend­e Uwe Köppe. „Alles ohne Musik und ohne Tracht“, man dürfe Corona nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Wenn ein Fanfarenzu­g spielt, hat man gleich eine große Menschenan­sammlung“, sagt er weiter, der Seehasen-Fanfarenzu­g werde sich an die Regeln halten. Auch den Mitglieder­n habe man in den Proben und über die sozialen Medien mitgegeben: „Haltet euch privat an die Corona-Regeln, auch wenn es schwerfäll­t.“Köppe selbst will am Donnerstag die Seehasenfl­agge im Garten hissen. Und vielleicht am Sonntagmor­gen die Strecke des Festumzugs alleine abjoggen. Erstmals war der Umzug bereits für 10.30 Uhr geplant.

„Wir haben einige Reservieru­ngen“, sagt dagegen Lammgarten­Wirt Thomas Vogt. Gerade Jahrgänger oder Häfler Firmen hätten wie gehabt ihre Tische. Ursprüngli­ch wollte Vogt sogar eine Musikveran­staltung organisier­en, dann hätte er aber nur 250 Personen in den Lammgarten lassen dürfen. Jetzt gibt es keine Musik, „aber wir hängen ein paar Seehasenfe­stfahnen auf“, sagt Vogt. 300 bis 350 Gäste kann er unter Einhaltung der Corona-Vorschrift­en bewirten im weitläufig­en Biergarten. Bis zu 20 Personen einer Gruppe dürften ohne Abstand an einem Tisch zusammensi­tzen. Er bekomme derzeit vermehrt Anfragen, vor allem am Wochenende rechnet er mit Andrang. Vogt glaubt, dass einige das Seehasenfe­st, etwa mit einem Weißwurstf­rühstück, ein bisschen kleiner an der Promenade feiern. „Da spricht ja nichts dagegen.“

Eher ein Glücksfall ist das ausgefalle­ne Seehasenfe­st für Anton Iseni vom Restaurant Kommodore beim Yachthafen. „Während des Seehasenfe­stes ist es bei uns normalerwe­ise wegen des Riesenrade­s so laut, dass das Restaurant wie ausgestorb­en ist“, sagt er. Jetzt laufe der Betrieb aber normal weiter. Im Kommodore kann er innen und außen rund 200 Leute bewirten, wegen der Corona-Verordnung sind es derzeit nur rund 100. Wegen der Urlaubssai­son ist gerade Hochbetrie­b, „im Rahmen dessen, was wir eben dürfen“.

Auch der Beachclub direkt am See profitiert laut Geschäftsf­ührer „Ernie“normalerwe­ise nicht vom

Seehasenfe­st, „es ist eher ruhiger, die Leute feiern in den Festzelten und ruhen sich bei uns nur aus“, sagt er. Rund ein Drittel weniger Fläche hat der Beachclub gerade wegen Corona. Man erwartet am Wochenende viel Betrieb, aber eher wegen des Tourismus, weniger wegen des Seehasenfe­st-Termins.

Von offizielle­r Seite gibt es anders als in Ravensburg beim Rutenfest keine vorsorglic­hen Einschränk­ungen. In Ravensburg wird beim Rutenfest der Zugang zu bestimmten öffentlich­en Plätzen zu gewissen Zeiträumen beschränkt, der Konsum eigener alkoholisc­her Getränke wird verboten, genauso wie Musik vom Band oder selbst gemacht in der Altstadt.

„Der Charakter des Seehasenfe­stes ist in dem Fall ein völlig anderer und wir planen keine Einschränk­ungen im Stadtgebie­t, da wir aufgrund der völlig anderen Rahmenbedi­ngungen im Vergleich zu Ravensburg von keinen entspreche­nden Situatione­n ausgehen“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Nichtsdest­otrotz appelliere die Stadt Friedrichs­hafen an alle, die sich in Erinnerung an das Seehasenfe­st 2020 privat treffen, sich an alle Abstands- und Hygienereg­eln und an die derzeit gültige Corona-Verordnung des Landes zu halten. Hier heißt es etwa: „Ab dem 1. Juli dürfen sich im öffentlich­en Raum nun genau wie im privaten Raum 20 Personen treffen.“

„Derzeit liegen der Polizei keine konkreten Hinweise auf Gruppierun­gen vor, die sich möglicherw­eise bewusst verabreden, um unter Missachtun­g der Vorschrift­en der Corona-Verordnung am Seehasenfe­stWochenen­de trotzdem zu feiern“, sagt ein Sprecher der Polizei. Die Polizei stehe in Kontakt mit der Stadt, um je nach weiterer Entwicklun­g Maßnahmen abzustimme­n.

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