Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein bisschen Seehasenfeeling bleibt
Kleine Privatfeste sind erlaubt – Fanfarenzug-Chefs gehen baden oder joggen
FRIEDRICHSHAFEN - Der Seehas bleibt im Tiefseemöhrenfeld, die Fanfarenzüge spielen nicht und die Party im Bierzelt fällt aus. Das Seehasenfest 2020, das am Donnerstag mit dem Antrommeln offiziell gestartet wäre, ist bekanntlich wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. Von offizieller Seite gibt es kein Ersatzprogramm im Kleinen, die Verantwortlichen, Stadt und Polizei verweisen auf die Einhaltung der Corona-Vorschriften. Kleinere Privatfeiern sind aber erlaubt, auch die Lokale dürfen gemäß der Verordnung bewirten. Ganz vorne mit dabei ist der Lammgarten im Uferpark, der im Außenbereich bis zu 350 Gäste unterbringen kann.
„Wir dürfen nicht, da gibt es keinen Weg drum herum“, sagt Robert Ackermann, der Präsident des Seehasenfestausschusses (siehe auch untenstehenden Artikel). Sobald man von offizieller Seite ein Programm anbieten würde, „hätten wir sofort Probleme mit der Anzahl der Menschen“. Der Großteil des Seehasenfestes werde von Schulen getragen, „aber außerschulische Aktivitäten sind vom Kultusministerium untersagt, das ganze Seehasenfest fällt darunter.“Man betreibe die Arbeit für das Seehasenfest mit Herzblut und Freude, sagt Ackermann, „aber in der aktuellen Situation muss man großes Verständnis für die Absage haben“. Es gebe keine Schuldigen, niemand habe etwas falsch gemacht. Der Ausfall der großen Feste gehöre zu den erfolgreichen Maßnahmen, für die man sich in Deutschland entschieden habe. Ackermann begrüßt es, wenn die Häfler das Seehasenfest für sich im Kleinen feiern. „Ich habe da großes Verständnis“, sagt er, „ich finde das in Ordnung, wenn sie sich an die Regeln halten.“Dort, wo das nicht der Fall sei, müsse man mit entsprechenden Ordnungsmaßnahmen ran. „Die Menschen kennen die Regeln, wollen aber ein bisschen Seehasenfeeling haben, das ist in Ordnung.“Das zeige ja auch, wie verwurzelt das Fest in der Bevölkerung sei.
„Bis jetzt steht Baden auf dem Programm“, sagt Christian Hauser, Vorsitzender des Fanfarenzugs Graf Zeppelin und lacht. Man habe überlegt, ein Ersatzprogramm auf die Beine zu stellen und vielleicht einen musikalischen Auftritt zu präsentieren. Aber auch für Hauser ist klar, wenn der Fanfarenzug spielt, könnten schnell viele Leute zusammenkommen, ohne den vorgeschriebenen Abstand einzuhalten. „Das wollen wir natürlich vermeiden, wir wollen die Corona-Verordnung nicht torpedieren.“Der FZ Graf Zeppelin verkauft kleine Trommeln über den Häfler Einzelhandel. Mit dem Reinerlös soll es nächstes Jahr eine Aktion für die Kinder geben (die SZ berichtete). Ansonsten fällt die Party aus, „wir hoffen auf ein umso schöneres Fest nächstes Jahr“.
Nur ein Programmpunkt bleibt beim Seehasen-Fanfarenzug wie immer: Am Samstag will man den verstorbenen Mitgliedern auf dem Friedhof gedenken. Unter Einhaltung der Hygienevorschriften. Dazu gibt es ein gemeinsames Mittagessen im Lammgarten, „dann hat sich das auch“, sagt der Vorsitzende Uwe Köppe. „Alles ohne Musik und ohne Tracht“, man dürfe Corona nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Wenn ein Fanfarenzug spielt, hat man gleich eine große Menschenansammlung“, sagt er weiter, der Seehasen-Fanfarenzug werde sich an die Regeln halten. Auch den Mitgliedern habe man in den Proben und über die sozialen Medien mitgegeben: „Haltet euch privat an die Corona-Regeln, auch wenn es schwerfällt.“Köppe selbst will am Donnerstag die Seehasenflagge im Garten hissen. Und vielleicht am Sonntagmorgen die Strecke des Festumzugs alleine abjoggen. Erstmals war der Umzug bereits für 10.30 Uhr geplant.
„Wir haben einige Reservierungen“, sagt dagegen LammgartenWirt Thomas Vogt. Gerade Jahrgänger oder Häfler Firmen hätten wie gehabt ihre Tische. Ursprünglich wollte Vogt sogar eine Musikveranstaltung organisieren, dann hätte er aber nur 250 Personen in den Lammgarten lassen dürfen. Jetzt gibt es keine Musik, „aber wir hängen ein paar Seehasenfestfahnen auf“, sagt Vogt. 300 bis 350 Gäste kann er unter Einhaltung der Corona-Vorschriften bewirten im weitläufigen Biergarten. Bis zu 20 Personen einer Gruppe dürften ohne Abstand an einem Tisch zusammensitzen. Er bekomme derzeit vermehrt Anfragen, vor allem am Wochenende rechnet er mit Andrang. Vogt glaubt, dass einige das Seehasenfest, etwa mit einem Weißwurstfrühstück, ein bisschen kleiner an der Promenade feiern. „Da spricht ja nichts dagegen.“
Eher ein Glücksfall ist das ausgefallene Seehasenfest für Anton Iseni vom Restaurant Kommodore beim Yachthafen. „Während des Seehasenfestes ist es bei uns normalerweise wegen des Riesenrades so laut, dass das Restaurant wie ausgestorben ist“, sagt er. Jetzt laufe der Betrieb aber normal weiter. Im Kommodore kann er innen und außen rund 200 Leute bewirten, wegen der Corona-Verordnung sind es derzeit nur rund 100. Wegen der Urlaubssaison ist gerade Hochbetrieb, „im Rahmen dessen, was wir eben dürfen“.
Auch der Beachclub direkt am See profitiert laut Geschäftsführer „Ernie“normalerweise nicht vom
Seehasenfest, „es ist eher ruhiger, die Leute feiern in den Festzelten und ruhen sich bei uns nur aus“, sagt er. Rund ein Drittel weniger Fläche hat der Beachclub gerade wegen Corona. Man erwartet am Wochenende viel Betrieb, aber eher wegen des Tourismus, weniger wegen des Seehasenfest-Termins.
Von offizieller Seite gibt es anders als in Ravensburg beim Rutenfest keine vorsorglichen Einschränkungen. In Ravensburg wird beim Rutenfest der Zugang zu bestimmten öffentlichen Plätzen zu gewissen Zeiträumen beschränkt, der Konsum eigener alkoholischer Getränke wird verboten, genauso wie Musik vom Band oder selbst gemacht in der Altstadt.
„Der Charakter des Seehasenfestes ist in dem Fall ein völlig anderer und wir planen keine Einschränkungen im Stadtgebiet, da wir aufgrund der völlig anderen Rahmenbedingungen im Vergleich zu Ravensburg von keinen entsprechenden Situationen ausgehen“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Nichtsdestotrotz appelliere die Stadt Friedrichshafen an alle, die sich in Erinnerung an das Seehasenfest 2020 privat treffen, sich an alle Abstands- und Hygieneregeln und an die derzeit gültige Corona-Verordnung des Landes zu halten. Hier heißt es etwa: „Ab dem 1. Juli dürfen sich im öffentlichen Raum nun genau wie im privaten Raum 20 Personen treffen.“
„Derzeit liegen der Polizei keine konkreten Hinweise auf Gruppierungen vor, die sich möglicherweise bewusst verabreden, um unter Missachtung der Vorschriften der Corona-Verordnung am SeehasenfestWochenende trotzdem zu feiern“, sagt ein Sprecher der Polizei. Die Polizei stehe in Kontakt mit der Stadt, um je nach weiterer Entwicklung Maßnahmen abzustimmen.