Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Schleichweg“statt verkehrsberuhigt
Anwohner aus Schubertstraße startet Unterschriftenaktion gegen Durchgangsverkehr
FRIEDRICHSHAFEN - In einem verkehrsberuhigten Bereich zu wohnen, ist eine prima Sache. Das hat sich Max Wilke gedacht, als er vor etwa drei Jahren zusammen mit seiner Frau im Häfler Osten in die Schubertstraße gezogen ist. Mittlerweile ist die Familie größer geworden – der kleine Sohn ist 20 Monate alt, ein zweites Kind ist im Anmarsch. Mit Blick auf den rollenden Durchgangsverkehr direkt vor dem eigenen Haus ist man aber von der Realität eingeholt worden. Kontakte, Vororttermine und verständnisvolle Reaktionen seitens der Stadt habe es zwar gegeben, passiert sei aber wenig, beklagt der Familienvater. Deshalb hat er jetzt eine Unterschriftenaktion gestartet, um die Dringlichkeit seiner Anliegen zu unterstreichen und seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Bisher sind gut 50 Unterschriften auf der Erwachsenenliste und 16 Eintragungen auf einer eigenen Liste für Kinder und Jugendliche zusammengekommen.
„Der Durchgangsverkehr in der Schubertstraße ist für einen verkehrsberuhigten Bereich zu hoch“, sagt der 40-Jährige. „Nicht nur, aber vor allem zu den Stoßzeiten, ist ein freies Spielen für Kinder auf der Straße kaum bis gar nicht möglich.“Da auch die zulässige Schrittgeschwindigkeit von einem Großteil der Fahrzeugführer teilweise um ein Vielfaches überschritten werde, entstünden täglich viele sehr gefährliche Situationen. Davon seien nicht nur Kinder, sondern auch erwachsene Fußgänger und Radfahrer betroffen.
„Viele Autofahrer wollen sich die Ampel in der Eberhardstraße sparen und benutzen die Schubertstraße oder auch die Konradin- und die Gallusstraße als Abkürzung auf ihrem Weg zum Berufsschulzentrum, zur Schreieneschschule oder zum Kindergarten“, betont Wilke und berichtet von erschreckenden „skurrilen“Erlebnissen.
So sei zum Beispiel schon mal der Ball seines Sohnes von einem zu schnell vorbeifahrenden Auto überfahren worden – ohne dass der Autolenker auch nur angehalten hätte. „Andere Autofahrer fahren zwar langsam, haben aber ihren Blick nach unten gerichtet und checken während der Fahrt ihr Smartphone“, sagt er betroffen. „Viele Leute wissen offenbar gar nicht, was es mit einem verkehrsberuhigten Bereich auf sich hat“, so seine Erfahrung. Er habe schon viele Autofahrer angesprochen und sei meist auf Reaktionen wie „Sorry, ich hab’s eilig“, „Hier ist doch Zone 30“oder gar „Ist mir doch egal“gestoßen, sagt der Anwohner.
Bereits im November 2018 habe er über das Portal „Sag‘s doch“Kontakt zur Stadt aufgenommen, berichtet Wilke. Es habe Gespräche gegeben, auch Geschwindigkeitskontrollen, für eine kurze Zeit sei auch ein geschwindigkeitsanzeigender „Smiley“angebracht worden. Leider habe aber keine dieser Maßnahmen die Verkehrsbelastung und die Geschwindigkeitsüberschreitungen reduziert.
Verschiedene Vorschläge seinerseits wie etwa eine Einbahnstraßenregelung oder die Schließung der Zufahrt aus der Hans-Böckler-Straße seien als „nicht machbar“abgelehnt worden. „Eigene Vorschläge kamen bisher leider keine von der Stadt“, beklagt Max Wilke.
Der Bereich südlich des Bahnübergangs in der Paulinenstraße zwischen Schubert-, Konradin-, Kolping-, Ketteler-, Gallus- und Dr.Sproll-Straße ist seit vielen Jahren als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen. Dort darf auch nur in Schrittgeschwindigkeit gefahren werden. Außerdem ist das Parken nur in markierten beziehungsweise gekennzeichneten Flächen – ausgenommen zum Be- und Entladen – zulässig.
Insbesondere von Anwohnern der Schubertstraße seien in der Vergangenheit mehrfach Beschwerden bezüglich des Verkehrsaufkommens durch unberechtigten „Schleichverkehr“, zu hoher Geschwindigkeiten und damit verbundenem Lärm sowie Gefährdungen der Anwohner dieser Straße eingegangen, wie von Stadtsprecherin Andrea Kreuzer bestätigt wird. Nach gründlicher Prüfung sei man zur Überzeugung gelangt, dass nur eine sporadische Überwachung der Geschwindigkeiten eine Veränderung im Fahrverhalten und damit auch eine Verbesserung für die Bewohner der Schubertstraße bewirken könne.
„Eine Einbahnstraßenregelung kann aufgrund der dafür notwendigen Voraussetzungen nicht umgesetzt werden“, sagt Andrea Kreuzer. Auch eine Beschilderung „Anlieger frei“könne nur im Zusammenhang mit einem Verbot für eine Nutzergruppe beschildert werden. Dafür gebe es aber keine rechtliche Grundlage.
Als Reaktion auf die Anwohnerbeschwerden habe man zahlreiche mögliche Anpassungen und Verbesserungen vorgenommen. Es seien Schilder versetzt und Bodenmarkierungen angebracht worden, man habe regelmäßig kontrolliert und Verkehrssmileys installiert. „Weitere Anpassungen sind nicht mehr möglich“, so die Stadt in ihrer Stellungnahme