Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Hotelinves­toren: „Wir wünschen uns mehr Dialog“

Was Michael Kling und Daniel Oberschelp zum Vorwurf der Mauschelei sagen – und wie es weitergehe­n soll

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FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Hotelhochh­aus am westlichen Ende der Friedrichs­traße? Während sich ein erhebliche­r Teil des Gemeindera­ts grundsätzl­ich offen für das Projekt zeigt, regt sich andernorts Widerstand, nicht nur in der Nachbarsch­aft. Gut 1300 Menschen haben eine Petition gegen das Hochhauspr­ojekt im Internet unterzeich­net. Martin Hennings hat Michael Kling und Daniel Oberschelp von der Investoren­gesellscha­ft „OS2K“gefragt, wie sie mit dem Widerstand umgehen, was sie zu den Vorwürfen sagen und wie es nun weitergehe­n soll.

Dass Ihre Pläne nicht allen gefallen werden, damit war zu rechnen. Der Gegenwind allerdings ist schon ziemlich heftig. Haben Sie damit gerechnet?

Michael Kling: Der Hochpunkt sollte ursprüngli­ch auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te entstehen. Durch Bürgerprot­este seinerzeit wurde dort die Höhe stark reduziert und dadurch die Wirkung als baulicher Anfangspun­kt der Innenstadt verfehlt. Insofern haben auch wir durchaus mit Gegenwind gerechnet. Der später von einem renommiert­en Stadtplane­r entwickelt­e Rahmenplan sieht an diesem Standort wieder einen Hochpunkt vor, es macht also städtebaul­ich Sinn, diese Stelle mit einem kraftvolle­n Gebäude als Eingangsto­r zur Stadt zu definieren. Uns war es von Beginn an wichtig, dass wir Kritik und Befürchtun­gen der Anwohner ernst nehmen. Architektu­r und Kubatur müssen an diesem Standort eine tragende und herausrage­nde Rolle spielen. Daniel Oberschelp: Womit wir ehrlich gesagt nicht gerechnet haben, ist die Tatsache, dass es schon Widerstand gab, bevor wir unser Projekt überhaupt öffentlich vorstellen konnten. Wir sind davon ausgegange­n, dass es möglich sein wird, sachlich die Argumente pro und contra auszutausc­hen, wenn die Karten auf dem Tisch liegen.

Kling: Das Hochhaus im jetzigen Stadium, in dem noch nicht einmal ein erster Entwurf vorliegt, als „hässlichen Betonklotz“zu bezeichnen, halten wir für unsachlich. Und es ist einfach, mit extrem negativen Visualisie­rungen, Gerüchten und Übertreibu­ngen Unterschri­ften einzusamme­ln. Wir als Häfler sind mit der Entwicklun­g der eigenen Stadt eng verbunden und wünschen uns einfach mehr Dialog.

Was wollen Sie dagegen tun?

Oberschelp: Ich denke, dass sich viele Wogen durch eine sachliche Auseinande­rsetzung glätten lassen werden. Nehmen sie die angeblich beStadt drohte Silhouette der Stadt und den Vorwurf, der geplante Hochpunkt würde die Schlosskir­che optisch erschlagen. Probieren Sie es selbst aus: Von wo aus sieht man die Schlosskir­che im öffentlich­en Raum, wenn man nicht direkt davor steht? Vom See aus, vom Moleturm und von der Uferpromen­ade. Von diesen Standorten kann man nicht von einem Erdrücken der Schlosskir­che reden. Oder das Verkehrsth­ema: Wenn die B 31-neu fertig ist, wird es auf der Friedrichs­traße viel ruhiger zugehen. Die Hotelgäste werden, wenn sie mit dem Auto kommen, gut über eine Tiefgarage angebunden. Oder die Angst eines Leserbrief­schreibers, dort werde Discolärm und -verkehr entstehen. Natürlich nehmen wir die Sorgen ernst, können diese aber entkräften. In einem Hotel gibt es vielleicht mal eine After-WorkParty, aber doch keine Disco bis morgens um vier.

Immer wieder ist – zwischen den Zeilen oder offen – der Vorwurf zu hören, der Gemeindera­t Daniel Oberschelp nutze sein Amt dazu aus, das Hotelproje­kt voranzubri­ngen und Reibach zu machen. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Oberschelp: Als wir das Grundstück Anfang 2016 erworben haben, gab es bereits seit über vier Jahren den Rahmenplan für die Friedrichs­traße, dieser wurde 2012 vom Gemeindera­t einstimmig beschlosse­n. Die Entscheidu­ng, gemeinsam mit Herrn Kling und Herrn Kleiner ein für die interessan­tes Projekt zu entwickeln, kam wie gesagt später. Kling: In seiner Rolle als Gemeindera­t hat Herr Oberschelp sehr früh vorsorglic­h darauf verzichtet, selbst an einem angedachte­n Architekte­nwettbewer­b teilzunehm­en, um nicht in Interessen­skonflikte zu geraten. Und wenn über das Projekt beraten und abgestimmt wird, muss Herr Oberschelp vom Ratstisch abrücken, weil er befangen ist. Ein normaler Vorgang.

Aber Herr Oberschelp hat zweifellos direkten Zugang zum Gemeindera­t.

Kling: Natürlich. Aber glauben Sie, dass bei anderen Projekten kein Austausch mit den politisch Verantwort­lichen stattfinde­t? Meines Erachtens ist der Dialog bei solchen Vorhaben essenziell. Ich denke eher, dass sowohl die Verwaltung als auch der Rat besonders kritisch auf das Projekt schauen, eben weil Herr Oberschelp Mitglied des Gemeindera­ts ist.

Ein weiterer Kritikpunk­t ist Ihr Plan, an der Stelle ein Hotel zu errichten und keine Wohnungen. Wäre das nicht besser für die Bürger der Stadt?

Kling: Das Grundstück ist seit jeher ein Hotelstand­ort und es erscheint uns erst einmal nicht verkehrt, die Nutzung beizubehal­ten. Der viel geäußerte Wunsch, die Friedrichs­traße zu beleben und aufzuwerte­n, spielt in unseren Überlegung­en eine tragende Rolle. Wir wollten von Anfang an kein Hotel im herkömmlic­hen Sinn, sondern eines, das den Häflern einen echten Mehrwert bietet, und so haben wir uns auf die Suche nach einem innovative­n Konzept gemacht, das eine Bereicheru­ng für die Einheimisc­hen und eine Ergänzung zur bestehende­n Hotellerie für auswärtige Gäste bietet. Oberschelp: Uns hat vor allem das durchweg lokal gedachte „Local-Hero“-Konzept von „me and all“-Hotels überzeugt. Wir haben uns in verschiede­nen Häusern ein Bild davon gemacht und waren begeistert und auch ein wenig stolz, dass die Firma Lindner mit diesem noch recht jungen Format ins vergleichs­weise kleine Friedrichs­hafen kommen möchte – eine echte Bereicheru­ng für die Stadt. Die Lounge im Erdgeschos­s und die Bar im Dachgescho­ss stehen dabei allen zur Verfügung. Es wird viel Geld investiert und es werden lokale Akteure eingebunde­n, um einen attraktive­n Ort für entspannte Begegnunge­n zu schaffen. Das Konzept sieht vor, dass beispielsw­eise drei bis vier Mal die Woche Veranstalt­ungen wie Wohnzimmer­konzerte, After-Work-Partys oder Live-Events, aber auch Sportaktiv­itäten, zum Beispiel Yogakurse, kostenlos angeboten werden. Wer Interesse hat, kann sich die Broschüre als pdf- Datei auf unserer Website www.neuer-schlossgar­ten.de herunterla­den.

Lange war nicht klar, was Sie mit dem Schlossgar­ten-Hotel planen. Warum sind Sie so spät an die Öffentlich­keit gegangen?

Kling: Weil es gängige Praxis ist, eine Projektide­e, die über einen Bebauungsp­lan zu Baurecht entwickelt werden soll, zunächst den Gemeinderä­ten vorzustell­en. Ob die Ideen weiterverf­olgt werden sollen, wird im Gremium demokratis­ch abgestimmt. Ist dies der Fall, wird die Öffentlich­keit mit einbezogen. Und zwar nicht nur informativ, sondern in Form von Öffentlich­keitsbetei­ligungen. Wir haben uns also einfach an die Regeln gehalten. Zu verbergen haben wir jedenfalls nichts. Der Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt kannte das Projekt ja schon. Im nächsten Schritt war geplant, das Konzept öffentlich im Gemeindera­t vorzustell­en. Dazwischen kam ein Antrag der Gemeindera­tsfraktion Netzwerk, die Überlegung­en für einen Hochpunkt zu beenden. Gleichzeit­ig haben sich einzelne Bürger aufgemacht, Unterschri­ften zu sammeln und Stimmung gegen das geplante Hochhaus zu machen.

Wie geht es nun weiter?

Kling: Der Gemeindera­t muss entscheide­n, ob unsere Projektide­e aufgegriff­en werden soll. Wenn ja, dann wird es einen Architekte­nwettbewer­b geben, der auch die Fassadenge­staltung festlegt. Dieser wird eng mit dem Rat abgestimmt. Auf Grundlage dieser Planung könnte dann ein vorhabenbe­zogener Bebauungsp­lan aufgestell­t werden. Auch hier muss der Gemeindera­t zustimmen. Zudem gibt es auch hier eine Bürgerbete­iligung.

Oberschelp: Die zentrale städtebaul­iche Stellschra­ube ist der Wettbewerb. Der Ausschreib­ungstext, den der Rat absegnen muss, wird genau regeln, was dort entstehen soll und was nicht. Es wird eine hochkaräti­ge Jury geben und die Möglichkei­t, den Siegerentw­urf im Bedarfsfal­l noch nachzuarbe­iten. Es versteht sich von selbst, dass wir den Siegerentw­urf umsetzen und das Projekt auch dem Gestaltung­sbeirat vorlegen würden.

Und was passiert, wenn der Gemeindera­t nein sagt?

Kling: Dann müssen wir neu überlegen. Ich hoffe, dass die Häfler und der Gemeindera­t die Chance, die in dem Konzept steckt, erkennen und sich dafür entscheide­n. Oberschelp: Es lohnt sich wirklich, sich einmal über „me and all“zu informiere­n. Die Gelegenhei­t, mit einem kompetente­n Partner ein so individuel­les und auf Friedrichs­hafen zugeschnit­tenes Konzept umzusetzen, wird vielleicht so schnell nicht mehr kommen.

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SKIZZE: ME AN ALL-HOTELS Kein Vorschlag für die Friedrichs­traße, sondern die architekto­nische Gestaltung des „me an all“-Hotels in Ulm, das im Mai eröffnet werden soll.
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FOTO: OS2K Daniel Oberschelp
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FOTO: OS2K Michael Kling

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