Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
In die Schulen kehrt Leben zurück
Öffnung bedeutet hohen Organisationsaufwand – Tests sollen Sicherheit schaffen
FRIEDRICHSHAFEN - Nach vielen Wochen des Fernlernens kehrt zumindest für die Grundschüler, die Fünft- und Sechstklässler und die Schüler der Abschlussklassen wieder ein Stück Normalität ein. Seit Montag bieten die Schulen für jene Kinder einen sogenannten eingeschränkten Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen an. Das Quäntchen gefühlte Normalität birgt allerdings einem hohen Organisationsaufwand seitens der Schulen.
„Mein Lehrer war heute richtig durchgeschwitzt zum Unterrichtsende“, berichtet die elfjährige Marie. Sie besucht die fünfte Klasse am GrafZeppelin-Gymnasium (GZG). Der Grund: Maries Klasse ist in zwei Gruppen geteilt wird parallel in nebeneinanderliegenden Klassenzimmern unterrichtet. „Unser Lehrer ist immer zwischen den Räumen hinund hergelaufen.“
Ein ähnliches Bild bietet sich in der Mädchen- und Jungenrealschule St. Elisabeth. Auch hier sind nach Angaben von Schulleiterin Sabine Schuler-Seckinger die Klassen geteilt: „Während der Stammlehrer bei einer Klasse Unterricht hält, beaufsichtigt ein anderer Lehrer, dessen Klasse im Fernlernen ist, die Schülerinnen und Schüler.“Dieser sei online gleichzeitig für seine Schülerinnen und Schüler per Messenger oder E-Mail ansprechbar. Steffen Rooschüz, Geschäftsführender Schulleiter der Häfler Schulen, erklärt, dass dies auf einer Vorgabe des Kultusministeriums beruht: „In Klasse 5 und 6 soll der Abstand von eineinhalb Metern eingehalten werden.“Damit werde notfalls in getrennten Räumen unterrichtet. Fast drei Monate lang haben sich Marie und ihre Klassenkameraden nicht gesehen. „Ich finde es gut, dass die Schule wieder losgeht“, sagt Marie und spiegelt damit, was alle Beteiligten sagen: „Nach dieser langen Zeit des Fernlernens ist für die Schüler der Präsenzunterricht sehr wichtig.“Sonja Utz vom Gesamtelternbeirat (GEB) der Häfler Schulen unterstreicht dies: „Viele Eltern freuen sich über die Schulöffnungen als wichtigen Schritt zurück zur Normalität.“Zudem benötigen die Schüler dringend ihre sozialen Kontakte und vor allem den Unterricht vor Ort, sagt Utz.
Natürlich gebe es Familien, die angesichts der mutierten Virusvarianten Bedenken haben, ob dieser Schritt zu früh kommt, sagt sie. Schließlich gebe es auch viele, die Kontakt mit Risikopatienten haben. Aus diesem Grund gebe es auch weiterhin die Befreiung vom Präsenzunterricht, die aus Wahrnehmung des GEB in geringem Maße genutzt werde.
Ob alle ihre Klassenkameraden nach drei Monaten Homeschooling am Montag wieder da waren, kann Marie gar nicht so richtig abschätzen. „Wir sind ja nur auf dem Pausenhof alle zusammen – mit Maske und Abstand.“Ein Trend lasse sich nicht ausmachen, sagt Isabella Emhardt, Rektorin
der Bodensee-Schule. „Es gibt Klassen, in denen die Hälfte der Kinder im Fernunterricht bleibt, und in anderen Klassen sind es nur zwei, drei Kinder.“Um Sorgen auszuräumen und eine größtmögliche Sicherheit zu bieten, hat die Stadt Friedrichshafen alle Schulen mit Schnelltests versorgt – egal ob unter privater oder städtischer Trägerschaft. Einzige Ausnahme: die beruflichen Schulen.
„Die Stadt ist hier in Vorleistung zur Ankündigung des Kultusministeriums gegangen“, sagt Rooschüz. „Das ist super.“Zumindest bis Ostern können die Schulen einmal pro Woche testen. Und regelmäßige Tests seien ein wichtiger Baustein, um die Pandemie zu bekämpfen. Grundsätzlich sollen sich die Schüler sich selbst testen. Bei den Jüngsten geht das noch nicht. Und weil es für den gesamten Testvorgang Zeit und Geschick benötige, haben sich an einigen Schulen fachkundige Eltern zur Unterstützung bereit erklärt. „Dann können sich die Lehrer auf den Unterricht konzentrieren“, hebt Utz vor.
Auch Steffen Rooschüz lobt die improvisierten Lösungen, mahnt aber gleichzeitig: „Für die Zeit nach Ostern benötigen wir aber eine einfachere Teststrategie beziehungsweise in der Handhabung einfachere Tests.“Grundsätzlich tun die Schulen ihr Möglichstes, um den Besuch des Präsenzunterrichts so sicher wie möglich zu gestalten. So gibt es für verschiedene Klassenstufen unterschiedliche Eingänge oder gestaffelte Unterrichts- und Pausenzeiten. „Wir haben gefühlt tausend Pläne erstellt, damit die Klassen sich nicht mischen“, berichtet Emhardt. So gebe es an der Bodensee-Schule eigene Pausenräume und getrennte Essenszeiten mit Hygienekonzepten. „Und im Speisesaal hoffen wir, ab Donnerstag ein Filtersystem zusätzlich zu haben.“
Die Schulöffnungen wecken bei den Schulleitern allerdings auch zwiespältige Gefühle. Einerseits freuen sie sich, dass Leben in die Schulen zurückkehrt.
Andererseits ist klar, wenn noch mehr Schüler nach Ostern in den Präsenzunterricht kommen, lassen sich die Abstände nicht mehr einhalten. „Tief im Inneren habe ich kein gutes Gefühl“, gesteht Sabine Schuler-Seckinger.