Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Wir wurden für unseren Mut belohnt“
Bürgermeister Ralf Meßmer spricht über die neue Schule, den Regiobus, den Haushalt und das Thema Inklusion
OBERTEURINGEN - Was bewegt die Gemeinde Oberteuringen ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie? Welche Projekte stehen im Mittelpunkt und wie hat sich die Arbeit im Rathaus verändert? Darüber hat Silja Meyer-Zurwelle mit Bürgermeister Ralf Meßmer gesprochen.
Schon mehr als ein Jahr ist nun her, dass wir den ersten Corona-Fall im Bodenseekreis hatten. Was hat sich für Sie bei Ihrer Arbeit als Bürgermeister in der Pandemie verändert?
Bis auf eine Sitzung vergangenes Jahr im April haben wir alle Gemeinderatssitzungen durchführen können. Lediglich der Austausch in der Nachsitzung musste regelmäßig entfallen. Die Arbeit im Rathaus war sehr intensiv, stehen doch umfangreiche Themen zur Umsetzung an. Hinzu kamen, dass täglich Entscheidungen bezüglich der Pandemie getroffen werden mussten. VideoKonferenzen wurden zur Normalität und die AHA-Regeln sind bis heute unser ständiger Begleiter. Die Abendtermine sind fast vollständig aus meinem Kalender verschwunden, was für erfreulich viel Zeit mit meiner Familie sorgte. In der täglichen Arbeit gab es – und gibt es noch – fast kein Thema, bei dem Corona nicht irgendwie eine Rolle spielt. Ein gutes Beispiel dafür ist auch unsere neue Schule. Mit einem mulmigen Gefühl haben wir das Zehn-Millionen-Projekt trotz der Unsicherheiten weiter vorangetrieben. Mit einer großen Beteiligung von regionalen Firmen und guten Ausschreibungsergebnissen wurden wir schlussendlich für die mutige Herangehensweise belohnt.
Dennoch: Der persönliche Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern, der Austausch und die Diskussion in größerer Runde fehlt eindeutig. Die bereits im Vorjahr geplanten Bürgertreffs in den Ortsteilen konnten leider bis heute nicht stattfinden. Auch das Neubürgerfrühstück fiel Corona zum Opfer und wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Zur Vermeidung von Risiken nehme ich die Ehrung der Altersjubilare lediglich telefonisch vor. Kurzum: Es geht alles schon irgendwie weiter, es ist nur alles etwas distanzierter.
Jetzt gab es ja wieder neue Beschlüsse und Richtlinien von Bund und Land. Wie ist Ihr Eindruck davon?
Es ist ein schmaler Grat, den wir derzeit beschreiten. Auf der einen Seite ist es wichtig, dass den Bürgern endlich eine Öffnungsstrategie aufgezeigt wird, die ein Leben mit dem Virus ermöglicht. Auf der anderen Seite deuten die Zahlen auf eine dritte
Welle hin. Unter Einbeziehung der Mutanten lassen die Modellrechnungen der Experten in wenigen Wochen hohe Zahlen erwarten. Für die Bürgerinnen und Bürger fehlt der klare Fahrplan und die verlässlichen Aussagen bezüglich Impfungen, Schnelltests, Inzidenzen, und Verantwortlichkeiten. Unsere föderale Verfassung gepaart mit der typisch deutschen Genauigkeit haben uns in der Welt sehr weit gebracht. In einer Pandemie wie dieser, in der schnelles und konsequentes Handeln gefragt ist, müssen wir hier jedoch große Schwächen feststellen. Ich will das gar nicht an einzelnen Personen festmachen. Damit die Bürgerinnen und Bürger den Regeln wieder konsequent folgen, müssen Perspektiven aufgezeigt werden, die ein Leben mit dem Virus ermöglichen. Die Luca-App und eine intelligente Teststrategie erscheinen mir neben dem Impfen am erfolgversprechendsten zu sein.
Kommen wir noch einmal auf die Schule zurück. Ein Dauerthema bei der alten Schule ist die Parksituation, die durch Elterntaxis und Bus auf einem Fleck zu teils gefährlichen Situationen für die Kinder sorgt. Ist das mit der neuen Schule vom Tisch?
Als wir die Standortfrage für die neue Schule diskutierten, war vor allem die Verbesserung des Schülerverkehrs ein Thema. Es ist geplant, dass die Eltern mit dem Auto über den Franz-Roth-Platz den neuen Schulstandort anfahren und den bestehenden Parkplatz zum Ein- und Aussteigen nutzen. Die Schulbusse halten hingegen vor dem Gasthaus „Die Post“. Der Schulweg für die Buskinder soll am Pfarrgarten vorbei, über den Skaterplatz zur Schule führen. Eine Trennung der Buskinder von den Kindern aus den Elterntaxis sorgt für eine hohe Sicherheit und deutliche Verbesserung gegenüber der heutigen Situation am alten Standort.
Apropos Bus: Wie sehen Sie denn die Erfolgschancen für einen zweiten Regiobus in Oberteuringen?
Erst vor kurzem haben wir mit den Stadtverkehren Friedrichshafen (Linie 14) darüber gesprochen, ob eine schnellere Anbindung und eine bessere Taktung Richtung Friedrichshafen möglich wäre. Leider war dies aus Kostengründen nicht realisierbar. Mit dem Regiobus hätten wir nun die Chance dieses Ziel doch noch zu erreichen. Darüber hinaus könnte mit der bereits bestehenden Regiobuslinie Ravensburg-Konstanz eine Umsteigemöglichkeit geschaffen werden.
Das erste Gespräch zur neuen Linie von Mengen nach Friedrichshafen gab es inmitten der Pandemie vergangenes Jahr. Damals bin ich nach Mengen gefahren, wo der Bürgermeisterkollege den geplanten Antrag im kleinen Kreis vorgestellt hat. Ich war sofort dabei, weil es für die Region aber vor allem auch für Oberteuringen nur Vorteile bringen würde. Durch meine Zeit in Horgenzell weiß ich, dass der Pendelverkehr zwischen Friedrichshafen und den Gemeinden aus den Kreisen Ravensburg und Sigmaringen enorm ist. Für alle betroffenen Gemeinden und deren Einwohner wäre die Anbindung im Stundentakt von früh bis spät ein Riesengewinn. Die Errichtung der neuen Regiobuslinie entsprach zu Beginn jedoch nicht vollumfänglich den Förderrichtlinien, dies hat sich nach einer Änderung der Richtlinien nun geändert. Von daher bin ich schon vorsichtig optimistisch, dass es klappen könnte.
Wagen wir einen Blick in das ja noch recht junge Jahr: Welche Themen stehen in den kommenden Wochen und Monaten für die Gemeinde sonst noch im Mittelpunkt?
Ganz aktuell geht es an die Haushaltsplanung. Im Januar hatten wir hierzu erste Vorberatungen. Dem Gemeinderat wurde eine umfassende Liste mit Investitionen für die Jahre 2021 bis 2024 vorgestellt und zur weiteren Überarbeitung überlassen. Die Fraktionen wurden aufgefordert bis zur nächsten Sitzung Vorschläge zu machen. Mit den Zahlen des Ergebnishaushalts können wir dann ausgiebig über den Haushaltsplan 2021 beraten. Grundsätzlich bin ich daran interessiert, dass sich die Mitglieder des Gemeinderates an der Erarbeitung des Haushaltsplanes beteiligen und ihr Recht auf Mitgestaltung wahrnehmen. Fakt ist, dass der Haushaltsplan 2021 schwierig für uns wird. Nach einem Überschuss im Haushaltsjahr 2020 werden wir in 2021 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Lediglich mit Verwendung der Überschüsse aus 2020 kann ein Ausgleich überhaupt dargestellt werden. Nur wenige Gemeinden im Bodenseekreis können in diesem Jahr den Haushalt regulär ausgleichen, dies ist vor allem auf die Auswirkungen der Pandemie und der damit verbundenen Einnahmeausfälle zurückzuführen. Problematisch ist jedoch, dass nach den aktuell vorliegenden Zahlen auch in den Jahren 2023 und 2024 in Oberteuringen kein Ausgleich dargestellt werden kann. Da werden auch Anpassungen der Hebesätze Teil der Diskussion sein. Einerseits sind Steuererhöhungen derzeit unpopulär und von niemandem gewünscht, andererseits müssen wir natürlich reagieren und rechtzeitig dagegen steuern. Die nächste Gemeinderatssitzung wird diesbezüglich spannend. Ein anderes großes Thema ist und bleibt die Inklusion. Wir haben aktuell ein erstes Resümee der inklusiven Beschulung in der Teuringer-TalSchule gezogen. Dazu haben wir uns mit dem Schulamt, dem Landratsamt und der Schule an einen Tisch gesetzt. Aus Sicht der Kinder, sowohl die inklusiv beschulten als auch alle anderen Kinder, können wir hier ein durchweg positives Resümee ziehen. Beachtung müssen wir hier vor allem den bürokratischen Vorgaben schenken, welche sich sowohl im Personalrecht als auch bei der Finanzierung als sehr kompliziert herausstellten. Möchte man eine inklusive Beschulung erfolgreich durchführen, ist es leider immer noch erforderlich, dass alle Beteiligten bereit sind, sich über das normale Maß zu engagieren. Dass sich der Aufwand lohnt, wurde von allen Seiten bestätigt, es profitieren einfach alle: die beeinträchtigten Kinder, die Mitschüler aus der Klasse, die Lehrer, im Prinzip die ganze Schule. Ein herzlicher Dank an dieser Stelle an alle Beteiligten. Unser Ziel ist die Verstetigung der Inklusion an der TeuringerTal-Schule. Wer Interesse an einer ortsnahen inklusiven Beschulung hat, kann sich gerne an die Schule wenden.