Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
August Schuler hat es gerade noch geschafft
Der 63-jährige CDU-Abgeordnete bleibt im Stuttgarter Landesparlament – Wie es jetzt weitergeht
RAVENSBURG - Sechseinhalb Stunden lang wusste August Schuler nicht, ob er sein Landtagsmandat behalten kann. Sechseinhalb Stunden lang bangte der 63-jährige Ravensburger, ob er trotz des schlechten Wahlergebnisses noch einmal ein Zweitmandat erringen würde. „Es war schon eine Zitterpartie“, meint der CDU-Politiker am nächsten Morgen im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Aber ich war trotzdem gelassener als vor fünf Jahren.“
Vor fünf Jahren verlor der Gastronom und Geologe erstmals das Direktmandat der CDU im Wahlkreis Ravensburg – ausgerechnet an Manne Lucha von den Grünen, mit dem er sich im Ravensburger Gemeinderat und Kreistag schon so manches Wortgefecht geliefert hatte. 2016 war das Ergebnis aber noch relativ knapp: Lucha holte 33, Schuler 31 Prozent. Zum Vergleich: Sein langjähriger Vorgänger Rudi Köberle (ebenfalls CDU) hatte 2011 noch 43,5 Prozent eingefahren. In einer anderen Ära. Am Sonntag dann der Absturz auf 23,7 Prozent, mit
9,5 Prozentpunkten Abstand zu Lucha. Weit entfernt vom persönlichen Wahlziel, das bei „30 Prozent plus x“gelegen hatte.
Um ein Haar hätte Schuler diesmal daher das Zweitmandat verfehlt. Weil in Aalen offenbar zunächst vergessen worden war, das vorläufige Endergebnis an den Landeswahlleiter zu übermitteln, stand erst um 0.31 Uhr fest, dass die CDU-Fraktion einen Sitz weniger verlieren würde als zunächst angenommen. Sodass Schuler eben doch noch ins Parlament hereinrutschen konnte. „Die Vergrößerung des Landtags hat mich gerettet. Ich habe dann mit meiner Frau noch ein Viertele Rotwein getrunken, um 1 Uhr nachts rief mich noch Thomas Bareiß an und um halb zwei Christian Natterer.“
Schuler trägt sein schlechtes Ergebnis mit Fassung, als er am Montagmorgen im Zug zur Fraktionssitzung nach Stuttgart sitzt. „Ich habe das Direktmandat gegen einen Minister, der seit fünf Jahren im Amt ist, nicht in Reichweite gesehen“, sagt er rückblickend. Erschwerend komme hinzu: „Wir sind eine urbane Region geworden, anders als im Allgäu.“
Umso mehr erstaunt es Schuler, dass auch sein Parteifreund Raimund Haser das Direktmandat im Wahlkreis Wangen gegen die grüne Konkurrentin verloren hat. „Die Grünen haben ihren Wahlkampf einfach ganz auf Winfried Kretschmann ausgerichtet.“Und selbst einigen eingefleischten CDUWählern sei dieser sympathischer gewesen als CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann, verweist Schuler auf entsprechende Umfragen kurz vor der Wahl. Er selbst schätze sie aber schon seit Anfang der 1990er-Jahre, als sie persönliche Referentin von Günther Oettinger in dessen Zeit als Chef der Landtagsfraktion war. „Mir tut’s ein bisschen leid um sie. Sie hat ja gestern mannhaft oder eher frauhaft die politische Verantwortung übernommen.“
Der Ravensburger Landtagsabgeordnete glaubt, dass sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann für eine Verlängerung der grün-schwarzen Koalition entscheiden wird. „Die Pandemie wird sich sicher noch ein Jahr hinziehen, und da ist Kontinuität gefragt.“Für eine grün-rote Koalition halte er das Ergebnis für zu knapp und entsprechend wackelig, und eine Ampelkoalition mit SPD und FDP, „die vor Kraft kaum noch laufen kann“, hielte Schuler in Pandemiezeiten für riskant. „Das sind die Krisengewinnler mit ihrer Öffnungsstrategie, aber dahinter steckt nur Show“, ist er überzeugt. Nicht nur Umfragen, sondern letztlich auch das Wahlergebnis zeigten, dass die meisten Menschen nach wie vor Parteien zuneigten, deren Vertreter lieber etwas vorsichtiger seien und auf Gesundheitsschutz setzten. Der 63-Jährige will in der nächsten Legislaturperiode wieder in den Ausschüssen für Verkehr und Umwelt sitzen. Denn die Transformation der Autoindustrie hält er für eines der wichtigsten Themen der Zukunft, und vor Ort will er sich dafür stark machen, dass in den nächsten Landeshaushalt 30 Millionen Euro für das Ravensburger Polizeipräsidium eingestellt werden. Für ebenso wichtig hält der Ravensburger Gemeinderat und Kreisrat die Rettung der Innenstädte in der postpandemischen Zeit. „Das liegt mir als Kommunalpolitiker besonders am Herzen.“
Weitere Berichte zur Landtagswahl gibt es in einem Dossier unter
www.schwäbische.de/ltw21-rv