Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Mitte macht’s
Friedrichshafens Mittelblocker haben großen Anteil am Halbfinaleinzug
FRIEDRICHSHAFEN - Dem Druck standgehalten, der Favoritenrolle doch noch gerecht geworden: Dem VfB Friedrichshafen war am späten Sonntagabend durchaus Erleichterung anzusehen, dass die Volleyball Bisons Bühl doch nicht zum überraschenden Stolperstein geworden sind. Nach dem 3:1-Erfolg im Play-offViertelfinale der Volleyball-Bundesliga gab Trainer Michael Warm seinen Spielern einen Tag frei – ab Dienstag beginnt beim VfB die Vorbereitung auf das Halbfinale gegen die SVG Lüneburg.
Nach der überraschenden 2:3Niederlage im ersten Viertelfinale in Bühl lag der Druck ganz klar beim VfB Friedrichshafen. „Das waren zwei Stresstests“, sagte Warm. „Ich bin sehr froh, dass wir die Hürde genommen haben.“Das war auch Mittelblocker Marcus Böhme. „Da ist erst mal Erleichterung, dass dieser Gegner hinter uns liegt“, meinte Böhme. „Erreicht haben wir aber noch nichts, es liegt noch jede Menge Arbeit vor uns.“Speziell im Block sieht der 35-jährige Ex-Nationalspieler noch Verbesserungspotenzial. „Wir haben gesehen, dass wir bei der Block-/Feldabwehr als Ganzes noch zulegen können. Auch die Absicherung ist noch nicht optimal“, sagte Böhme. Was er damit meinte: „Wir müssen Bälle, die in den Block geschlagen wurden, wieder hochbekommen und neu aufbauen.“
Um Richtung Play-off-Finale, Richtung Titel, zu kommen, muss der VfB auch seinen Diagonalangreifer Linus Weber wieder besser ins Spiel bringen. In Bühl hatte Weber – während der Hauptrunde der mit Abstand erfolgreichste Punktesammler beim VfB – ein schwaches Spiel gezeigt. In den beiden Heimspielen am Samstag und Sonntag war ein Aufwärtstrend zu sehen. Der alte ist Weber aber noch nicht. Positiv für Friedrichshafen: Dieses Problem konnte der VfB kompensieren. Weil das Spiel durch die Mitte funktionierte. „Das klappt zunehmend besser, auch wenn wir es im Training eigentlich gar nicht forcieren“, sagte Böhme über das Zusammenspiel zwischen Zuspieler Dejan Vincic und ihm sowie dem zweiten Mittelblocker Nehemiah Mote. „Das war klar ein Schlüssel zum Erfolg.“
Bühl hatte große Probleme bei den schnellen Zuspielen von Vincic auf Mote und Böhme. Die Mittelblocker waren oft zur Stelle, wenn es knapp wurde. Bestes Beispiel: Im vierten Satz am Sonntagabend in der Zeppelin Cat Halle A1 machten Böhme und Mote fünf der letzten sieben Punkte der Partie. „Marcus hat ein sehr gutes Spiel gemacht, und Nemo war schon in den vergangenen Spielen unser überragender Spieler“, lobte Warm seine großen Jungs. Das sorgt allerdings gleichzeitig dafür, dass für David Fiel und Arno van de Velde derzeit kein Platz auf dem Feld ist. Fiel spielte gegen Bühl gar nicht, für van de Velde reichte es nur zu vereinzelten Kurzeinsätzen. „Ich bin froh, dass die beiden da sind“, sagte Warm zum Kubaner und zum Belgier. „Aber wenn es derzeit bei beiden auf dem Feld gut läuft, habe ich keinen Grund zum Wechseln.“
Die Mitte machte es gegen Bühl. Nun wartet die SVG Lüneburg, die sich zweimal im Tiebreak gegen Herrsching durchgesetzt hat. „Wir sollten vorsichtig genug sein und dürfen auch Lüneburg nicht unterschätzen“, sagte Böhme. Denn auch im Halbfinale gilt: Der Druck liegt beim VfB Friedrichshafen. Als souveräner Sieger der Hauptrunde erwartet jeder vom VfB den Einzug ins Finale. „Lüneburg kann wie Bühl locker losspielen“, meinte Warm.
Das 2:3 vom vergangenen Mittwoch hätte sich seine Mannschaft zwar „ersparen können“, sagte der VfB-Trainer. Warm war dennoch ganz froh über drei Spiele im Viertelfinale. „Das war eigentlich das Beste, was uns passieren konnte. Wir hatten die Drucksituation, hatten zwei Spiele hintereinander.“Für den weiteren Play-off-Verlauf stufte Warm das knappe Viertelfinale als gut ein. Letztlich gab es viel Spielpraxis für die Friedrichshafener, die wegen der
Corona-Zwangspause etwas aus dem Rhythmus gekommen sind. „Es ist offensichtlich, dass noch viele Fehler passieren, die in Topform nicht passieren sollten“, meinte Böhme. „Wir können noch was drauflegen.“
Das muss der VfB auch. Den Montag hat Warm seiner Mannschaft freigegeben, ab Dienstag wird wieder trainiert. Auch an der Athletik. „Wir leben von der Dynamik, das hat uns in der Saison im Angriff bislang so stark gemacht“, sagte Warm. „Aber da fehlt noch die Frische, da sind wir noch nicht auf dem Toplevel.“Böhme brachte es treffend auf den Punkt: „Als ganze Mannschaft haben wir noch Luft nach oben.“