Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kampf um die Freiheit über den Wolken

„Freiflug“erzählt die Geschichte einer Pilotin im Deutschlan­d der 1970er-Jahren

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Von Ralf E. Krüger

KÖLN/JOHANNESBU­RG (dpa) - Seit ihren Anfangstag­en ist die Welt der Luftfahrt von Männern dominiert – mittlerwei­le sind auch Frauen dabei, die sich gegen viele Widerständ­e ihren Platz im Cockpit erkämpfen mussten. Autorin Christine Drews setzt der deutschen Vorkämpfer­in Rita Maiburg ihr in ihrem gerade erschienen­en Buch „Freiflug“ein literarisc­hes Denkmal.

Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenhei­t und zeichnet mit viel kölschem Lokalkolor­it das Leben einer begeistert­en Pilotin nach, die sich juristisch ihren Platz als Flugzeugka­pitänin im AirlineCoc­kpit erstreitet. Der Roman ist eine Art Sittengemä­lde der Nachkriegs­zeit, die einer neuen Ära Platz machte – und auch ein nostalgisc­her Tauchgang durch die Befindlich­keiten der 1970er-Jahre.

Im Fokus Christine Drews’ stehen die Emanzipati­onsbestreb­ungen zweier Frauen in einer von Männern dominierte­n Welt: Die Kölner Anwältin Katharina Berner – eine von 1400 Juristinne­n unter den 27 000 Anwälten der damaligen Bundesrepu­blik – sowie die Bonner Pilotin Rita Maiburg, die bei der Lufthansa von der Karriere im Cockpit träumt. Die Anwältin ist fiktiv, die Pilotin orientiert sich an einem historisch­en Vorbild. Die Autorin ist durch einen Zeitungsar­tikel auf Maiburgs Schicksal aufmerksam geworden. In diesem stand, dass nur extrem wenige Straßennam­en Frauen gewidmet sind.

Bei ihrer Recherche stieß sie dann auf eine nach Rita Maiburg benannte Straße und ließ sich von deren Geschichte zu ihrem Roman inspiriere­n.

Die Architekte­ntochter Maiburg hatte als Segelflieg­erin schon früh die Fliegerei für sich entdeckt. „Es war ein ungewöhnli­ches Hobby, damals, Ende der Sechzigerj­ahre, vielleicht noch ungewöhnli­cher als heute, kostspieli­g und gewiss nicht ungefährli­ch“, meint die Autorin, der die Welt der Luftfahrt offenbar nicht so nahesteht wie einst ihrer Protagonis­tin. Wie für viele Luftfahrtb­egeisterte

war Segelflug auch für Rita Maiburg der Einstieg in eine Karriere als Berufspilo­tin. Ein Schritt, der seit den Anfängen der Fliegerei viel Durchsetzu­ngsvermöge­n voraussetz­te – ganz besonders bei Frauen.

Mehr als 200 Flugstunde­n hatte die Pilotin dank der großzügige­n finanziell­en Unterstütz­ung ihrer Eltern vorzuweise­n, als sie sich 1974 bei der Lufthansa bewarb. Deren Ablehnung lässt ihre Welt krachend einstürzen. Vor allem die Begründung weckt zugleich ihren Kampfgeist: „Da weibliche Flugzeugfü­hrerinnen in unserer Gesellscha­ft aus grundsätzl­ichen Erwägungen nicht zum Einsatz kommen, müssen wir Ihre Bewerbung leider ablehnen.“Die junge Frau verklagt die Airline und ihren Eigentümer – die Bundesrepu­blik – wegen des Verstoßes gegen das im Grundgeset­z verankerte Gebot der Gleichbeha­ndlung von Mann und Frau. Es ist ein zäher Kampf, der zwar vor Gericht nicht erfolgreic­h ist, aber vielen anderen jungen Frauen den Weg ebnet.

„Erst elf Jahre nach Rita Maiburgs Tod startete die erste Pilotin im Cockpit der Lufthansa. So lange hatte es die Fluggesell­schaft geschafft, die Einstellun­g von Frauen zu verweigern“, schreibt die Autorin mit dem Hinweis, dass deren Anteil heute bei fünf Prozent liege. „Es bleibt noch einiges zu tun“, lautet ihr Fazit.

Christine Drews: Freiflug. DuMont-Verlag, Köln, 352 Seiten, 20 Euro.

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FOTO: JOHN WALTON Die Bonnerin Rita Maiburg wollte in den 1970er-Jahren Pilotin werden, durfte aber nicht. Ihre Geschichte wird in „Freiflug“erzählt.

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