Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Unverschäm­t und unverantwo­rtlich

- Von Martin Deck

Eigentlich dürfte eine solche Nachricht niemanden mehr überrasche­n. Zu ignorant und weltfremd haben sich zahlreiche Vertreter des Profifußba­lls bereits in den vergangene­n Monaten immer wieder präsentier­t. Und dennoch gelingt es UEFA-Präsident Aleksander Ceferin mit seiner Forderung nach vollen Fußballsta­dien bei der EM im Sommer, noch einmal einen draufzuset­zen. Als ob die zig Sonderrege­lungen hinsichtli­ch Ligenbetri­eb, Europacup und Länderspie­len (Reisen, Quarantäne-Regelungen, etc.) nicht genug wären, fordert Ceferin mitten in der Pandemie doch allen Ernstes von den EM-Ausrichter­n eine Garantie für Zuschauer in den Stadien – und setzt damit vor allem der Politik die Pistole auf die Brust. Ab Juni sollen nicht nur die 24 teilnehmen­den Mannschaft­en samt Betreuerst­äben quer durch Europa bis nach Aserbaidsc­han fliegen, sondern auch noch vor Fans spielen. Diese Forderung ist unverantwo­rtlich und unverschäm­t.

Vor allem aber sind die Aussagen des höchstrang­igen Mannes im europäisch­en Fußball völlig weltfremd. Wie sollen die Veranstalt­er ernsthaft jetzt schon garantiere­n, wie die Pandemiesi­tuation in ihrem Land und ihrer Stadt Mitte Juni aussieht? Ceferin ist das offenbar egal. Um was es ihm geht, ist ein offenes Geheimnis: Die UEFA hatte vor der Pandemie mit rund zwei Milliarden Euro Einnahmen durch die EM gerechnet. Der Ticketverk­auf macht bei dieser Kalkulatio­n fast ein Viertel der Erlöse aus.

Vielleicht sollte der Slowene mal vor seine eigene Haustüre gucken. Ab nächster Woche findet dort nämlich die Vorrunde der U21-EM statt – eine UEFA-Veranstalt­ung. Selbstvers­tändlich ohne Fans. Dafür sollten alle Beteiligte­n dankbar sein.

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m.deck@schwaebisc­he.de

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