Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Wertft1919“: „Wir müssen stabil Geld verdienen“
Geschäftsführer Emanuel Unser über die Auswirkungen des Lockdowns für die Gastro-Branche
KRESSBRONN - Die Pandemie trifft die Gastronomie-Branche mit voller Wucht. Dass die Unser-Brüder Johannes, Julius und Emanuel von der „Werft1919“trotz der Unsicherheiten und Existenzängsten während der Lockdown-Phasen mit Zuversicht in die Zukunft blicken, hat einen Grund: „Wir sind Unternehmer und hier angetreten, um zu unternehmen. Wir haben Visionen, packen an und warten nicht ab“, sagt Emanuel Unser. Andy Heinrich hat mit dem 33jährigen Geschäftsführer über die aktuelle Situation und über Pläne und Konzepte gesprochen.
Ein Jahr Corona. Wie sind Sie und ihre Brüder als Gastronomen und Jungunternehmer durch diese schwierige Zeit gekommen?
Es ist tatsächlich sehr viel passiert. Im vergangenen Sommer haben wir den Betrieb in der ,Werft1919’ planmäßig im August aufgenommen und durften drei intensive und erfolgreiche Monate erleben. Wir konnten unseren Gästen unser qualitativ hochwertiges Konzept inhaltlich gut erklären und haben viel Lob und Zustimmung erfahren. Zahlreiche Hochzeiten, Bankette und Feiern im Saal sowie im Restaurant konnten erfolgreich durchgeführt werden. Überhaupt geht es in der ,Werft1919’ nicht nur darum, satt zu werden, sondern um die Kulinarik, die hohe Kunst des Kochens zu zelebrieren, dieses tolle Handwerk zu schätzen, den Genuss mit einem Erlebnis zu verbinden. Es hätte so weiter gehen können.
Dann kam der große Knall.
Ja. Die Lockdown-Phase hat uns, wie die vielen Kollegen auch, wirtschaftlich sehr getroffen. Das Problem war und ist die planerische Unsicherheit. Aufwendige und in sich schlüssige Konzepte, die die Sicherheit unserer Mitarbeiter und unserer Gäste gewährleisten sollten, wurden durch ständige Änderungen und neue Regeln seitens der Zuständigkeiten über den Haufen geworfen. Im Rahmen des zweiten Lockdowns haben wir seit November unseren Kiosk geöffnet. Gleichzeitig konnten wir den Lockdown auch dafür nutzen, weiter an unserem Konzept zu feilen und bereits erhaltenes Feedback zu verarbeiten. Der Kiosk hilft uns dabei, im Gespräch zu bleiben. Trotzdem bleibt ein monatlicher Verlust von 20 000 bis 25 000 Euro.
Wie gehen Sie mental mit dieser Ausnahmesituation um?
Vor allem über die Weihnachtsfeiertage haben wir gelernt, uns vom Geschäft zurückzuziehen, auch räumlich loszulassen, um die Probleme nicht in die Familie, die uns eine große Stütze war, hineinzutragen.
Woher nehmen Sie die Kraft, weiterzumachen und positiv nach vorne zu blicken?
Kurz nach besagten Feiertagen hatten wir den Schalter mit neu gewonnener Kraft nach vorne gelegt und sind neue Idee und Visionen angegangen. Mit der gewonnenen Power entwickelten wir neue Ansätze, wie den Werftarbeitertopf, der CO2-neutral und ohne Verpackungsmüll ausgeliefert oder bei uns abgeholt werden kann. Zudem wurde ein OnlineShop, der Werftmarkt, ins Leben gerufen. Weiter haben wir nun auch die Überbrückungshilfen für den November und Dezember erhalten, was uns zusammen mit dem Kurzarbeitergeld hilft, zumindest die kommenden Monate wirtschaftlich zu überleben. Wir müssen nach der Pandemie mit voller Kraft stabil Geld verdienen.
Stichwort Mitarbeiterflucht und Bezahlung: Ihr Personal lobt die faire Lohnstruktur.
Wir stehen hier am See in unmittelbarer Konkurrenz nicht nur mit vielen anderen Restaurants, sondern auch mit der Industrie. Daher ist es uns wichtig, dass unsere engagierten Mitarbeiter anständige Bruttolöhne verdienen, die über dem üblichen Niveau liegen und sich auf das Kurzarbeitergeld ebenso positiv auswirken wie auf die Höhe der späteren Renteneinkünfte. Nur so verhindern wir Abwanderungsgedanken und können im Wettstreit mit der Industrie standhalten.
Blicken wir am Ende auf Ihren kulturellen Veranstaltungskalender. Wie sieht der Plan aus?
Der Plan ist, dass es aufgrund der Unsicherheiten keinen verlässlichen Plan gibt. Tatsächlich jedoch starten wir am 28. April auf der neuen Werftbühne in den Kultursommer mit einem klassischen Konzertabend, bevor am 12. und 14. Mai die Theatergruppe „Mixed Pickles“die Zuschauer mit ihrem Spiel erfreuen wird. Weitere Veranstaltungen sind bis Ende September terminiert und können genau wie aktuelle Informationen in den nächsten Tagen auf unserer Webseite, www.werft1919.com abgerufen werden.