Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ideen für eine bessere Gesellschaft
Ulmer Ausstellung zu Joseph Beuys und seinen Verbindungen nach Süddeutschland
wurde, oder wie „Plight“von 1985 für eine Londoner Galerie, für die Beuys den Filz aus der Wollfilzmanufaktur in Giengen an der Brenz bezog.
Einen weiteren Schwerpunkt in Ulm bilden all jene Multiples, Editionen, Grafiken, Plakate und Fotografien, in denen der Künstler sozialpolitische Ideen aus dem Umfeld von Achberg weiterentwickelt hat. Die Präsentation ist hier bewusst locker aufgebaut und setzt sich aus Bildern, Erklärtexten und Hörstationen zusammen. Hinzu kommen interessante Videos mit Zeitzeugen.
Beuys war offensichtlich missionarisch getrieben und wurde nie müde, seine Thesen zu erklären. Er warb für ökologisches Bewusstsein und Naturschutz, für direkte Demokratie und einen neuen Geldbegriff. Er engagierte sich anfangs bei den „Grünen“und war als Teilnehmer beim Gründungsparteitag im Januar 1980 in Karlsruhe vor Ort. Mit seinem erweiterten Kunstbegriff wollte er die Welt verbessern, driftete aber bisweilen mit seinem Gedankengut ins Utopische ab. Bestes Beispiel in der Schau ist seine Diskussion über Kunst mit Schriftsteller Michael Ende, die als Audiospur in Ausschnitten zu hören ist. Vielleicht galt er auch deswegen zu Lebzeiten für viele als „Spinner“. Und nicht nur, weil er ungewöhnliche Materialien wie Fett, Honig, Filz oder Schiefertafeln für seine Happenings und Installationen verwendete.
Beuys verschlungene Gedanken waren übrigens nicht frei von Widersprüchen. Aus seinen Auflageobjekten schlug er ordentlich Geld. Alles, was er signierte – und er signierte viel – wurde schnell sehr teuer. War es demnach nichts als Marketing für seine Person oder ging es ihm tatsächlich um das Vermitteln seiner gesellschaftspolitischen Ideen und die Demokratisierung von Kunst? Wie ist dann die signierte Tafel mit der Aufschrift „Kunst = Kapital“zu verstehen? Fragen über Fragen, die auf dem Rundgang durch die Räumlichkeiten zum Nachdenken anregen.
Was am Ende bleibt, ist ein neuer Blick auf den Jahrhundertkünstler und Visionär. Seine gesellschaftspolitischen Themen sind aktueller denn je: ob Nachhaltigkeit, Naturschutz, die Relevanz der Demokratie, soziale Gerechtigkeit oder der Wunsch nach einer humanen Gesellschaft.
Dauer: bis 4. Juli, Öffnungszeiten: Di.-Fr. 11-17 Uhr, Sa./So. 11-18 Uhr, Katalog: 28 Euro. Eine Anmeldung für einen Museumsbesuch ist auf Grund der Pandemie erforderlich, telefonisch Mo.-Fr. 9-17 Uhr unter 0731/161 4307 oder online unter www.museum-ulm.de