Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Anlagenbau schreibt wieder schwarze Zahlen
Corona bremst Zeppelin – 36 Silos für Sibirien – Konzern setzt auf Aufträge der Automobilindustrie
FRIEDRICHSHAFEN - Mehr Umsatz, weniger Gewinn: Unter dem Strich ist die Zeppelin GmbH bislang sehr ordentlich durch die Corona-Krise gekommen. Der in Friedrichshafen beheimatete Anlagenbau, eine von sechs strategischen Geschäftseinheiten des Konzerns, hat 2020 vor allem unter den Folgen der weltweiten Reisebeschränkungen gelitten. Trotzdem: Mit dem Bau von Schüttgutanlagen hat Zeppelin im abgelaufenen Jahr wieder schwarze Zahlen geschrieben.
„Wir konnten viele internationale Projekte nicht zum Abschluss bringen“, sagte Peter Gerstmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin GmbH, mit Blick auf den Anlagenbau beim virtuellen Bilanzpressegespräch am Freitag. „Ein 50Millionen-Euro-Projekt kann man nicht per Videoschalte abarbeiten.“Weil Techniker und Verkäufer nicht oder nur sehr eingeschränkt reisen konnten, verminderte sich der Umsatz der Geschäftseinheit 2020 um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 306 Millionen Euro. Damit trägt der Anlagenbau neun Prozent zum Zeppelin-Gesamtumsatz von 3,27 Milliarden Euro bei. Knapp die Hälfte des Umsatzes hat die Geschäftseinheit in Deutschland erwirtschaftet, 87,3 Millionen davon am Standort Friedrichshafen. Trotz dieser Rückgänge war der Bereich profitabel. Es steht ein Ertrag von 5,8 Millionen Euro in den Büchern.
Rückläufig war der Auftragseingang, ebenfalls eine Folge der Pandemie. Er lag 2020 bei 226 Millionen Euro, ein Minus von 43 Prozent. Erfreulich: Viele Aufträge wurden ins laufende Jahr verschoben, weswegen im ersten Quartal Aufträge für fast 100 Millionen Euro in den Büchern stehen. Weltweit arbeiten 1622 Menschen für den Anlagenbau, davon 917 plus 37 Azubis in Deutschland und 532 plus 25 Auszubildende in Friedrichshafen.
Ein besonderes Highlight waren mehrere Projekte in Sibirien. So wurde ein Komplex für die Kunststoffindustrie mit 36 Silos errichtet, die teils am Bodensee und teils im östlichen Russland gefertigt wurden. Dort werden nun mit ihrer Hilfe mehr als eine Million Tonnen Kunststoffe pro Jahr produziert.
Die besondere technische Herausforderung lag in der Ummantelung der Behälter: Vor Ort herrschen Temperaturschwankungen von 70
Grad, minus 40 Grad im Winter und plus 30 Grad im Sommer.
„Verhalten optimistisch“blickt Peter Gerstmann für den Gesamtkonzern aufs laufende Jahr. Die Einschätzung gilt auch für den Anlagenbau. Vor allem in der Lebensmittelindustrie setzt er auf Steigerungen. Anlagen zur Aufbereitung von Stärke, Derivaten und Proteinen seien gefragt, auch für die Produktion von Kunststoffen, die nach Gebrauch biologisch abbaubar sind. Einen weiteren wichtigen Markt sieht Zeppelin in Misch- und Aufbewahrungsanlagen für Grundstoffe zur Produktion von Batterien für Elektroautos. „Wir haben uns hier sehr früh positioniert“, sagt Gerstmann. „Zumindest im Moment sind wir dort Marktführer.“Auch weil viele Vorgänge technisch der Produktion von Reifen ähneln, mit der sich der Konzern seit Längerem beschäftigt. Gerstmann berichtete von Aufträgen mehrerer großer Automobilhersteller in zweistelliger Millionenhöhe im ersten Quartal, ohne Namen zu nennen.
Lob für die Geschäftsführung, der neben Gerstmann auch Christian Dummler, Michael Heidemann und Alexandra Mebus angehören, und die knapp 10 000 Mitarbeiter weltweit, gab es von Oberbürgermeister Andreas Brand, der dem ZeppelinAufsichtsrat vorsitzt: „Es zeichnet
Zeppelin aus, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie angenommen und die erforderlichen Maßnahmen konsequent und zügig umgesetzt haben. Im Mittelpunkt standen 2020 die Sicherung unserer operativen Handlungsfähigkeit als Unternehmen, der Schutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die finanzielle Unabhängigkeit unseres Unternehmens. Der ,We are Zeppelin’-Gedanke und die vorbildliche Unternehmenskultur haben den Konzern sehr gut durch diese schwierige Zeit getragen“, wird Brand in einer Pressemitteilung zitiert.