Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
ADFC veröffentlicht den Fahrradklima-Test 2020
Friedrichshafen punktet mit der breiten Nutzung des Fahrrades durch Alt und Jung – Die Rad-Infrastruktur wird aber kritisiert
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Im aktuell veröffentlichten ADFC-Fahrradklima-Test 2020 ist Friedrichshafen mit einer Schulnote von 3,7 erneut auf dem dritten Platz der Städte und Gemeinden im Bodenseekreis gelandet. Im Landesvergleich fiel Friedrichshafen ins Mittelfeld zurück.
327 Häfler Radfahrerinnen und Radfahrer haben Ende 2020 an der bundesweiten Befragung teilgenommen, teilt der ADFC mit. Sie kritisieren vor allem Konflikte mit Kraftfahrzeugen und Fußgängern, die mangelnde Breite der Radwege und die Führung an Baustellen. Auch die Medienberichte fallen negativ auf. Positiv bewertet wurden der Winterdienst, die Reinigung der Radwege und der geringe Fahrraddiebstahl. Anerkannt wird auch das Radfahren durch Alt und Jung.
„Die Corona-Zeit hat viele Menschen neu auf das Rad gelockt – und wir wollen, dass sich auch die Neuaufsteiger auf dem Rad wohl und sicher fühlen“, sagt der ADFC-Kreisvorsitzende Bernhard Glatthaar. Leider sei das in Friedrichshafen noch nicht selbstverständlich: Die Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer und das Sicherheitsgefühl wurden von den Befragten als die wichtigsten Kriterien
bewertet, doch knapp zwei Drittel (63 Prozent) der Befragten fühlen sich beim Radfahren in Friedrichshafen nicht sicher. Dabei ließe sich mit kostengünstigen Maßnahmen die Situation deutlich verbessern, beispielsweise durch Fahrradstraßen, mehr Tempo 30, bessere Führungen an Baustellen oder durch mehr Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen.
„Das reicht aber nicht. Die Menschen in Friedrichshafen wollen Straßen, die einladend zum Radfahren sind. Dafür brauchen wir ein durchgängiges Netz an guten Radwegen. Der Bund hat mit dem Sonderprogramm
Stadt und Land dafür ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt.“
Gut die Hälfte (54 Prozent) der Befragten sagt, Radfahren mache in Friedrichshafen eher Spaß. „Diese recht gute Bewertung zeigt, dass Friedrichshafen auf einem guten Weg ist“, so der ADFC. „Gleichzeitig werden aber einzelne Radwege stark kritisiert wie in der Friedrichstraße oder auch die markierten Schutzstreifen“, so Bernhard Glatthaar. Damit die Mobilitätswende gelingen kann, fordert der ADFC, den Ausbau des Radnetzes voranzubringen: „Es muss eine komfortable und sichere
Infrastruktur geschaffen werden. Wir dürfen uns nicht mit Mindestmaßnahmen und -standards zufrieden geben, denn das wird der steigenden Anzahl Radfahrender nicht gerecht.“
Viele Rückmeldungen beschreiben außerdem die Gefahren für radfahrende Kinder und die Dominanz des Kraftfahrzeugverkehrs. Eine Besonderheit des Fahrradklima-Tests in Friedrichshafen sind die relativ uneinheitlichen Bewertungen der insgesamt 327 Teilnehmer der Befragung. Friedrichshafen liegt bundesweit auf Platz 24 von insgesamt 110 in der Kategorie der Städte zwischen
50 000 und 100 000 Einwohnern, im Landesvergleich auf Platz sieben von 15. Gegenüber dem letzten Test im Jahr 2018 hat sich Friedrichshafen in der Gesamtbewertung leicht verschlechtert – ein Trend, der sich seit 2014 fortsetzt.
Insgesamt haben es 164 Kommunen in Baden-Württemberg in die Auswertung des Fahrradklima-Tests geschafft – so viele wie nie zuvor. „Das Ergebnis zeigt, dass sich immer mehr Menschen mit dem Thema Radfahren und einer entsprechenden, sicheren Radinfrastruktur auseinandersetzen“, sagt die ADFCLandesvorsitzende Gudrun Zühlke.