Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Fast sieben Milliarden Euro Baukinderg­eld

Viele Familien hoffen auf den Zuschuss des Staates für ihr Eigenheim – Doch jetzt ist das Geld aufgebrauc­ht

- Von Theresa Münch

BERLIN (dpa) - Politisch ist es umstritten, doch in der Bevölkerun­g ein Renner: Mehr als 330 000 Familien haben sich in den vergangene­n zweieinhal­b Jahren mit dem Baukinderg­eld den Traum vom Eigenheim erfüllt. Damit sind bundesweit rund sieben Milliarden Euro aufgebrauc­ht, wie die Förderbank KfW mitteilte. Eine weitere Verlängeru­ng ist laut Innenminis­terium derzeit nicht geplant. Anträge können damit nur noch Familien stellen, die spätestens Ende März einen Kaufvertra­g unterschri­eben oder eine Baugenehmi­gung bekommen haben. Eine Zwischenbi­lanz des Projektes.

Die Idee

Das Baukinderg­eld soll es jungen Familien mit mittleren Einkommen leichter machen, ein Haus zu bauen oder eine Wohnung zu kaufen. Das soll den Mietwohnun­gsmarkt entlasten und für die Familien langfristi­g eine solide Altersvors­orge schaffen. Seit dem 18. September 2018 können Elternpaar­e und Alleinerzi­ehende die staatliche Förderung beantragen. Es gibt pro Kind 12 000 Euro, ausgezahlt in zehn Jahresrate­n zu 1200 Euro. Insgesamt stehen 9,9 Milliarden Euro zur Verfügung. Ist die Fördersumm­e verbraucht, soll sie Stand heute nicht aufgestock­t werden.

Die Voraussetz­ungen Baukinderg­eld bekommt man nur bis zu einem bestimmten zu versteuern­den Haushaltse­inkommen. Die Schwelle liegt für Familien mit einem Kind bis 90 000 Euro und steigt dann pro Kind um 15 000 Euro an. Um dies zu prüfen, bildet die KfW den Durchschni­tt der Einkommens­teuerbesch­eide der beiden Vorjahre – das können Eltern ausnutzen, die wegen einer Elternzeit vorübergeh­end geringere Einkommen versteuern mussten. Weitere Voraussetz­ungen: Man muss mit den Kindern selbst in dem Haus oder der Wohnung wohnen. Außerdem darf man die Immobilie nicht von direkten Verwandten wie Eltern oder Großeltern kaufen und die Familie darf keine andere Immobilie besitzen. Für genossensc­haftliches Wohnen gibt es kein Baukinderg­eld.

Die Anträge

Den Antrag stellt man innerhalb eines halben Jahres, nachdem man in sein neues Heim eingezogen ist. Letztmalig ist das am 31. Dezember 2023 möglich – allerdings nur, wenn die Verträge bis Ende März 2021 unterschri­eben waren oder der Bau bis dahin genehmigt war. Als die Internetse­ite für das Baukinderg­eld 2018 freigescha­ltet wurde, brach sie sofort unter dem Andrang der Familien zusammen. Inzwischen ist die Antragsflu­t deutlich abgeflacht.

Die Antragstel­ler

Die meisten Familien, die Baukinderg­eld beantragen, haben laut KfW ein oder zwei Kinder. In etwa der Hälfte der Fälle sind die Kinder noch keine vier Jahre alt, bei zwei Dritteln maximal sechs Jahre alt. Rund drei Viertel der Antragstel­ler haben als Familie ein Jahreseink­ommen von weniger als 50 000 Euro, die meisten sogar unter 40 000 Euro. Unter den Familien waren rund 45 200 aus BadenWürtt­emberg.

Ihre Häuser und Wohnungen Gebaut und gekauft wurde bisher etwas mehr in der Stadt als auf dem

Land: Rund 60 Prozent der Anträge wurden in städtische­n Regionen gestellt. In zwei von drei Fällen wurden bestehende Immobilien gekauft, in einem Drittel neu gebaut. Die Neubauquot­e jedoch steigt – auch, weil der Förderantr­ag erst nach Einzug in die Immobilie gestellt werden kann.

Die Wirkung – und die Kritik Die KfW ist zufrieden. „Aus unserer Sicht hat das Baukinderg­eld das Ziel erreicht. Es sollte jungen Familien mit niedrigem Einkommen helfen, Wohneigent­um zu erwerben“, heißt es bei der Förderbank. Landkreise und Verbände fordern deshalb eine Fortführun­g. Jeder Euro Baukinderg­eld kommt aus ihrer Sicht dem Wohnungsma­rkt zugute. Eine Familie, die eine Immobilie baue oder saniere, mache eine Mietwohnun­g frei. Doch die staatliche Förderung hat nicht nur Fans, Grüne und FDP etwa lehnen sie ab. „Statt Eigentum zu fördern, ist das Baukinderg­eld zum Preistreib­er geworden“, sagte FDPFraktio­nsvize Christian Dürr der dpa. Union und SPD gäben Unmengen an Steuergeld aus, ohne vorher über die Wirkung nachzudenk­en. Der Staat lege jungen Familien und Paaren beim Kauf eines Hauses oder einer Wohnung derzeit viele Steine in den Weg. Auch aus Sicht der Immobilien­branche macht das Baukinderg­eld Häuser, Wohnungen und Grundstück­e teurer – weil viele Verkäufer die Prämie auf den Verkaufspr­eis aufschlüge­n. Vor allem für Einund Zweifamili­enhäuser zogen die Preise nach Daten des Statistisc­hen Bundesamts im vergangene­n Jahr trotz Corona-Krise deutlich an – nicht nur in Großstädte­n, sondern auch auf dem Land.

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FOTO: LINO MIRGELER/DPA Im Südwesten haben mehr als 45 000 Familien Baukinderg­eld beantragt.

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