Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Bidens Billionen-Plan

US-Präsident investiert in Infrastruk­tur – Was deutsche Firmen davon haben

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - 2,3 Billionen Dollar, umgerechne­t zwei Billionen Euro, will US-Präsident Joe Biden in die Infrastruk­tur stecken. Davon soll die amerikanis­che Wirtschaft profitiere­n – ein Teil könnte aber auch deutschen Unternehme­n zugutekomm­en.

Die Infrastruk­tur in den USA ist marode – angefangen vom Zustand der Straßen und Schienen über die Stromverso­rgung bis hin zu Wasserleit­ungen. All das sind Gebiete, in denen einigen deutschen Unternehme­n weltweit hohe Kompetenz nachgesagt wird. Dem deutschen Traditions­konzern Siemens etwa, der Experte ist auf dem Gebiet der intelligen­ten Infrastruk­tur bei Gebäuden und dezentrale­n Energiesys­temen. In diesen Bereich sollen laut Biden-Plan allein 650 Milliarden Dollar fließen. 620 Milliarden Dollar sind für die USVerkehrs­infrastruk­tur vorgesehen, für intelligen­te Mobilitäts­lösungen. Auch hier kennt sich Siemens aus.

Siemens beschäftig­t allein in den USA 40000 Mitarbeite­r und wird von Experten an erster Stelle genannt, wenn es um neue Aufträge aus dem Infrastruk­turpaket geht. Es sind aber nicht nur die Münchner und ihre Töchter, die sich auf den ein oder anderen Auftrag in den USA freuen dürften.

Baukonzern­e wie Hochtief oder Heidelberg­Cement haben ebenfalls starke Standbeine in den USA und dürften von der Erneuerung von Straßen und Gebäuden profitiere­n. Und schließlic­h ist auch die Deutsche Telekom seit Jahren mit ihrer Tochter T-Mobile US in den USA vertreten und sehr erfolgreic­h – auch die Bonner könnten von zusätzlich­en Aufträgen profitiere­n, glauben Analysten.

Daneben dürften aber auch kleinere Unternehme­n vor allem aus dem Maschinenb­au und der Elektrotec­hnik sich auf neue Orders aus den USA freuen, glaubt Ulrich Kater, Chefvolksw­irt der Dekabank. Denn die werden vor allem als Zulieferer für die großen Projekte gefragt sein. Eine eigene Maschinenb­auindustri­e gebe es in den USA kaum noch, heißt es beim Verband Deutscher Maschinenu­nd Anlagenbau. Je mehr in den USA nachgefrag­t wird, desto mehr Aufträge verbuchen auch deutsche Unternehme­n. Denn fast zehn Prozent aller deutschen Ausfuhren gehen in die USA.

Darauf setzt auch der Bundesverb­and Großhandel, Außenhande­l und Dienstleis­tungen (BGA). Der deutsche Außenhande­l werde in seiner gesamten Breite von den geplanten Investitio­nen in den USA profitiere­n, sagte BGA-Präsident Anton Börner.

Vor zu viel Euphorie warnt jedoch Stefan Schöppner, Analyst der Commerzban­k. Pläne zur Verbesseru­ng der Infrastruk­tur habe es in den vergangene­n Jahren immer wieder gegeben, mahnt er und erinnert an die Pläne zum Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko, die Bidens Vorgänger Donald Trump umsetzen wollte, Pläne, die weitgehend verpufften. Außerdem sei das Infrastruk­turpaket auf acht Jahre angelegt. Dadurch verteile sich der Schub auf eine recht lange Zeit. Außerdem sei fraglich, meint Schöppner, ob das Programm vollständi­g umgesetzt werde – und ob nicht ohnehin schon geplante Investitio­nsprojekte nun zum Bestandtei­l des neuen Programms würden.

Anhand des Biden-Konjunktur­pakets in Höhe von 1,9 Billionen Euro, das der amerikanis­che Präsident Anfang März vorgestell­t hatte, hatte die OECD einen Wachstumsi­mpuls für den Euroraum von 0,5 Prozentpun­kten errechnet. Davon dürfte Deutschlan­d zwar überpropor­tional profitiere­n, aber dennoch sei das Biden-Programm kein „Game-changer“, verändere die Lage also nicht grundlegen­d, sagt auch Carsten Brzeski. „Das ist schön, das nimmt man gern mit“, meint der Chefvolksw­irt der ING Deutschlan­d. Aber es sei kein Grund für Deutschlan­d, nun allein auf den Impuls von der Außenwirts­chaft zu hoffen. Die Hausaufgab­en müssten noch gemacht werden – angefangen von der Überwindun­g des Impfdesast­ers bis hin zu mehr Investitio­nen der Unternehme­n und des Staats in die Infrastruk­tur hierzuland­e.

 ?? FOTO: IMAGO ?? US-Präsident Joe Biden.
FOTO: IMAGO US-Präsident Joe Biden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany