Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Holzskulptur erzählt vom Werden und Vergehen
Hubert Gaupp lädt zum Blick über die Hecke
MECKENBEUREN (hv) – Hubert Gaupp hat immer neben dem geliebten Brotberuf des Architekten seine künstlerischen Neigungen gepflegt, die sich im Berufsleben bändigen lassen mussten. Kein Wunder, dass der 83-Jährige seit seinem Unruhestand mit seinen lange schlummernden Ideen Wucher treiben kann. So auch mit seiner neuen, übermannshohen und doch so filigranen Holzskulptur aus Dachlatten und Kabelbindern.
Gaupp war immer ein Zeichner. Seit Jahren überraschte er mit Serien, die mit dem Zeichenstift auf einem Pad entstanden, oft Bilder mit nachdenklichen Begleitsätzen. Herrlich anregend waren seine Ausstellungen, die er in den letzten Jahren in Meckenbeuren zeigen konnte, ob im Kulturhaus am Gleis 1 oder in seiner leider wieder geschlossenen Galerie „gaupps art“.
Überraschend war jetzt wieder sein Ostergruß: Eine Faltkarte, die sein neuestes Objekt in meisterhaften Fotografien zeigt – das Ganze in einem Umschlag, der wie viele andere nicht ins Altpapier wandern darf, denn die gestaltete, markante Anschrift ist Kalligrafie pur. Eine Schrift, die zum Kunstwerk geworden ist.
„dachlatten halten dachplatten, kabelbinder halten kabel. beide sind in anwendung und kosten nur bedingt werthaltig, nahezu ‚wertlos‘. mein anliegen war, mit material von bedingter werthaltigkeit eine holzskuptur mit gestalterischer qualität zu schaffen“, schreibt er dazu. So ist in seinem Garten an der Stelle, wo ein angefaulter Baum weichen musste und eine Lücke hinterlassen hat, eine filigrane Skulptur entstanden, Wind und Wetter ausgesetzt. Die hellen Latten sind zu Linien geworden, zu Gedanken, die eine neue Form in dem Material gefunden haben, das der Mensch seit Urzeiten liebt: in Holz. Ein Material, das altert und schließlich vergeht. Die Idee wird zur Metapher für das, was Ostern ausmacht: Tod und Auferstehung. Vergehen, aus dem etwas Neues entstehen wird. Altes Holz ist bei vielen Künstlern beliebt, weil es eine Geschichte mitbringt, die dem Kunstwerk eine zusätzliche Dimension verleiht. Hier handelt es sich um frisches Holz, um Material, das eigentlich eine dienende Funktion erfüllt, im Verborgenen da ist. Durch den gestaltenden Künstler ist es zur Skulptur geworden. „Dies könnte die schwäbische Meinung widerlegen ,von nix kommt nix’“, schreibt Hubert Gaupp mit dem ihm eigenen hintergründigen Humor.