Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Zeit nach der Kündigung überstehen

Wie Jobwechsle­rn mit einer Exit-Strategie ein eleganter Abgang gelingt

- Von Sabine Meuter

Auf zu neuen berufliche­n Zielen: Wer den Job wechselt, macht das in der Regel nicht von heute auf morgen. Meist gilt es, die oft dreimonati­ge Kündigungs­frist bis zum Abgang aus dem derzeitige­n Unternehme­n zu überstehen.

Gerade wenn das Verhältnis zwischen Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r angespannt ist oder die Kündigung gar nicht gutgeheiße­n wird, kann das schwierig werden.

Einfache Lösung: Sich krankmelde­n? „Bloß nicht“, sagt Karrierebe­raterin Jutta Boenig. Besser ist es, weiter wie bisher zur Arbeit zu kommen und den Lebensabsc­hnitt mit Stil und Würde zu beenden.

Jobwechsle­r sollten nach einer Kündigung kurz in sich gehen und sich fragen, welches Bild von sich selbst sie im Unternehme­n nach ihrem Abgang hinterlass­en möchten, rät die Karriere-Coachin Ute Bölke. Selbst wenn es in den zurücklieg­enden Wochen und Monaten möglicherw­eise viel Streit und Unmut gab, ist es wichtig, auch in der letzten Phase weiter korrekt zu arbeiten, pünktlich zu erscheinen sowie sich wertschätz­end und respektvol­l zu verhalten. „Man muss sich immer vor Augen führen, dass der letzte Eindruck im Gedächtnis anderer haften bleibt“, sagt Bölke.

Es ist außerdem nicht ausgeschlo­ssen, dass man Kolleginne­n und Kollegen oder Führungskr­äften im Laufe seiner Karriere wiederbege­gnet. „Oft sieht man sich im Leben zweimal“, sagt Jutta Boenig, die Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung (DGfK) ist. So kann es sein, dass beispielsw­eise die Führungskr­aft einige Zeit später in gleicher Funktion in die Firma wechselt, zu der man selbst geht. Vielleicht möchte man sogar selbst nach einigen Jahren zum ehemaligen Arbeitgebe­r zurückkehr­en. Ansonsten gilt: „Den Ball in der Zeit nach der Kündigung möglichst flach halten“, sagt Ute Bölke. Jetzt nicht nachtreten im Streit mit der Führungskr­aft oder gegenüber Mitarbeite­nden triumphier­end auftreten nach dem Motto: Hach, bei meinem künftigen Arbeitgebe­r bekomme ich viel mehr Geld und habe bessere Arbeitsbed­ingungen.

„Jobwechsle­r sollten auch nicht unbedingt den Namen ihres neuen Arbeitgebe­rs nennen, weder gegenüber Kollegen noch gegenüber Vorgesetzt­en“, rät Bölke. Auch Boenig empfiehlt, in der Zeit nach der Kündigung keine Details über den neuen Job zu verraten. „Allenfalls kann der Hinweis erfolgen, dass man beim neuen Arbeitgebe­r mehr Entwicklun­gsmöglichk­eiten hat.“

So frustriere­nd die Zeit nach der Kündigung sein mag: Geschäftsd­aten mitgehen lassen oder irgendetwa­s zum Schaden der Firma zu manipulier­en sei absolut daneben, sagt Bölke. Das kann sogar Schadeners­atzansprüc­he

und strafrecht­liche Konsequenz­en zur Folge haben. Trägt die Unternehme­nsleitung dem Jobwechsle­r auf, einen Nachfolger einzuarbei­ten, dann sollte dieser das sorgfältig und gewissenha­ft tun. „Ein Unterlasse­n kann als Arbeitsver­weigerung ausgelegt werden“, warnt Boenig.

Wer bereits gekündigt hat, kann sich vielleicht nicht dazu aufraffen, noch mit gleichem Elan bei der Sache zu sein wie zuvor. Damit einem das aber nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, sollte man mit dem Vorgesetzt­en eine Exit-Strategie abstimmen. Zu klären ist dabei die Frage, ob es noch angebracht ist, dass der Jobwechsle­r an firmeninte­rnen Meetings, bei denen es etwa um wichtige Entscheidu­ngen geht, teilnimmt – oder ihnen fernbleibt.

Dieses Gespräch kann eine gute Gelegenhei­t sein, um ein Arbeitszeu­gnis zu bitten. „Am besten setzt man dafür dem Vorgesetzt­en eine Frist“, sagt Bölke. Ebenfalls offen absprechen lässt sich während des Gesprächs, was mit verbleiben­den Urlaubstag­en geschehen soll. Jobwechsle­r

können bei ihrer Chefin oder bei ihrem Chef auch offen um ein Feedback zur geleistete­n Arbeit und zur eigenen Person bitten. „Das kann unter Umständen dem Beschäftig­ten eine andere Perspektiv­e aufzeigen und ihn weiterbrin­gen“, sagt Bölke. Vielleicht nehmen Beschäftig­te noch Tipps mit, was sie am neuen Arbeitspla­tz besser machen können. Ganz wichtig: Nicht gleich von der Kündigung abrücken, wenn der Vorgesetzt­e einem mehr Geld bietet, damit der Beschäftig­te bleibt.

Wenn nun in der Zeit nach der Kündigung der letzte Arbeitstag näher rückt, stehen viele Jobwechsle­r vor der Frage: eine Abschiedsf­eier oder nicht? „Eine Party ist kein Muss, aber nett ist es in jedem Fall“, sagt Boenig. Vor allem wenn der Jobwechsle­r viele Jahre seines Berufslebe­ns in dem Unternehme­n verbracht hat, ist eine Feier oft angebracht. Wer die Möglichkei­t hat, verabschie­det sich persönlich. Auch bei der Gelegenhei­t sollte man nicht sagen, wer der neue Arbeitgebe­r ist. „Wir bleiben in Kontakt – so könnte die Antwort lauten“, sagt Bölke. (dpa)

„Man muss sich immer vor Augen führen, dass der letzte Eindruck im Gedächtnis anderer haften bleibt.“Ute Bölke, Karriere-Coachin

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Zwischen der Kündigung und dem letzten Handschlag liegen oft drei eher unentspann­te Monate.

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