Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Angst vor der Rolle rückwärts

Lockerung der Notbremse kommt für viele Häfler Einzelhänd­ler unerwartet

- Von Brigitte Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Unverhofft kommt oft: Dass das Prinzip „Click and Meet“seit Mittwoch im Bodenseekr­eis wieder gilt und dass damit das Einkaufen mit vorheriger Terminvere­inbarung wieder möglich geworden ist, das kam für viele Häfler Einzelhänd­ler doch recht unerwartet. Durch die kurzfristi­g entschiede­ne Lockerung der Notbremse war schnelles Handeln gefordert.

„Beim Blick auf die Homepage des Landkreise­s war am Dienstagab­end gegen 20 Uhr klar, dass wir am nächsten Tag öffnen dürfen“, sagt Sonja Trapp, Inhaberin von Sport Trapp. Am Mittwochm um 8.15 Uhr habe man dann eine entspreche­nde E-Mail vom Stadtmarke­ting bekommen. „Natürlich machen wir auf “, betont Sonja Trapp, spricht aber auch von einer „Personalka­tastrophe“und davon, dass man mit den Mitarbeite­rn mitfühle, die erst am Vorabend über ihren sehr kurzfristi­g notwendig gewordenen Einsatz informiert werden konnten. Man habe aber auch großes Verständni­s für die Kunden, die doch vielfach sehr verunsiche­rt seien. „Die Situation ist sehr zermürbend. Wir wissen einfach nicht, wo die Reise hingeht“, so Trapp.

Dass sich trotz der gebotenen Terminvere­inbarung bei „Click and Meet“ein spontanes Vorbeikomm­en für Kunden meist lohne, in dieser Einschätzu­ng ist sich Sonja Trapp mit Florian Sedlmeier einig. Auch der Inhaber des Active Camel Store und von Mode Cecil musste fix reagieren. „Über unsere WhatsappGr­uppe habe ich meine Mitarbeite­r am Dienstagab­end angefragt und wir haben uns abgesproch­en“, sagt er. Trotz allem müsse man auch Verständni­s mit den Behörden haben. „Auch sie haben es zurzeit nicht einfach“, meint Sedlmeier. „Wir haben einen gemeinsame­n Weg zu beschreite­n und müssen gesund wieder aus der Geschichte herauskomm­en.“

„Auch wir sind sehr irritiert“, gibt Michael Riethmülle­r, Geschäftsf­ührer von „Ravensbuch“, offen zu. Er habe erstmal lachen müssen, als er am späten Dienstagna­chmittag von der Möglichkei­t der Öffnung am Mittwoch erfahren habe. „Man muss die Einteilung der Mitarbeite­r planen, die Webseite umstellen, Kassen umbauen – das ist alles sehr aufwendig“, sagt Riethmülle­r und spart nicht mit Kritik an Politik und Verwaltung. „Es kann doch nicht sein, dass jeder Landkreis seine eigene Entscheidu­ng trifft und dass die jetzt verfügbare­n Inzidenzza­hlen ganz offensicht­lich damit zusammenhä­ngen, dass Gesundheit­sämter nicht in der Lage sind, am Wochenende vollständi­ge Daten zu übermittel­n“, moniert er. „Und in ein paar Tagen müssen wir dann wieder mit einer Rolle rückwärts rechnen.“

Die fehlende Planungssi­cherheit für Kunden und Personal bemängelt auch Christof Dell, Geschäftsf­ührer von Fränkel-Haushaltsw­aren. „Auch wir haben Angst, dass die nächste Schließung womöglich schon in ein paar Tagen wieder bevorsteht“, sagt er. Natürlich seien die Umsatzzahl­en im Falle von „Click and Meet“bedeutend höher als bei „Click and Collect“, aber in keiner Weise als „normal“zu bezeichnen. Die kurzfristi­ge Entscheidu­ng des Landratsam­ts habe dazu geführt, dass man am

Mittwoch im Grunde nur „Zufallskun­den“habe begrüßen können. Zum Glück habe man viele flexible und motivierte Mitarbeite­r, auf die man sich auch in diesen Zeiten verlassen könne, sagt Christof Dell.

„Wir können den Unmut der Händler verstehen“, so die die Aussage des Stadtmarke­tings. Man habe erst am Dienstag um 20 Uhr von der aktualisie­rten „Ampel“des Landratsam­ts erfahren und am nächsten Morgen gegen 8 Uhr einen Newsletter verschickt, wie Thomas Goldschmid­t und Carina Bonanno bestätigen. „Grundsätzl­ich ist es immer gut, wenn man die Läden öffnen kann, um so den Kontakt zur Kundschaft aufrechter­halten zu können“, so Goldschmid­t. „Und die Einzelhänd­ler können zeigen, dass sie ein funktionie­rendes Hygienekon­zept erstellt haben und nicht die Auslöser für steigenden Inzidenzen sind.“

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