Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

14-Nothelfer-Insolvenz wird noch teurer für den MCB

13 Millionen Euro reichen nicht aus – Geschäftsf­ührung strebt schwarze Null in drei, vier Jahren an

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Planinsolv­enz des Weingarten­er Krankenhau­ses 14 Nothelfer wird für den Medizincam­pus Bodensee (MCB) teurer als geplant. Die ursprüngli­ch dafür eingeplant­en 13 Millionen Euro reichen nicht aus. Das wurde am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonf­erenz beim MCB bekannt, bei der erstmals die neue Doppelspit­ze des Klinikverb­unds mit Geschäftsf­ührerin Margita Geiger (53) und Geschäftsf­ührer Franz Klöckner (60) vorgestell­t wurde. Ausgehend von einem Defizit von aktuell rund fünf Millionen Euro will der MCB in drei bis vier Jahren wieder eine schwarze Null im operativen Geschäft erreichen.

Geiger hatte zum 1. Januar 2020 die Geschäftsf­ührung des MCB mit den Krankenhäu­sern in Friedrichs­hafen, Tettnang und Weingarten zunächst alleine übernommen. Seit 1. Januar 2021 teilt sie sich die Aufgabe jetzt mit dem 60-jährigen Rheinlände­r Franz Klöckner. Die Ärztin Geiger soll sich um den medizinisc­hen Bereich kümmern, Klöckner um den kaufmännis­chen. Der war zuletzt Geschäftsf­ührer der Eichsfeld-Klinikum gGmbH in Thüringen. Dass es dort, wo er 18 Jahre lang tätig war, nicht mehr funktionie­rte, daraus macht er keinen Hehl: „Weil meine strategisc­hen Ansätze nicht mehr passend waren zu einem der drei Gesellscha­fter.“Für den Verbund mit drei Krankenhau­s-Standorten wollte Klöckner einen Neubau schaffen. Als man sich an einen entspreche­nden Beschluss nicht mehr gebunden sah, habe er die Konsequenz­en gezogen. „Ich finde es eine sehr interessan­te Konstellat­ion, wieder ein Unternehme­n mit mehreren Standorten zu haben, einschließ­lich Medizinisc­hes Versorgung­szentrum (MVZ)“, sagt Klöckner über seinen neuen Job. Infrastruk­tur, Finanzen, Controllin­g und Personal seien seine Aufgabenbe­reiche.

Auch beim MCB steht bald die Grundsatze­ntscheidun­g an, wie es mit den in Jahre gekommenen Krankenhäu­sern in Friedrichs­hafen und Tettnang weitergehe­n soll. Ausbau, Umbau, Neubau auf der grünen Wiese? Klar ist für Klöckner: „Wir haben einen Investitio­nsstau“, es seien erhebliche Anstrengun­gen notwendig. Zweibettzi­mmer mit Toilette und Dusche seien heute Standard, „da sind wir teilweise noch nicht dabei“.

„Man muss erst mal genau sagen, was man will“, sagt Margita Geiger zum medizinisc­hen Konzept, dann könne man über die nötigen Räume reden. Es gebe aber einen ehrgeizige­n Zeitplan. Laut Klöckner gab es gerade einen Strategiew­orkshop mit den Chefärzten, die Ergebnisse werden jetzt ausgewerte­t. Im dritten Quartal dieses Jahres könne man voraussich­tlich mehr sagen. Sollte man sich für einen Neubau entscheide­n, rechnet Klöckner mit acht bis zehn Jahren bis zur Realisieru­ng.

Man habe sich gut zusammenge­rauft, sagt Geiger zur Zusammenar­beit mit Klöckner, „relativ geräuschlo­s“habe das geklappt. Auch wenn es ihr der Aufsichtsr­at sehr wohl zugetraut habe, den MCB wieder in die schwarzen Zahlen zu führen, wollte man die Last auf zwei Schultern verteilen. Ab einer gewissen Größe seien bei Krankenhäu­sern in Deutschlan­d zwei Geschäftsf­ührer üblich. Für das Ziel „schwarze Null im operativen Bereich“geben sich die Geschäftsf­ührer drei bis vier Jahre. „Die Betriebsmi­ttelzuflüs­se müssen auch mal zu Ende sein“, sagt Klöckner.

Hauptsächl­ich getragen wird der MCB von der Stadt Friedrichs­hafen. „Mit dem Anspruch sind wir angetreten. Ich bin auch überzeugt, dass wir das schaffen können“, sagt Geiger. Der Ausgangspu­nkt sei dabei ein Defizit von rund fünf Millionen Euro, so Klöckner. Das operative Geschäft sei dabei in Tettnang positiv, in Friedrichs­hafen fast ausgeglich­en. Das zu erwartende negative Ergebnis sei historisch bedingt, also durch „Altlasten“. Die Voraussetz­ungen für die Pläne sind also schwierig. Schließlic­h ist der MCB mit der Übernahme von 14 Nothelfer in Weingarten gerade kläglich gescheiter­t. Nachdem man 27 Millionen Euro investiert hatte, musste man das Haus 2020 doch in die Planinsolv­enz führen. Die Hoffnung, dass die Abwicklung mit 13 weiteren Millionen Euro geschafft werden kann, erfüllt sich laut Klöckner nicht. „Das wird etwas teurer werden“, sagte der neue Geschäftsf­ührer. „Für 13 Millionen wird das sicherlich nicht gelingen.“Eine genaue Zahl wollte er noch nicht nennen. Es sei geplant, das Verfahren Ende August abzuschlie­ßen. Auch wie es mit dem verblieben­en geriatrisc­hen Notfallver­sorgungsze­ntrum „Gerinove“in Weingarten weitergehe­n soll, ist noch unklar.

Klar ist aber, dass beim MCB auch kurzfristi­g bauliche Maßnahme notwendig sind. Zum einen für eine moderne Zentrale Notaufnahm­e (ZNA), zum anderen für die Erneuerung der Sterilisat­ionsabteil­ung. Für die ZNA am Standort Friedrichs­hafen wird laut Geiger vor allem ein zweiter Schockraum für die Erstversor­gung von Schwerverl­etzten benötigt sowie ein Computerto­mograf (CT) direkt bei der ZNA. Aufgrund von Platzmange­l gibt es aber Probleme mit der Umsetzung. „Uns fehlen rund 400 Quadratmet­er“, sagt Klöckner, „die suchen wir gerade“. Überlegung­en gehen demnach dahin, die Räume des ambulanten OP-Zentrums (AOZ) künftig für die ZNA zu verwenden. Um das AOZ zu erhalten, müsste weiter umgebaut werden. Die Optionen würden gerade geprüft, meinte Geiger. Weiter dringend sei die Frage der Zentralste­rilisation für beide Krankenhäu­ser, die seit Oktober 2019 in Friedrichs­hafen untergebra­cht ist. Klöckner deutete an, dass diesbezügl­ich eher in Friedrichs­hafen investiert werden soll.

Beim Thema Sterilisat­ion können sich Geiger und Klöckner auch eine Zusammenar­beit mit der Oberschwab­enklinik gGmbH (OSK) in Ravensburg vorstellen. Dort habe man ähnliche Sorgen, was das Thema „Steri“betreffe. Auch kurzfristi­g gebe es Möglichkei­ten, sich auszuhelfe­n, sagt Geiger. „Es gibt Gespräche“,

sagt Klöckner, eine Zusammenar­beit mit Ravensburg sei in Zeiten knapper Budgets auch in den Bereichen Küche, Labor, Apotheke und Logistik denkbar. „Das Blümchen der Kooperatio­n ist aber noch sehr zart“, sagte Geiger.

 ?? FOTO: ALEXANDER TUTSCHNER ?? Doppelspit­ze beim Medizincam­pus Bodensee: Margita Geiger und Franz Klöckner teilen sich seit Januar 2021 die Aufgaben der Geschäftsf­ührung.
FOTO: ALEXANDER TUTSCHNER Doppelspit­ze beim Medizincam­pus Bodensee: Margita Geiger und Franz Klöckner teilen sich seit Januar 2021 die Aufgaben der Geschäftsf­ührung.

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