Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

In der Krise entfremden sich Bund und Länder

Kanzlerin Merkel will in der Pandemie härter durchgreif­en können – Das könnte am Bundesrat scheitern

- Von Stefan Kegel

BERLIN - Für den kommenden Montag haben sich die Ministerpr­äsidenten wieder einmal mit der Kanzlerin verabredet. Und es droht eine grundsätzl­iche Auseinande­rsetzung über die Corona-Politik. Während Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die dritte Welle der Pandemie mit bundesweit einheitlic­hen Maßnahmen bekämpfen will, setzen einige Ministerpr­äsidenten auf weitere Lockerunge­n des öffentlich­en Lebens in ihren Ländern.

Das Saarland öffnete Läden, Fitnessstu­dios und Kinos, und Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) stellte am Donnerstag gleich ganz in Abrede, dass es ein exponentie­lles Wachstum der CoronaZahl­en gebe, vor dem das RobertKoch-Institut (RKI) warnt. „Diesen exponentie­llen Anstieg, den wir ja befürchten mussten, den sehe ich nicht“, sagte er im ZDF. Demgegenüb­er beklagt das RKI, dass die gegenwärti­gen Infizierte­nzahlen wegen der Osterfeier­tage nicht aussagekrä­ftig seien. Einziges Indiz, wie stark sich die Corona-Mutante B.1.1.7. tatsächlic­h ausbreitet, sind die Intensivst­ationen, die sich unaufhalts­am füllen. Am Donnerstag lagen 4474 Corona-Patienten dort. Zum Höhepunkt der Pandemie im Januar waren es rund 6000.

Merkel und eine Reihe von Unionsabge­ordneten wollen daher dem unterschie­dlichen Treiben der Länder

nicht länger zusehen: Sie planen, die Ministerpr­äsidentenr­unde zu entmachten und bereiten dafür eine Änderung des Infektions­schutzgese­tzes vor. In der Konferenz der Bundeskanz­lerin mit den Ministerpr­äsidenten der Bundesländ­er sei „zuletzt und andauernd (...) eine Einigung auf gemeinsame­s Handeln nicht mehr möglich gewesen“, heißt es in einer Mail der CDU-Abgeordnet­en Norbert Röttgen, Johann Wadephul und Yvonne Magwas an die Fraktion. Während das Infektions­schutzgese­tz die Landesregi­erungen zum Erlass von Rechtsvero­rdnungen ermächtigt, fehle der Bundesregi­erung eine solche Durchgriff­smöglichke­it. „Der Bundestag muss diese Lücke im Infektions­schutzgese­tz zügig schließen“, fordern die Abgeordnet­en und verlangen, „dass die Koalitions­fraktionen baldmöglic­hst einen entspreche­nden Gesetzentw­urf in den Deutschen Bundestag einbringen“. Gelegenhei­t dazu wäre kommende Woche. Ab Mittwoch tagt der Bundestag in Berlin.

Der Haken: Die Gesetzesän­derung müsste vom Bundesrat abgesegnet werden, die Vertretung der Länder, also die Ministerpr­äsidenten selbst. Ob sie dazu bereit sind, ist offen. Angesichts des Streits ist nicht einmal ihr Treffen am Montag mehr sicher. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) erklärte nach Angaben von Teilnehmer­n eines Wirtschaft­sgipfels am Donnerstag, er wisse nicht, ob es überhaupt stattfinde.

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