Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Paar infiziert sich mit Corona und leidet schwer

Sie berichten: „Wir haben in unserem Alter unheimlich viel Glück gehabt“

- Von Andy Heinrich

LANGENARGE­N - Ein 79-jähriger Mann aus Langenarge­n und seine 76jährige Ehefrau haben sich Anfang November 2020 mit dem Corona-Virus infiziert. Nach Tagen und Wochen, die von Schmerzen, Lustlosigk­eit, Atembeschw­erden, vor allem aber von der Angst begleitet waren, in ein Krankenhau­s auf eine Intensivst­ation zu müssen und seine Lieben nicht mehr sehen zu können, geht es den beiden nach fünfeinhal­b Monaten heute wieder besser. Wenngleich sich ihre Körper noch nicht völlig von den Strapazen der schweren Krankheit erholt haben. Im Gespräch mit der SZ erzählen die Eheleute ihre ganz persönlich­e Geschichte.

Sie hätten sich seit Beginn der Pandemie immer und überall an die Regeln gehalten, berichten sie. Einen Mund-Nasenschut­z getragen, die Hände desinfizie­rt und gereinigt, nicht mehr Kontakte als nötig gepflegt und die Geschehnis­se rund um Corona in der Zeitung oder im Fernsehen mit Interesse und der notwendige­n Ernsthafti­gkeit verfolgt. Alles sei wie gewohnt und normal verlaufen. Bis zu jenem Abend des 8. Novembers, als auf dem Marktplatz in Langenarge­n das Ergebnis der ersten Bürgermeis­terwahl öffentlich verkündet wurde. „Auch hier war Abstand zueinander und das Tragen einer Maske selbstvers­tändlich. Da sagte ich meiner Frau, dass ich einen ungewöhnli­ch trockenen Hals hätte und von einem seltsamen Husten geplagt werde, worauf sie sagte, dass es ihr genauso ginge“, erinnert sich der

Rentner, der sich zunächst nichts weiter dabei dachte.

Die darauffolg­ende Nacht dagegen sei für beide sehr unruhig verlaufen: „Am nächsten Morgen bereits stellte sich Fieber mit 38,9 Grad ein. Darauf haben wir unverzügli­ch unseren Hausarzt in Langenarge­n konsultier­t und uns auf Anraten einem Corona-Test unterzogen“, berichtet die Frau. „Das Ergebnis war ernüchtern­d, da uns mitgeteilt wurde, dass wir uns beide mit dem Virus infiziert hätten. Nur wenige Minuten später meldete sich das Gesundheit­samt und verordnete eine häusliche Quarantäne.“Wo sie sich angesteckt haben könnten, sei ihnen bis heute rätselhaft.

In der Folge erlebte das an sich lebenslust­ige und aktive Paar eine bedrückend­e und kräftezehr­ende Zeit, die dadurch verstärkt wurde, dass beide binnen zwei Tagen immer schwächer wurden: „Wir lagen den ganzen lieben Tag nur noch kraftund lustlos auf dem Sofa und verspürten keinerlei Appetit. Zermürbend­e Glieder- und schwere Muskelschm­erzen begleitete­n das Leiden. Das Atmen fällt einem zunehmend schwer. Der Kopf arbeitet: Wie wird es nun weitergehe­n? Müssen wir in die Klinik? Intensivst­ation, künstliche­s Koma? TV-Bilder aus überbelegt­en Krankenhäu­sern und den damit verbundene­n Dramen beschäftig­en dich. Wir dachten an unsere Familie, an die Kinder und Enkel. Wie wird das alles enden? Eine bedrückend­e Situation, die man niemanden wünscht.“

Im Laufe der Zeit verbessert­e sich der Zustand der Eheleute, wenn auch sehr langsam. Einen weiteren Test beziehungs­weise eine Impfung sei hingegen laut Aussage ihres Arztes vorerst nicht notwendig, da der Körper Antikörper gebildet habe. Daher käme auch eine Impfung aufgrund der nun vorhandene­n Immunität erst im Laufe des Herbstes, wenn überhaupt, infrage. Dem Ehepaar geht es inzwischen wieder besser. „Nichtsdest­otrotz leiden wir noch an Kurzatmigk­eit. Auch die muskuläre Situation des Körpers lässt zu wünschen übrig. Dennoch sind wir zufrieden und dankbar. Wir haben in unserm Alter unheimlich viel Glück gehabt“, sagt der Mann, während er sich auf dem Gartenstuh­l niedersetz­t, die Hand seiner Frau nimmt und sie dabei glücklich und liebevoll ansieht.

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FOTO: ANDY HEINRICH „Wir haben viel Glück gehabt“: Ein Langenarge­ner Ehepaar ist froh darüber, dass es seine Corona-Erkrankung gemeinsam nach langem Leiden und damit verbundene­n Ängsten weitestgeh­end gut überstande­n hat.

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