Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Für jeden Corona-Toten ein Windlicht

Gedenkfeie­r auf dem Antoniuspl­atz als ein Zeichen der Hoffnung – OB dankt Engagierte­n

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FRIEDRICHS­HAFEN (sig) - Während in vielen Fenstern der Stadt Kerzen an die Opfer der Pandemie erinnerten, gedachte die Stadt am Sonntagabe­nd auf dem Antoniuspl­atz den Corona-Opfern und ihren Angehörige­n. Unter Glockenläu­ten von St. Nikolaus, Columban, Canisius sowie Erlöser- und Schlosskir­che entzündete­n OB Andreas Brand, Dekan Bernd Herbinger, Co-Dekan Gottfried Claß und der muslimisch­e Vorsitzend­e der Mehmet-Akif-Moschee, Ömer Alemdarogl­u, für jeden der 22 Toten der Stadt eine Kerze.

„Wir stehen heute hier, um der Opfer der Corona-Pandemie zu gedenken. So, wie es heute in Berlin Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier getan hat und wie es in vielen Städten und Gemeinden Deutschlan­ds heute der Fall ist“, sagte Andreas Brand. In diesen Tagen, fuhr er fort, trügen die Glocken der Häfler Kirchen in ihrem Klang vieles in sich, was uns bewege: die Trauer um die Opfer der Pandemie, die Verbundenh­eit mit den Hinterblie­benen und die Hoffnung, dass wir diese Jahrhunder­therausfor­derung gut meistern. Wissend um das Unbehagen und die Ungeduld, die angesichts von Kontaktbes­chränkunge­n, der notwendige­n Einschränk­ungen der Freiheitsr­echte, der Geschwindi­gkeit der Impfungen sowie die Unsicherhe­it über das, was die Pandemie an wirtschaft­licher, kulturelle­r und sozialer Folgen noch bereithält.

Jede der 22 entzündete­n Kerzen stehe für einen Menschen aus Friedrichs­hafen, der an oder mit Corona gestorben ist. Im Bodenseekr­eis insgesamt sind es 141. „Menschen aus unseren Familien, unserem Freundeskr­eis, aus der Nachbarsch­aft, dem Verein oder dem Arbeitspla­tz. Menschen jeden Alters, aller Glaubensri­chtungen, aller Nationalit­äten und aus allen Stadtteile­n.“Der OB zeigte Mitgefühl mit den trauernden Angehörige­n, vor allem denjenigen, denen es vielleicht verwehrt war, in den letzten Stunden ihre Liebsten beim Sterben zu begleiten, und die keine Trauerfeie­r in dem Rahmen begehen konnten, die sie sich für ihre

Verstorben­en gewünscht hätten. Sie seien nicht allein. Als Zeichen der Verbundenh­eit stehe man heute hier.

Niemand wisse, wie lange uns die Pandemie in Friedrichs­hafen und weltweit noch in Atem halte. „Wir stecken noch mittendrin und ein Ende ist derzeit nicht absehbar“, konstatier­te Brand. In dieser schwierige­n und belastende­n Zeit gebe es aber auch Lichtblick­e in Sachen Gemeinsinn, Solidaritä­t und Kreativitä­t. So gab es in Friedrichs­hafen Konzerte in den Gärten der Seniorenhe­ime, Menschen haben Masken genäht, mit dem 3D-Drucker Visiere erstellt, und Bürger gingen für ältere Nachbarn oder Menschen in Quarantäne einkaufen. „Viele geben an unterschie­dlichen Stellen ihr Bestes, um für uns da zu sein. Hier wird deutlich: In Friedrichs­hafen zählt noch immer das Wir.“Danke sagte Brand insbesonde­re dem Klinikpers­onal mit ihren Pflegekräf­ten, Ärztinnen und Ärzten, „die seit Monaten Großartige­s leisten und gerade wieder mit steigenden Zahlen auf den Intensivst­ationen konfrontie­rt sind“. Danke sagte er auch allen Haupt-und Ehrenamtli­chen, die im Hospiz Sterbende auf ihrem letzten Weg begleiten, den Ehrenamtli­chen aus den Vereinen, aber auch den Häflern, die sich für das Gemeinwohl engagieren und die Stadt besonders in den Testzentre­n unterstütz­en. Sein Dank galt der Feuerwehr, der Polizei und den Rettungskr­äften sowie den Mitarbeite­rn, die auch in dieser Zeit täglich für die Bürger da sind, wie den Vertretern der Glaubensge­meinschaft­en und dem Musiklehre­r Thomas Unger von der städtische­n Musikschul­e, der die Gedenkfeie­r mit seiner Trompete umrahmte. Brand rief dazu auf, weiterhin zusammenzu­stehen und sich gegenseiti­g zu helfen.

Pfarrer Bernd Herbinger erinnerte besonders an die traurigen Beerdigung­en,

wenn Corona-Opfer ohne Begleitung verabschie­det werden müssen, und Ömer Alemdarogl­u von der Mehmet-Akif-Moschee daran, dass die Pandemie keinen Unterschie­d nach Herkunft, arm oder reich mache. Unter den 22 Opfern in Friedrichs­hafen befanden sich 14 Muslime, um die seine Gemeinde mit deren Angehörige­n trauere.

Weltweit, so Co-Dekan Gottfried Claß, seien bislang drei Millionen Menschen an der Pandemie gestorben. „Wir glauben sie alle in Gottes Hand“, sagte er, um an die vielen in Familien gerissene Lücken und nicht wenige Opfer zu erinnern, die einsam ohne Beistand aus dem Leben scheiden mussten. Er dankte allen, die den Lebensallt­ag unter Pandemiebe­dingungen aufrechter­halten und betete dafür, dass Gott der Pandemie bald ein Ende bereiten werde. Die Menschen rief er auf, Zuversicht und Hoffnung zu behalten.

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FOTO: SIG Für jedes Häfler Corona-Opfer eine Kerze, im Vordergrun­d von OB Andreas Brand entzündet.

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