Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kabellose Stromversorgung von Autofähren per Induktion
Studierende der Hochschule Konstanz entwickeln System – Stadtwerke wollen es umsetzen
MEERSBURG (sz) - Die Autofähren zwischen Konstanz und Meersburg benötigen neben Antriebsenergie auch Strom, beispielsweise für Beleuchtung, Messinstrumente auf der Brücke und Bordgastronomie. Der hierfür benötigte Strom wird von einem Dieselgenerator an Bord erzeugt. Laut einer Pressemitteilung haben Studierende der Hochschule Konstanz auf Anregung der Stadtwerke Konstanz ein Konzept dafür entwickelt, wie die Bordstromversorgung lokal emissionsfrei per Induktion über die Fährbrücke erfolgen kann.
„Das ist gut durchdacht, smart und hat uns absolut überzeugt“, sagt Christoph Witte, Technischer Leiter der Stadtwerke-Fähren. Er kündigt an, das Konzept mit einer ersten Fähre umsetzen zu wollen. Derzeit würden noch die Fördergelder hierfür beantragt. „Es wird ein erster Baustein unserer Maßnahmen sein, CO2Emissionen im Fährbetrieb einzusparen“, erläutert er. „Der große Gedanke dahinter ist, die automatische Ladetechnologie für die Fähren der Zukunft zu entwickeln, das heißt vollelektrische Schiffe, bei denen während der kurzen Umschlagszeiten
die Akkumulatoren automatisch nachgeladen werden.“
Das Konzept der Studierenden sieht das Anbringen jeweils einer Induktionsplatte auf dem Landungssteg sowie auf dem Deck vor. So werde die kontaktlose Stromversorgung der Fähre direkt über die Landungsbrücke von der Anlandung bis zur Abfahrt möglich. „Das Vorgehen ist bestechend einfach und überzeugt durch seine hohe Sicherheit“, sagt Daniel Kirch, Projektleiter bei den Stadtwerken Konstanz. Die Stromversorgung ohne offenliegende elektrische Kontakte sei die Ideallösung in einer den Witterungseinflüssen ungeschützt ausgesetzten Umgebung. „Es gibt ohne Stecker und Buchsen keine offenen Kontakte, keinen Funkenüberschlag, keinen Kurzschluss“, zählt Maschinenbau-Student Tarek Sadek auf.
Die Positionierung sei unabhängig vom Pegelstand optimal, da sich die Fährbrücke dem Wasserstand anpasse. Zudem sei die Induktionsvorrichtung robust und von langer Lebensdauer, der Wartungsaufwand sowie die Ausfallwahrscheinlichkeit gering, betont Maschinenbau-Professor Peter Stein. „Die Stromversorgung per Induktion erfüllt die gesetzlichen Anforderungen, sodass gesundheitliche Gefahren ausgeschlossen sind“, bestätigt Professor Heinz Rebholz von der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik an der Hochschule Konstanz.
Acht Studierende der Fakultäten Maschinenbau sowie Elektrotechnik und Informationstechnik haben das Konzept entwickelt. Nach der Berechnung des Stromverbrauchs auf der Fähre galt es, die Voraussetzungen für das induktive Ladesystem zu definieren und es mit all seinen Parametern auszulegen. Auch die Verluste bei der Übertragung mussten abgeschätzt werden.
Parallel recherchierten die Studierenden Angebote am Markt. Unter anderem hatten sie die Stromzufuhr über Photovoltaikzellen auf dem Fährdach in Erwägung gezogen – was als Ergänzung der Stromversorgung nach wie vor vorstellbar sei.
„Die interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit
mit den Mitarbeitern der Stadtwerke war für alle Beteiligten eine Bereicherung. Die Studierenden lernten, das Thema durch verschiedene Brillen zu sehen“, so Rebholz. „Es war ein tolles Projekt. Wenn unsere Idee nun umgesetzt wird, freut mich das unglaublich“, sagt Student Tarek Sadek, der seine Bachelor-Arbeit zum Thema geschrieben hat.
Als Versuchsträger für den Dauertest eignet sich die Autofähre FS Meersburg. Die Energieversorgung dieser Fähre ist modular aufgebaut und verfüge über zwei getrennte Stromkreisläufe beziehungsweise
Dieselgeneratoren. So könne der Generator, der nicht mit dem Hauptantrieb verbunden ist, während der Liegezeit abgestellt werden.
Als nächster Schritt steht in Zusammenarbeit mit einem Industriepartner die Entwicklung einer geeigneten Induktionsplatte an.
Weitere Informationen zum Projekt sind in einem Kurzfilm auf der Webseite der Stadtwerke zu sehen:
●» www.stadtwerke-konstanz.de/
induktion