Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kressbronner Rat kippt Beschluss vom Februar
Im zweiten Anlauf deutliche Mehrheit für Fortschreibung des Regionalplans – Konsequenzen befürchtet
KRESSBRONN - Eine deutliche Mehrheit des Kressbronner Gemeinderats hat am Mittwoch die im Februar in dem Gremium beschlossene Ablehnung des fortgeschriebenen Regionalplans wieder kassiert und dem Plan doch noch zugestimmt. Kritik an dem „plötzlichen Gesinnungswandel“kam von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, deren Sprecher Klaus Oelfken damals den Ablehnungsantrag gestellt hatte und mit 10:9 Stimmen erfolgreich war. Er mutmaßte, durch die „Hintertür“künftig jede Abstimmung wieder umdrehen zu können.
Bürgermeister Daniel Enzensperger widersprach dem Vorwurf und erinnerte an das in der Gemeindeordnung (GO) verankerte Recht des Bürgermeisters, einem Beschluss seines Gemeinderats widersprechen zu können, wenn er ihn für rechtswidrig und/oder nachteilig für die Gemeinde hält.
Schon kurz nach der Ablehnung des Regionalplanes, so Enzensperger, sei bei einer Ratsmehrheit der Eindruck entstanden, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben (die SZ berichtete). Vor allem, nachdem in der Fortschreibung Kressbronner Wünsche im Plan berücksichtigt wurden und die Ablehnung beim Regionalverband den fahlen Geschmack hinterlassen habe, erst ein Vorhaben zu beantragen und anschließend die eigenen Wünsche abzulehnen. „Damit drücken wir keine Verlässlichkeit aus“, warb er um Zustimmung im zweiten Anlauf. „Wenn wir uns verweigern haben wir kein Mitspracherecht mehr“, befürchtete er.
Vor allem die Vertreter der Landwirtschaft hatten in der Februar-Sitzung Planungssicherheit und Rücksicht auf ihre Belange in der Fortschreibung vermisst. Das, hofft Dieter Mainberger (BWV), ist nun nach einigen Änderungen und Vorgaben geregelt. Mit dem jetzigen Beschlussvorschlag
könne er leben, bemerkte er. Hubert Bernhard (CDU) sieht ebenfalls jetzt „alles reingepackt“, was für die Landwirtschaft wichtig ist.
CDU-Fraktionschef Karl Bentele verteidigte die nochmalige Abstimmung, zu der man sich bei „näherem Hinsehen“des ablehnenden Beschlusses vom Februar entschlossen habe. Die Belange der Landwirtschaft aufzunehmen, sei wichtig und richtig, jetzt müsse dafür gesorgt werden, dass sie auch umgesetzt werden und es nicht bei Absichtserklärungen bleibe. Der Regionalverband sei „kein Feind der Gemeinden“, warf Hermann Wieland (CDU) den Grünen eine „gespaltene Zunge“ vor. Die von ihren Parteikollegen geführte Landesregierung habe schließlich die Vorgaben mit ihren zahlreichen Beschränkungen für die Landwirtschaft entwickelt, die der Regionalverband an der Basis umsetzen müsse. In der Februar-Sitzung des Gemeinderates habe man lange eine fruchtbare Diskussion geführt, bis der „demagogische Antrag“zur Ablehnung wie „aus der Hüfte geschossen“gestellt wurde. Fraktionschef Stefan Fehringer (BWV) verteidigte gegen die Grünen-Kritik die Kressbronner Entwicklung unter anderem bei den Themen Wohnungsbau und Gewerbeansiedlungen. Viele Betriebe im Ort suchten Erweiterungsmöglichkeiten, könnten sich flächenmäßig nicht weiterentwickeln.
Zuvor hatte Daniel Enzensperger daran erinnert, dass die Ablehnung der Regionalplanfortschreibung bedeutet hätte, dass sämtliche Planungen, die zugunsten und auf Wunsch der Gemeinde Eingang in die Fortschreibung gefunden haben, ebenfalls abgelehnt worden wären. Dies würde beispielsweise die Fläche des geplanten Bodan-Hotels oder die Gewerbefläche in den Gewannen Kapellenesch und Haslach betreffen. Um das Positive und die Kritikpunkte in der Regionalplanfortschreibung in Einklang zu bringen, votierte die Verwaltung für dessen Zustimmung. Allerdings lehnt man die Herausnahme
des regionalen Gewerbeschwerpunkts in den Bereichen Kapellenesch/Haslach ab. Gefordert wird gleichzeitig, die Vorrangflächen für Natur- und Landschaftsschutz flexibel zu halten, soweit diese auf Flächen liegen, die bisher der landwirtschaftlichen Produktion dienen und diese künftig beeinträchtigt würden.
Eine ablehnende Stellungnahme zur Regionalplanfortschreibung in seiner Gesamtheit könnte nach Befürchtungen der Verwaltung dazu führen, dass der Regionalverband die regionalen Grünzüge nicht – wie vorgesehen – von verschiedenen Flächen entfernt, also neu abgrenzt, wodurch eine weitere Entwicklung der Gemeinde ausgeschlossen würde.