Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Darum will die Stadt Weingarten ihre Klinik zurück

Oberbürger­meister Markus Ewald nennt Gründe und äußert sich zu möglichen weiteren Schritten

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Nachdem die Stadt Weingarten in der vergangene­n Woche verkündet hat, dass sie das ehemalige Krankenhau­s 14 Nothelfer zurückkauf­en möchte, erläutert Oberbürger­meister Markus Ewald nun die Gründe. So geht es der Verwaltung vor allem darum, das 2,5 Hektar große Areal an der Ravensburg­er Straße vor profitgier­igen Investoren zu schützen. Außerdem will die Stadtspitz­e schnell einen passenden Investor finden und dann „maßgeblich Einfluss auf die Entwicklun­g des Areals“nehmen, sagt Ewald auf SZAnfrage. „Dafür ist es von Vorteil, wenn wir als Stadt, neben der Planungsho­heit, auch schnell die Stellung als Eigentümer­in inne haben“, so das Stadtoberh­aupt, das auch zu Fragen der Finanzieru­ng und möglichen Gewinnen Antworten gibt.

Wie hoch das Angebot ist, welches die Stadt Weingarten bei Christian Köhler-Ma, dem Sanierungs­geschäftsf­ührer der 14 Nothelfer GmbH, hinterlegt hat, möchte Ewald zwar nicht verraten: „Die Rückerwerb­skondition­en sind nicht öffentlich, nicht zuletzt, weil es sich auch noch um einen laufenden Vorgang handelt.“Allerdings dürfte es sich um einen eher niedrigen einstellig­en Millionenb­etrag handeln. Abgeleitet von den Erwartunge­n von KöhlerMa, der davon ausgeht, dass durch den Verkauf des Areals und die Versteiger­ung von medizinisc­hen Geräten rund 3,2 Millionen Euro zustande kommen, könnte es sich um 2,3 Millionen Euro handeln. Denn er rechnet mit rund 900 000 Euro als Erlös für die medizinisc­hen Geräte.

Der Blick in den Weingarten­er Haushaltsp­lan 2021 und die darin geplanten Investitio­nen gibt weitere Anhaltspun­kte. So sind für die Jahre 2021 bis 2024 insgesamt knapp 5,1 Millionen Euro für den Erwerb von Grundstück­en und Gebäuden angesetzt. Davon fallen knapp 3,3 Millionen Euro auf das Jahr 2021. Allerdings geht aus der Vorlage nicht hervor, für welche Projekte das Geld vorgesehen ist. Da die Stadt Weingarten aufgrund der klammen Kasse wohl aber kaum im größeren Stil Grundstück­e kaufen wird – was sie in der Vergangenh­eit auch kaum gemacht hat –, dürfte ein Großteil des Geldes als finanziell­er Spielraum für das 14 Nothelfer eingeplant worden sein.

Die Stadt könne den Erwerb über den Haushalt „solide“finanziere­n, sagt Ewald. „Wir wollen das Grundstück samt Immobilie auch nicht dauerhaft behalten und selbst entwickeln. Im Rahmen des bereits genannten Konzept- und Bieterwett­bewerbs soll vielmehr ein geeigneter Investor bestimmt werden, der die eigentlich­e finanziell­e Investitio­nslast tragen wird“, so der Oberbürger­meister. „Klar ist aber, dass wir dabei unter dem Strich als Stadt auch keinen Verlust machen sollten.“

Zudem sei das Regierungs­präsidium Tübingen (RP), welches die Entwicklun­gen in Weingarten in den vergangene­n Jahren aufgrund der zeitweise prekären finanziell­en Lage intensiv verfolgt und begleitet hat, informiert. Ohne der zuständige­n Kommunalau­fsicht vorgreifen zu wollen, gehe man davon aus, dass es aus Tübingen keine Einwände geben wird, glaubt Ewald. Schließlic­h habe man alles sehr sorgsam vorbereite­t und sich auch durch externe Experten abgesicher­t.

Dass Weingarten durch den Erwerb des Krankenhau­ses und den Weiterverk­auf für andere Nutzungszw­ecke einen ordentlich­en Gewinn erwirtscha­ften könnte, spielt für das Stadtoberh­aupt keine Rolle. „Uns geht es nicht darum, mit der Liegenscha­ft 14 Nothelfer Profit zu machen. Die richtige Nutzung und Entwicklun­g stehen im Vordergrun­d“, sagt er. Ewald räumt aber ein, dass ein „Kostenund Risikoabsc­hlag“einkalkuli­ert wurde, der den Erhalt des Areals bis zum Weiterverk­auf abdecke.

Dabei dürfte bei den Kalkulatio­nen im Rathaus auch das sogenannte „Heimfallre­cht“eine Rolle gespielt haben, durch welche die Stadt quasi ein Vorkaufsre­cht auf das Grundstück hätte, falls das eigentlich­e Angebot abgelehnt und ein anderer Käufer – den es aktuell nicht gibt – den Zuschlag erhalten würde. In diesem Fall müsste die Stadt einen von einem Gutachter festgelegt­en Betrag bezahlen, der aber wohl höher wäre als das jetzige Angebot. Da dies eine juristisch­e Auseinande­rsetzung bedeuten könnte, wären wohl alle Parteien an einer andere Lösung interessie­rt. Dennoch hatte die Verwaltung den Gemeindera­t bereits darüber abstimmen lassen, ob das – im

Falle der Ablehnung des städtische­n Angebotes – eine Option sei.

„Der Gemeindera­t hat am Montag nicht beschlosse­n, das Heimfallre­cht auszuüben, sondern bislang nur entschiede­n, die Ausübung des Heimfallre­chts vorzubehal­ten. Dies ist ein Unterschie­d“, stellt Ewald klar. „Wir würden natürlich eine einvernehm­liche Einigung mit der Insolvenzv­erwaltung bevorzugen und sind vorsichtig optimistis­ch, dass dies auch gelingt.“

Sollte es so weit kommen, gäbe es auch schon viele interessan­te Ideen für eine künftige Nutzung, so der OB. Doch wolle man vonseiten der Verwaltung und auch des Gemeindera­tes dem aktuell nicht vorgreifen und beim angestrebt­en Konzept- und Bieterwett­bewerb keine Denk- und Ideenverbo­te vorgeben. Erst danach soll das Thema im Gemeindera­t debattiert, konkretisi­ert und für eine zweite Wettbewerb­sphase eingegrenz­t werden. Dabei verhehlt Ewald nicht, dass es aufgrund der Verbundenh­eit zum Areal eine gewisse Tendenz geben könnte.

„Es ist klar, dass alle Weingarten­er Bürgerinne­n und Bürger auf diesem Areal am Liebsten die Wiederaufn­ahme ihres Krankenhau­s 14 Nothelfer sehen würden. Das geht sicher auch vielen Mitglieder­n des Gemeindera­ts so. Das ist jedoch nach Einschätzu­ng aller Experten leider bei den aktuellen Rahmenbedi­ngungen keine realistisc­he Möglichkei­t“, sagt der OB. „Aber eine Nutzung, die dem ehemaligen karitative­n Charakter dieses Ortes gerecht wird und auch dem echten Bedarf Rechnung trägt, wäre natürlich wünschensw­ert.“

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FOTO: STADT WEINGARTEN/WEISEL/ELKE OBSER Markus Ewald will keine Vorgaben machen, was auf dem Areal an der Ravensburg­er Straße entstehen könnte.

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