Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
So wehrt man sich gegen Flyer von Corona-Leugnern
Die Flugblätter muss man laut Verbraucherzentrale nicht einfach hinnehmen
BIBERACH/STUTTGART (cm) - Susanne Burkhardt (Name geändert) ist genervt. Immer wieder landen Flyer in ihrem Briefkasten, auf denen die Verfasser die Gefährlichkeit des Coronavirus oder die Wirksamkeit von Impfstoffen anzweifeln. „Was die Großkoalition verheimlicht: Eventuell sind alle Covid-Impfungen krebserregend“steht dort beispielsweise.
Oft sind die Flyer professionell gestaltet, zeigen emotionalisierende Bilder und Grafiken und verweisen auf seriöse Quellen wie das RobertKoch-Institut (RKI). Auf manchen werden ein Verein mitsamt der Postanschrift als Herausgeber angegeben, die Vorsitzenden mit Foto und Professorentiteln abgebildet. Letzteres sind allerdings häufig Zusammenschlüsse wie der Verein „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie“(MWGFD), deren Vorsitzende die bekannten Corona-Verharmloser Sucharit Bhakdi und Stefan Homburg sind. Burkhardt bemerkt dies und möchte gegen die Flyer vorgehen. Sie hat ein Schild mit der Aufschrift „Keine Werbung“an ihrem Briefkasten kleben und bringt dort nun den Zusatz „gilt auch für Coronaleugner“an – erfolglos. „Auch nach einem Jahr erhalte ich weiter diese Flyer“, berichtet die Biberacherin. Ihre Nachbarn seien ebenfalls betroffen.
Müssen Verbraucher wie Susanne Burkhardt Werbung von Coronaleugnern und Impfgegnern hinnehmen? Generell sind „unerwünschte Postzustellungen“nicht strafbar, sofern sie inhaltlich nicht strafbar sind, sagt Wolfgang Jürgens von der Polizei in Ulm. Heißt: Alles, was keine Beleidigung oder Volksverhetzung ist, fällt unter den Begriff der Meinungsfreiheit und ist deshalb legal. Trotzdem haben Anwohner Möglichkeiten, gegen die Flyer vorzugehen. „Wenn ein Aufkleber den Einwurf von Werbung verbietet, darf auch keine Werbung in den Briefkasten geworfen werden“, erklärt Niklaas Haskamp von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wenn die Verteiler dies w missachten, kann sich der unfreiwillige Empfänger zu Wehr setzen. Ratsam ist es dabei zunächst, wenn er sich per Einschreiben an die Herausgeber der Flyer wendet. Susanne Burkhardt tut dies und fordert die Herausgeber, deren Adresse sie über das Impressum erfährt, auf, die Einwürfe sein zu lassen. Doch auf manchen Flugblättern steht keine Adresse. Burkhardt hebt die Flyer deshalb auf und informiert die Verbraucherzentrale. Diese sammelt die Fälle von unerwünschter Werbung und prüft sie. Bei einer erheblichen Anzahl von Fällen kann sie ein Abmahnverfahren gegen den Herausgeber der Flyer einleiten.
Daneben haben Empfänger die Möglichkeit, die Herausgeber selbst abzumahnen und gegebenenfalls zu verklagen. Welchen Weg man letztlich wählt – in jedem Fall steht Briefkasten-Eigentümern laut Paragraph 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein „Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch“zu, sagt Haskamp. „Solche Einwürfe muss man daher schlicht nicht dulden.“