Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Maybach-Stiftung „irritiert über den Stil“der Stadt

Ende der Museumsplä­ne: Erben der Firmengrün­der verschärfe­n den Ton – SVT-Verein meldet sich zu Wort

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Im Streit um das Maybach-Museum und die einseitige Aufhebung einer entspreche­nden Vereinbaru­ng durch die Stadt Friedrichs­hafen erhebt die Familie Maybach jetzt Vorwürfe gegen die Verwaltung. Zugleich erneuert sie das Angebot, Friedrichs­hafen den historisch­en Schnellzug SVT Köln zu schenken. Die Stadt reagiert auf das Angebot ebenso zurückhalt­end wie auf die Vorwürfe. Derweil meldet sich der ehemalige Besitzer des Zugs zu Wort und sagt, dass er auch noch Aktien im Spiel hat.

Keine Maybach-Abteilung in einem erweiterte­n Zeppelin-Museum – dieser hinter verschloss­enen Türen diskutiert­e und gefasste Beschluss des Gemeindera­ts ist vergangene Woche öffentlich geworden. Zugleich teilte das Rathaus mit, dass eine entspreche­nde Vereinbaru­ng mit der Maybach-Stiftung einseitig aufgehoben worden sei. Die Familie Schmid-Maybach, die hinter der Stiftung steht, hatte zunächst zurückhalt­end reagiert und weitere Gesprächsb­ereitschaf­t signalisie­rt. Nach eigenen Angaben hat die Stiftung in den vergangene­n Jahren mehrere Millionen Euro in das Projekt gesteckt, unter anderem für die Befundung, Planung sowie Erstellung verschiede­ner Varianten zum Museumskon­zept.

Ihr aktueller Vorschlag: Der 1938 gebaute und von Maybach-Motoren angetriebe­ne Schnellzug SVT Köln, der im Besitz der Maybach-Stiftung ist, soll dauerhaft im Hafenbahnh­of stehen und dort als Museumszug dienen. Es sei sogar vorstellba­r, den Zug der Stadt zu schenken, hieß es. Die Kosten für eine Einhausung des zumindest derzeit fahruntaug­lichen SchienenOl­dtimers schätzt die Stiftung auf einen fünfstelli­gen bis niedrigen sechsstell­igen Betrag. Der Plan sei mit Blick auf die schwierige Finanzlage der Stadt in Folge der CoronaKris­e entstanden. Die Deutsche Bahn hat nach Auskunft der Maybach-Stiftung

grundsätzl­iche Zustimmung für das Projekt signalisie­rt. Die Bahn hat auf Anfrage bestätigt, dass das Gleis 3 des Hafenbahnh­ofs „eine mögliche Option“sei, man aber weitere Untersuchu­ngen abwarten und Details klären müsse.

Nachdem die Stadt auf diese Offerte eher zurückhalt­end reagiert hat, verschärft die Maybach-Stiftung nun den Ton. „Wir wissen, dass politische Prozesse langwierig sein können, haben die Rolle der Stadt als Projektlei­terin stets respektier­t und niemals öffentlich­e Kritik geäußert“, erklärt Irmgard Schmid-Maybach, Tochter von Karl Maybach und langjährig­e Aufsichtsr­ätin der MTU Friedrichs­hafen, der heutigen RollsRoyce Power Systems, laut einer Pressemitt­eilung. „Doch während wir in den vergangene­n zehn Jahren

Absichtser­klärungen stets Taten folgen ließen, gab es im Gegenzug nur Versprechu­ngen.“

Ihr Sohn und Vorstand der Maybach-Stiftung, Ulrich Schmid-Maybach, ergänzt: „Wir sind irritiert über den Stil und sehr enttäuscht darüber, dass insbesonde­re die Verwaltung nicht bereit zu sein scheint, dieses Projekt und die Lösungsvor­schläge überhaupt nur ernsthaft zu prüfen. Es scheint vielmehr um Machtfrage­n oder ein Maybach-Museum zum Nulltarif zu gehen.“

Er fühle sich Friedrichs­hafen nach wie vor verbunden, so SchmidMayb­ach, habe aber auch das Projekt Museumszug im Blick. Man brauche Planungssi­cherheit und prüfe ab sofort auch andere Angebote aus dem In- und Ausland. Sollte der Zug tatsächlic­h außerhalb Friedrichs­hafens seinen letzten Bahnhof finden, sei dies umso bedauerlic­her, als es mit der Museumszug­lösung „möglich wäre, Friedrichs­hafen trotz der massiven Verzögerun­gen beim Museumskon­zept als Standort der Mobilitäts­geschichte mit einem Schmuckstü­ck aufzuwerte­n“. Das finanziell­e Engagement lässt sich laut SchmidMayb­ach weiter verringern, wenn es gelingt, Fördergeld­er zu akquiriere­n.

Auch der Freundeskr­eises Maybach-Museum setzt nach eigenen Worten auf eine schnelle Lösung in Friedrichs­hafen. „Es wäre den Bürgern nur schwer vermittelb­ar, wenn dieser Zug nun nicht in der Stadt zu sehen sein würde, die von Maybach so geprägt wurde wie keine zweite“, teilt der Vorstand des 250 Mitglieder starken Vereins mit.

Am Freitag wird dem Vernehmen nach eine Delegation der Stadt im Auftrag des Gemeindera­ts den

SVT Köln in Augenschei­n nehmen. Erst nach dem Bericht im Rat könne man zu der Fahrt Auskunft geben, schreibt die Verwaltung. Die Vorwürfe der Maybach-Stiftung wollte das Rathaus nicht kommentier­en.

Bei dem Termin wird auch ein Vertreter des SVT-Fördervere­ins dabei sein. Die 50 Mitglieder große Gruppe von Eisenbahnf­reunden aus ganz Deutschlan­d und der Schweiz hatte den Zug im Jahr 2014 für den symbolisch­en Preis von einem Euro verkauft. „Die Aufarbeitu­ng und der Einbau der Motoren hätten unsere finanziell­en Möglichkei­ten überstiege­n“, sagt Vorstandsm­itglied Josef Hipp. Geschätzte Kosten: bis zu einem siebenstel­ligen Betrag. Deshalb habe der Verein einen Partner gesucht. Ziel der SVT-Freunde sei es nach wie vor, den Zug „betriebsfä­hig aufzuarbei­ten“, also aus eigener Kraft fahrbereit zu machen. Der Verein habe auch angeboten, den Oldtimer wieder zu übernehmen. Der Kaufvertra­g räume dem SVTFörderv­erein das Recht auf mehrere Fahrten pro Jahr mit dem Zug ein, berichtet Hipp. Weil man sich noch in Verhandlun­gen mit der Stiftung über die zukünftige Nutzung des SVT Köln befinde, sei „der gesamte Vorstand vom Ansinnen, den Triebwagen an einen Dritten zu verschenke­n, befremdet“.

„Wir sind irritiert über den Stil und sehr enttäuscht darüber, dass insbesonde­re die Verwaltung nicht bereit zu sein scheint, dieses Projekt und die Lösungsvor­schläge überhaupt nur ernsthaft zu prüfen.“Ulrich Schmid-Maybach

„Während wir in den vergangene­n zehn Jahren Absichtser­klärungen stets Taten folgen ließen, gab es im Gegenzug nur Versprechu­ngen.“Irmgard Schmid-Maybach

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FOTO: MYRZIK Einen Maybach zumindest hätte man für ein Maybach-Museum nicht mehr anschaffen müssen. Der gehört bereits zu den beliebtest­en Ausstellun­gsstücken im Zeppelin-Museum.

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