Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Maybach-Stiftung „irritiert über den Stil“der Stadt
Ende der Museumspläne: Erben der Firmengründer verschärfen den Ton – SVT-Verein meldet sich zu Wort
FRIEDRICHSHAFEN - Im Streit um das Maybach-Museum und die einseitige Aufhebung einer entsprechenden Vereinbarung durch die Stadt Friedrichshafen erhebt die Familie Maybach jetzt Vorwürfe gegen die Verwaltung. Zugleich erneuert sie das Angebot, Friedrichshafen den historischen Schnellzug SVT Köln zu schenken. Die Stadt reagiert auf das Angebot ebenso zurückhaltend wie auf die Vorwürfe. Derweil meldet sich der ehemalige Besitzer des Zugs zu Wort und sagt, dass er auch noch Aktien im Spiel hat.
Keine Maybach-Abteilung in einem erweiterten Zeppelin-Museum – dieser hinter verschlossenen Türen diskutierte und gefasste Beschluss des Gemeinderats ist vergangene Woche öffentlich geworden. Zugleich teilte das Rathaus mit, dass eine entsprechende Vereinbarung mit der Maybach-Stiftung einseitig aufgehoben worden sei. Die Familie Schmid-Maybach, die hinter der Stiftung steht, hatte zunächst zurückhaltend reagiert und weitere Gesprächsbereitschaft signalisiert. Nach eigenen Angaben hat die Stiftung in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Euro in das Projekt gesteckt, unter anderem für die Befundung, Planung sowie Erstellung verschiedener Varianten zum Museumskonzept.
Ihr aktueller Vorschlag: Der 1938 gebaute und von Maybach-Motoren angetriebene Schnellzug SVT Köln, der im Besitz der Maybach-Stiftung ist, soll dauerhaft im Hafenbahnhof stehen und dort als Museumszug dienen. Es sei sogar vorstellbar, den Zug der Stadt zu schenken, hieß es. Die Kosten für eine Einhausung des zumindest derzeit fahruntauglichen SchienenOldtimers schätzt die Stiftung auf einen fünfstelligen bis niedrigen sechsstelligen Betrag. Der Plan sei mit Blick auf die schwierige Finanzlage der Stadt in Folge der CoronaKrise entstanden. Die Deutsche Bahn hat nach Auskunft der Maybach-Stiftung
grundsätzliche Zustimmung für das Projekt signalisiert. Die Bahn hat auf Anfrage bestätigt, dass das Gleis 3 des Hafenbahnhofs „eine mögliche Option“sei, man aber weitere Untersuchungen abwarten und Details klären müsse.
Nachdem die Stadt auf diese Offerte eher zurückhaltend reagiert hat, verschärft die Maybach-Stiftung nun den Ton. „Wir wissen, dass politische Prozesse langwierig sein können, haben die Rolle der Stadt als Projektleiterin stets respektiert und niemals öffentliche Kritik geäußert“, erklärt Irmgard Schmid-Maybach, Tochter von Karl Maybach und langjährige Aufsichtsrätin der MTU Friedrichshafen, der heutigen RollsRoyce Power Systems, laut einer Pressemitteilung. „Doch während wir in den vergangenen zehn Jahren
Absichtserklärungen stets Taten folgen ließen, gab es im Gegenzug nur Versprechungen.“
Ihr Sohn und Vorstand der Maybach-Stiftung, Ulrich Schmid-Maybach, ergänzt: „Wir sind irritiert über den Stil und sehr enttäuscht darüber, dass insbesondere die Verwaltung nicht bereit zu sein scheint, dieses Projekt und die Lösungsvorschläge überhaupt nur ernsthaft zu prüfen. Es scheint vielmehr um Machtfragen oder ein Maybach-Museum zum Nulltarif zu gehen.“
Er fühle sich Friedrichshafen nach wie vor verbunden, so SchmidMaybach, habe aber auch das Projekt Museumszug im Blick. Man brauche Planungssicherheit und prüfe ab sofort auch andere Angebote aus dem In- und Ausland. Sollte der Zug tatsächlich außerhalb Friedrichshafens seinen letzten Bahnhof finden, sei dies umso bedauerlicher, als es mit der Museumszuglösung „möglich wäre, Friedrichshafen trotz der massiven Verzögerungen beim Museumskonzept als Standort der Mobilitätsgeschichte mit einem Schmuckstück aufzuwerten“. Das finanzielle Engagement lässt sich laut SchmidMaybach weiter verringern, wenn es gelingt, Fördergelder zu akquirieren.
Auch der Freundeskreises Maybach-Museum setzt nach eigenen Worten auf eine schnelle Lösung in Friedrichshafen. „Es wäre den Bürgern nur schwer vermittelbar, wenn dieser Zug nun nicht in der Stadt zu sehen sein würde, die von Maybach so geprägt wurde wie keine zweite“, teilt der Vorstand des 250 Mitglieder starken Vereins mit.
Am Freitag wird dem Vernehmen nach eine Delegation der Stadt im Auftrag des Gemeinderats den
SVT Köln in Augenschein nehmen. Erst nach dem Bericht im Rat könne man zu der Fahrt Auskunft geben, schreibt die Verwaltung. Die Vorwürfe der Maybach-Stiftung wollte das Rathaus nicht kommentieren.
Bei dem Termin wird auch ein Vertreter des SVT-Fördervereins dabei sein. Die 50 Mitglieder große Gruppe von Eisenbahnfreunden aus ganz Deutschland und der Schweiz hatte den Zug im Jahr 2014 für den symbolischen Preis von einem Euro verkauft. „Die Aufarbeitung und der Einbau der Motoren hätten unsere finanziellen Möglichkeiten überstiegen“, sagt Vorstandsmitglied Josef Hipp. Geschätzte Kosten: bis zu einem siebenstelligen Betrag. Deshalb habe der Verein einen Partner gesucht. Ziel der SVT-Freunde sei es nach wie vor, den Zug „betriebsfähig aufzuarbeiten“, also aus eigener Kraft fahrbereit zu machen. Der Verein habe auch angeboten, den Oldtimer wieder zu übernehmen. Der Kaufvertrag räume dem SVTFörderverein das Recht auf mehrere Fahrten pro Jahr mit dem Zug ein, berichtet Hipp. Weil man sich noch in Verhandlungen mit der Stiftung über die zukünftige Nutzung des SVT Köln befinde, sei „der gesamte Vorstand vom Ansinnen, den Triebwagen an einen Dritten zu verschenken, befremdet“.
„Wir sind irritiert über den Stil und sehr enttäuscht darüber, dass insbesondere die Verwaltung nicht bereit zu sein scheint, dieses Projekt und die Lösungsvorschläge überhaupt nur ernsthaft zu prüfen.“Ulrich Schmid-Maybach
„Während wir in den vergangenen zehn Jahren Absichtserklärungen stets Taten folgen ließen, gab es im Gegenzug nur Versprechungen.“Irmgard Schmid-Maybach