Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Keine Quarantäne für Geimpfte: Was das bedeutet
Menschen mit vollständigem Impfschutz müssen nach Einreise nicht in Quarantäne – in Österreich schon
LINDAU - Alexander Pfaff, Chef der Lindauer Grenzpolizei, hat am Mittwochmorgen viel zu organisieren. Ministerpräsident Markus Söder hat am Dienstag die Quarantänepflicht für vollständig Geimpfte aufgehoben. In der Theorie können geimpfte Nachbarn aus Vorarlberg jetzt wieder ohne Einschränkungen nach Lindau kommen. In der Praxis ist aber mal wieder alles viel komplizierter. Denn in Österreich gibt es diese Regel noch nicht. Wer einfach zum Shopping nach Lindau kommt, dem bleibt eine Quarantäne trotz der neuen Lockerung nicht erspart.
„Wer zweimal geimpft ist, muss ab morgen keine Tests mehr vorlegen“, sagte Markus Söder nach der Kabinettssitzung am Dienstag. Das bedeutet, dass Geimpfte ab sofort zum Beispiel keinen negativen Corona-Test mehr brauchen, wenn sie zum Terminshopping in ein Geschäft möchten. In dieser Hinsicht sind vollständig Geimpfte in Bayern negativ Getesteten ab sofort gleichgestellt. Vollständigen Impfschutz hat per Definition, wessen Zweitimpfung länger als zwei Wochen her ist.
Wer Kontakt zu einem positiv Getesteten hatte, muss in Bayern außerdem nicht mehr in Quarantäne, wenn er denn vollständig geimpft ist. Gleiches gilt für Menschen, die aus einem Risikogebiet wie zum Beispiel Österreich einreisen.
Grenzpolizeichef Alexander Pfaff macht sich am Mittwochmorgen darauf gefasst, dass mehr Österreicher als sonst nach Lindau fahren. „Wer seit 15 Tagen seinen Impfschutz hat, kann einreisen“, sagt er. Feste Kontrollen gibt es an der Grenze zwischen Vorarlberg und Lindau zwar nicht. „Aber wir machen schon einige grenznahe Kontrollen im Rahmen der Schleierfahndung“, erklärt Pfaff. Wie viele Stichprobenkontrollen die Grenzpolizisten am Tag machen, verrät er nicht. „Aber wir haben schon einige Fälle ans Landratsamt weitergeleitet.“In den vergangenen Wochen ging es vor allem darum zu kontrollieren, ob die Menschen, die aus Österreich einreisen, in Quarantäne müssen oder nicht. Ausgenommen von einer Quarantänepflicht waren bisher unter anderem Berufspendler und Familienangehörige. Bei ihnen genügte ein negativer Test und ein ausgefülltes Einreiseformular. Nun fallen eben auch Geimpfte unter die Ausnahmeregel, einen negativen Test brauchen sie nicht mehr.
„Uns wäre sehr damit geholfen, wenn die Leute eine Impfbescheinigung dabei hätten“, sagt Alexander Pfaff. Dann dürften die Polizisten Einreisende durch lassen. „Wenn jemand einfach nur kommt und sagt, er ist geimpft, dann müssen wir das ans Landratsamt melden.“Denn im offiziellen Text der Verordnung heißt es: Der Impfnachweis ist auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen. Das Amt kontrolliert dann gegebenenfalls, ob die Einreisenden tatsächlich schon vollständigen Impfschutz haben – ansonsten wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Am Mittwochvormittag ist an der Grenze allerdings nicht mehr los als sonst. Und tatsächlich würde einem Vorarlberger, der zum Einkaufen nach Lindau reist, eine Quarantäne nicht erspart bleiben. Zwar nicht in Lindau, dafür aber wohl bei der Rückreise nach Österreich. Denn an den österreichischen Einreisebestimmungen hat sich bisher nichts geändert: Wer aus einem Risikogebiet einreist und nicht unter eine
Ausnahmeregelung fällt, muss weiterhin in Quarantäne. Das gilt auch für geimpfte Deutsche, die nach Österreich reisen. Denn Deutschland und Österreich stufen sich gegenseitig als Risikogebiet ein.
Zwar sind Lockerungen für Geimpfte bei den Nachbarn ebenfalls seit einiger Zeit im Gespräch, wie Florian Themeßl-Huber, Sprecher der Vorarlberger Landesregierung, sagt. „Und es wäre auch gut, wenn an der Grenze wieder ein bisschen Normalität zurückkäme“, sagt er.
Allerdings brauche es für eine Änderung der Einreisebestimmungen in Österreich erst einmal eine Änderung im Epidemiegesetz – und das kommt aus Wien. „Das Gesetz ist auf der Schiene, wir wissen aber nicht genau, wann es kommt“, sagt Florian Themeßl-Huber. „Aber es wäre natürlich im Sinne der Landesregierung.“Die bisherigen Ausnahmereglungen für Berufspendler, Familienangehörige und Tierbesitzer bleiben auf beiden Seiten der Grenze bestehen, unabhängig davon ob die Betroffenen geimpft sind oder nicht.
In der Praxis ändert sich also vor allem für deutsche Urlauber, die aus Österreich oder Italien zurückreisen, dass sie sich nach der Rückreise die Quarantäne sparen können, wenn sie schon geimpft sind. Alle anderen Geimpften müssen sich noch gedulden, bis Österreich mit der Regelung nachzieht.
Nähere Informationen zu Ausnahmeregelungen und die nötigen Formulare für Pendler gibt es unter:
●» www.landkreis-lindau.de
●»
und
www.sozialministerium.at