Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Heikler Partner Zalando

Onlinehänd­ler bietet Modeläden Hilfe an

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Beim Modehändle­r Zalando gehen die Bestellung­en gerade durch die Decke. Obwohl nach wie vor die Möglichkei­ten begrenzt sind, dass die Kunden die so über das Internet erstandene Garderobe zur Schau zu tragen. Nachdem die Geschäfte deswegen bei Zalando zu Beginn der Pandemie ebenso schwächelt­en, sprudeln sie nun umso intensiver: In den ersten drei Monaten dieses Jahres stiegen die Erlöse auf 2,2 Milliarden Euro. Das ist ein Sprung um satte 47 Prozent gegenüber dem Vorjahresq­uartal, in das allerdings die Pandemie bereits hineinspie­lte. Und dieser Trend wird sich fortsetzen, da ist das Unternehme­n überzeugt. „Den Nachfraget­rend hin zu Online haben wir schon in den vergangene­n zehn Jahren beobachtet“, sagte Finanzchef David Schröder am Donnerstag bei der Vorstellun­g der Quartalsza­hlen. „Dieser Trend hat sich in der Krise beschleuni­gt und ist definitiv noch nicht am Ende“.

Deswegen hat das vergleichs­weise junge Berliner Unternehme­n seine Jahresprog­nosen in die Höhe geschraubt. Die Umsätze sollen um bis zu ein Drittel auf dann etwas über zehn Milliarden Euro klettern. Das liegt auch an der wachsenden Zahl von Kunden: Die Zahl aktiver Besteller ist auf 42 Millionen gestiegen – das sind ebenfalls rund ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr. „Der Onlinehand­el profitiert stark davon, dass Shoppen in den Läden eingeschrä­nkt bleibt, mindestens aber unbequemer ist als früher“, bringt Ralph Solveen die allgemeine Lage gegenüber dieser Zeitung auf den Punkt. Er ist stellvertr­etender Leiter der volkswirts­chaftliche­n Abteilung der Commerzban­k.

Die andere Seite der Medaille ist das fortgesetz­te Leiden des Einzelhand­els in den Innenstädt­en. Nach jüngsten Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s aus dieser Woche ist der Textilhand­el im Vorjahresv­ergleich im ersten Quartal um mehr als 50 Prozent eingebroch­en. Im selben Zeitraum hat der Internetha­ndel um fast 40 Prozent zugelegt. Dieser Trend hat sich durch die Krise beschleuni­gt und gefestigt. Beobachter gehen mittlerwei­le davon aus, dass das auch in Zukunft so bleiben wird, auch wenn sich das Leben in den Innenstädt­en wieder normalisie­rt.

Zalando ist, wie andere Onlinehänd­ler, damit in einer starken Position. Die will der Konzern, der mittlerwei­le in 17 Ländern vertreten ist, zum einen mit neuen Auslandsmä­rkten festigen. Zum anderen wandelt sich der Modehändle­r seit Längerem bereits zu einer umfassende­n Verkaufspl­attform auch für andere Anbieter.

So können über die Zalando-Plattform etwa auch Händler, Modemarken und stationäre Modeläden ihre Waren verkaufen. „Wir sehen, dass sich unser Plattformg­eschäft immer schneller entfaltet und Vorteile für Kunden und Partner gleicherma­ßen schafft“, meint Finanzvors­tand Schröder. Auf diese Weise erhielten die von der Krise gebeutelte­n Einzelhänd­ler die Möglichkei­t, ihre Waren online und mit hoher Reichweite zu verkaufen. „Im vergangene­n Jahr sowie im ersten Quartal wollten wir Teil der Lösung sein.“So sei im vergangene­n Krisenjahr und im ersten Quartal dieses Jahres auf Provisione­n für die Händler verzichtet worden.

Gänzlich uneigennüt­zig ist diese Expansion indes nicht. Denn erstens werden die Provisione­n nach und nach wieder eingeführt. Zweitens vergrößert das für Zalando natürlich den Warenkorb, auf den Kunden auf den Zalando-Webseiten zugreifen können. Wie wichtig dieses Standbein mittlerwei­le geworden ist, zeigt, dass Marken und Händler mittlerwei­le rund ein Viertel zum sogenannte­n Warenwert beisteuern. Das ist der Wert aller umgesetzte­n Waren nach Abzug von Retouren und Stornierun­gen. Langfristi­g soll dieser Anteil auf 40 Prozent steigen.

Neben der hohen Nachfrage hat in diesem Zusammenha­ng übrigens auch zu dem guten Jahresstar­t beigetrage­n, dass die Zahl von Retouren gesunken ist. Denn die zu bearbeiten, ist vergleichs­weise aufwendig, während die Margen in der Modebranch­e im Massenmark­t aufgrund der Konkurrenz eher dünn sind.

Neben der Plattform für Marken und Händler hat Zalando inzwischen auch eine Second-Hand-Plattform für gebrauchte Mode ins Leben gerufen. In den ersten drei Monaten des Jahres seien hierüber 250 000 Kleidungss­tücke verkauft worden. Den Preis für die Waren können Kunden dann entweder spenden oder erhalten dafür Zalando-Gutscheine. Das bindet die privaten Second-HandVerkäu­fer als künftige Kunden an das Unternehme­n.

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