Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Das Rauschen im Bärte-Wald
Die internationale Bartforschung will herausgefunden haben, dass der ungebrochene Trend zur buschigen Gesichtsbehaarung Ausdruck einer zunehmenden Orientierungslosigkeit der Männer sei. Die Herren der Schöpfung hätten nämlich mit der wachsenden Gleichberechtigung der Frau sowie dem Abbau diverser männlicher Privilegien ein Identitätsproblem. Äußeres Zeichen, um sich dadurch nicht selbst zu verlieren, ist also bei vielen Männern der Bart, was in einer steigenden Anzahl von BarbierSalons seinen Ausdruck findet. Orte, an denen Männer sich nicht zu schämen brauchen, wenn Geschlechtsgenossen sie mit Bart-Waschschaum einseifen, den Visagenpelz mit Wachs, Öl oder Balsam flutschig einfetten. Während sie zu Hause schon ein bisschen Nivea-Creme als zu unmännlich rundweg ablehnen.
Das offenbar für Infektionen des Selbstwerts anfällige männliche bärtige Gemüt ist auf dem Gebiet der Corona-Ansteckung rehabilitiert. Ein französischer Mediziner forderte, allen Männern den Bart abzusäbeln, weil dieser ein gefährlicher Virenund Bakterienfänger sei. Tummelten sich doch im rauschenden BärteWald bisweilen mehr Erreger als in WCs. Vergleichende Reihenuntersuchungen mit Abstrichen von nackten wie behaarten Gesichtern konnten die Annahme aber nicht bestätigen.
Umfragen legen nahe, dass Frauen den Dreitagebart insgesamt bevorzugen. Wilde Vollbärte sind weniger begehrt, ebenso Schnurrbärte. So hat Mann also die Wahl, was er sich wachsen lässt. Nur auf dem Kopf entscheiden leider noch immer höhere Mächte über die Flora. (nyf)
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