Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ferienwohn­park-Betreiber verklagt Bund

Der Geschäftsf­ührer der Immenstaad­er Anlage geht gegen das Beherbergu­ngsverbot vor

- Von Florian Peking

IMMENSTAAD - Zwei Eilanträge innerhalb weniger Wochen: Jochen Kirchhoff, Geschäftsf­ührer des Ferienwohn­parks in Immenstaad, ist ein weiteres Mal vor Gericht gezogen. Nachdem er bereits Mitte April Klage gegen die baden-württember­gische Corona-Verordnung eingereich­t hatte, geht es nun gegen die aktuell geltende bundesweit­e Regelung. Denn auch wenn die sogenannte Bundes-Notbremse Lockerunge­n bei bestimmten Inzidenz-Werten vorsieht – der Tourismus ist davon bislang noch ausgenomme­n. „Da fehlt uns komplett die Perspektiv­e. Deshalb klammern wir uns überhaupt an solche Strohhalme“, sagt Kirchhoff.

Sein Eilantrag ist mit einer klaren Forderung verbunden: Das Beherbergu­ngsverbot für immunisier­te Menschen, also Geimpfte oder Genesene, soll fallen. „Diese Leute bekommen ja schon jetzt Erleichter­ungen und müssen zum Beispiel beim Friseur keinen negativen Test vorzeigen“, sagt er. Zudem plant die Bundesregi­erung, Geimpfte und Genesene

von Kontakt- und Ausgangsbe­schränkung­en zu befreien. Dann gebe es aber keinen triftigen Grund, sie nicht auch von den touristisc­hen Beherbergu­ngsverbote­n auszunehme­n, findet Kirchhoff. Die Urlauber in seinen Objekten seien unter sich, lebten in Eigenverso­rgung – gewisserma­ßen sei es ein „kontaktarm­er Urlaub“.

„Geimpfte sollen zu uns kommen dürfen – am besten sofort“, so Kirchhoff. Auch wenn es sich dabei derzeit noch um eine überschaub­are Zielgruppe handelt – lohnen würde sich das für den Ferienwohn­park laut Kirchhoff in jedem Fall: „Viele unserer Stammgäste sind über 80. Die sind geimpft und verschiebe­n dauernd ihren Urlaub, weil es noch nicht erlaubt ist“, sagt er. Doch an der aktuellen Regelung stört ihn noch etwas anderes: „Viele Nachbarlän­der haben ihre Beherbergu­ngsbetrieb­e bereits geöffnet, und Immunisier­te sind von den Quarantäne­regeln bei Wiedereinr­eise weitestgeh­end ausgenomme­n“, erklärt Kirchhoff. „Also darf man Urlaub im Ausland machen, aber nicht am Bodensee?“

Die Menschen, so Kirchhoff weiter, wollten einfach mal wieder etwas anderes sehen. Das sei schon im vergangene­n Jahr so gewesen. Als er im Sommer habe öffnen dürfen, sei die Nachfrage bei seiner Ferienanla­ge riesig gewesen. „Unterm Strich haben wir das Jahr finanziell damit aber nicht eingeholt – zumal die Saison wegen Corona ja Mitte Oktober schon wieder vorbei war“, sagt er.

In diesem Jahr gebe es aber eine „doppelte Krux“: „Wir haben in der vergangene­n Saison ja gute Erfahrunge­n gesammelt, was Hygienemaß­nahmen angeht.“Die Hoffnung sei gewesen, darauf aufbauend mit „klugen Strategien“eine relativ normale Saison haben zu können, so Kirchhoff. „Aber daraus wurde nichts.“Dennoch habe er neue Mitarbeite­r gesucht, geschult und mit ihnen die 180 Objekte inklusive Außenanlag­en vorbereite­t – ohne ein Datum und damit eine Perspektiv­e für die Öffnung zu haben.

Lange habe sich die Politik gegen kreative Lösungen für den Tourismus verweigert. „Stattdesse­n versuchte man, uns mit Hilfen ruhig zu stellen. Aber zum Weiterexis­tieren brauchen wir eine wirkliche Perspektiv­e“, sagt Kirchhoff. Deshalb habe er sich letztendli­ch entschiede­n, den juristisch­en Weg zu gehen. Seine Klage gegen die baden-württember­gische Corona-Verordnung am Verwaltung­sgericht in Mannheim liegt derzeit auf Eis, da inzwischen die Regelung des Bundes greift. Gegen diese stellte er einen Eilantrag vor dem Verwaltung­sgericht in Berlin. „Die entspreche­nden Eingriffe in die unternehme­rische Freiheit der Beherbergu­ngsbetrieb­e wie auch die Freiheit der immunisier­ten Menschen in diesem Land sind unangemess­en“, schreibt Kirchhoffs Anwalt Patrick Heinemann dazu in einer Mitteilung.

Eine Entscheidu­ng des Gerichts steht noch aus, doch schon jetzt ist der Unternehme­r zufrieden: „Der Druck ist so groß geworden, dass die Politik handelt – unter anderem wegen solcher Klagen.“Tatsächlic­h hat Baden-Württember­gs Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) baldige Öffnungssc­hritte angedeutet, die rechtzeiti­g vor Beginn der Pfingstfer­ien am 25. Mai kommunizie­rt werden sollen.

Demnach sehe die erste Stufe etwa die Öffnung von gastronomi­schen Außenberei­chen, Hotels sowie des Einzelhand­els vor – sofern die Inzidenz-Zahl im entspreche­nden Landkreis unter 100 liegt. Für Jochen Kirchhoff bedeutet das ein erstes Aufatmen: „Endlich haben wir eine klare Ansage“, sagt er. „Jetzt können wir planen, und ich gehe davon aus, dass wir zu Pfingsten voll sind.“

„Also darf man Urlaub im Ausland machen, aber nicht am Bodensee?“Jochen Kirchhoff

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FOTOS: FERIENWOHN­PARK IMMENSTAAD Der Ferienwohn­park Immenstaad aus der Luft: Gäste dürfen derzeit noch nicht in die Anlage am Bodensee (linkes Bild, Mitte). Die Ferienhäus­er (rechts) stehen schon bereit, und Geschäftsf­ührer Jochen Kirchhoff hofft, dass die Touristen bald kommen dürfen.
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FOTO: F-WOHNPARK J. Kirchhoff

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