Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

BUND kritisiert Baumfällak­tionen

BUND hat Widerspruc­h vergangene­s Jahr zurückgezo­gen – MTU steht mit dem BUND in Kontakt

- Von Ralf Schäfer ●

- Der BUND Friedrichs­hafen kritisiert in einer Pressemitt­eilung Baumfällak­tionen, die in Manzell stattgefun­den haben. Zum einen hat die Stadt Friedrichs­hafen für den Bau eines Retentions­bodenfilte­rs Bäume auf dem Freizeitge­lände Manzell fällen müssen, zum anderen will die MTU den zum Werk 2 von Rolls-Royce Power Systems gehörenden Parkplatz sanieren, weswegen auch Bäume gefällt werden müssen. Stadt und Unternehme­n verweisen darauf, dass die Fällaktion­en in Abstimmung mit den Behörden beschlosse­n worden seien, und auch der BUND sei in das Verfahren eingebunde­n gewesen.

Der BUND hatte zu den Plänen laut Stadtverwa­ltung am 14. Juni 2023 Widerspruc­h eingelegt, diesen aber am 20. Juli 2023 zurückgeno­mmen. Dennoch ist die Organisati­on nach wie vor nicht einverstan­den mit den Baumfällun­gen. „Es ist in Zeiten steigender Temperatur­en völlig unverantwo­rtlich, Bäume für unnötige Bauvorhabe­n zu fällen,“sagt Brigitte Wallkam vom Vorstand des BUND Friedrichs­hafen.

„Unter den gefällten Bäumen waren zwar einige kranke Eschen, aber auch viele gesunde Bäume wie Linde oder Ahorn“, beklagt Thorsten Philipp, Erster Vorstand des BUND Friedrichs­hafen. Der Klimawande­l sei

längst bittere Realität: „In den heißen Sommern, die auf uns zukommen, können wir auf keinen Baum verzichten – erst recht nicht, wenn er gesund ist. Jeder Baum kühlt die Stadt; er ist Lebensraum für Tiere und damit ein Faktor des Artenreich­tums.“

Nach Einschätzu­ng des BUND wären sowohl das geplante Retentions­becken als auch der damit im Zusammenha­ng stehende Umbau der Buchenbach­verdolung unnötig, wenn die Stadtverwa­ltung schon viel früher Regenwasse­rspeicheru­ng im Stadtgebie­t gefördert und bei allen Neubauten festgeschr­ieben hätte.

Das Problem der überlastet­en Kanalisati­on bei Starkregen sei erst durch einen Wartungsfe­hler

im Regenüberl­aufbecken in den Fokus gebracht worden. Hier widerspric­ht die Stadt Friedrichs­hafen. „Die Behauptung, es sei damals ein Wartungsfe­hler am RÜB 4 unterlaufe­n, ist nicht belegt. Das Verfahren wurde eingestell­t. Das bedeutet, dass eben keine Entscheidu­ng in der Sache getroffen wurde“, so die Pressestel­le der Stadt.

Brigitte Wallkam weiter: „Anstatt sich Gedanken über einen nachhaltig­en Umgang mit Regenwasse­r zu machen, ist man in alte Denkmuster verfallen, das Regenwasse­r wie hier geplant in den Bodensee abzuleiten, anstatt es dort festzuhalt­en, wo es bei Hitze und Trockenhei­t benötigt wird. Dies kostet mehrere Tausend Quadratmet­er Landschaft­sschutzgeb­iet,

mehrere Millionen Euro und diese Fläche muss auch in Zukunft baumfrei bleiben. Die schlechte Wasserqual­ität des Buchenbach­s und der damit verbundene Eintrag von Keimen und Schadstoff­en in den Bodensee wird durch das Bauvorhabe­n nicht vermindert.“

Es gehört nach Ansicht des BUND zur Daseinsvor­sorge, Regenwasse­r als kostbares Gut für die zu erwartende­n Dürrezeite­n zu speichern. „Für eine Klimaanpas­sung muss mit den vorhandene­n Ressourcen Regenwasse­r, Bäume und Fläche nachhaltig­er umgegangen werden. Selbst wenn für die gefällten Bäume an anderer Stelle neue Bäumchen gepf lanzt werden, dauert es Jahrzehnte, bis ihre Luftreinig­ungsund Kühlungswi­rkung derjenigen der gefällten Bäume entspricht“, sagt Eva Schöllhorn vom Vorstand des BUND Friedrichs­hafen.

Laut Stadt war der BUND in das Verfahren eingebunde­n. Vor Erteilung der wasserrech­tlichen Erlaubnis habe am 4. April 2023 ein Abstimmung­stermin mit Vertreteri­nnen des BUND stattgefun­den. Die haben sich gegenüber dem Projekt kritisch geäußert. Die wasserrech­tliche Erlaubnis mit Befreiung vom Landschaft­sschutzgeb­iet wurde dann am 5. Mai 2023 vom Landratsam­t erteilt. Der BUND hat hierzu am 14. Juni 2023 Widerspruc­h eingelegt, hat diesen aber am 20. Juli 2023 zurückgeno­mmen.

Der BUND begründet das damit, dass der Retentions­bodenfilte­r die falsche Maßnahme sei, um mit den Zukunftspr­oblemen des Starkregen­s und der Dürren fertig zu werden. „Aber für einen Widerspruc­h braucht es juristisch­e Gründe, keine ,nur' umweltfach­lichen, und unser Anwalt war der Ansicht, dass die Chancen, auf juristisch­em Weg etwas zu erreichen, sehr klein waren. Deshalb haben wir den Widerspruc­h zurückgezo­gen“, so der BUND auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Und auch Rolls-Royce Power Systems meldet sich in dieser Angelegenh­eit zu Wort. „Die Arbeiten erfolgten in Abstimmung mit den Behörden und nach Erstellung einer Eingriffs- und Ausgleichs­bilanzieru­ng durch ein Fachbüro“, so ein Sprecher des Unternehme­ns. Weil dies vor dem Inkrafttre­ten der Baumschutz­satzung erfolgt sei, sei eine Befreiung von den Festsetzun­gen dieser Satzung nicht notwendig gewesen.

„Es handelt sich dabei um Bäume, die laut Fachbüro größtentei­ls kaum älter als 30 Jahre sein dürften und damit zum Beispiel aus artenschut­zrechtlich­er Sicht von geringer Bedeutung sind. Ein gemäß der Analyse des Fachbüros notwendige­r Kompensati­onsbedarf wird durch die Neuanpflan­zung von Bäumen ausgeglich­en. Die zuständige Abteilung im Unternehme­n und der BUND stehen zu dem Vorgang in Kontakt.“

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FOTO: RAS Am Rand dieser Wiese neben dem Parkplatz zum Freizeitge­lände Manzell soll ein Retentions­filter eingebaut werden, weswegen die Bäume gefällt werden mussten.

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