Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Stadt Tettnang will Avira-Gelände zurückkaufen
Grundstück und Gebäude im Schäferhof stehen zum Verkauf – Pläne sehen spannende Nutzungen vor
(lieg) - Die Stadt Tettnang will das Avira-Areal kaufen. Nachdem das Softwareunternehmen den Firmenstandort im Tettnanger Schäferhof offenbar aufgeben will, hat sich die Stadt nun ein sogenanntes besonderes Vorkaufsrecht für das Grundstück gesichert. Die Verwaltung hat auch bereits Ideen, was dort zukünftig entstehen könnte.
Gut 13 Jahre ist es her, seit die Firma Avira, die heute zum USamerikanischen Konzern Gen Digital gehört, in den Neubau an der Ecke Schäferhofstraße/Kaplaneiweg eingezogen ist. Nun soll auf dem Gelände etwas gänzlich Neues entstehen, zumindest nach den Vorstellungen der Stadt.
Die Stadt sieht in dem Gebiet Potenzial für „städtebauliche Maßnahmen“. Um bei einem Verkauf möglichst sicher zum Zug zu kommen, hat der Gemeinderat mit einem einstimmigen Beschluss eine Satzung für ein besonderes Vorkaufsrecht für das Gebiet beschlossen. Die Stadt selbst hatte das Grundstück einst an Avira verkauft, als das Unternehmen in Tettnang erweitern wollte.
Wie Bürgermeisterin Regine Rist bestätigt, steht das Grundstück nun samt Gebäude zum Verkauf. Durch das Vorkaufsrecht hat die Stadt nun die Möglichkeit, bei einem Verkauf als erstes zugreifen zu können und sogar in bestehende Kaufverträge einzutreten. Bereits am Donnerstagnachmittag erfolgte die öffentliche Bekanntmachung auf der Homepage der Stadt – damit trat die Satzung offiziell in Kraft.
Überlegungen, die das AviraAreal betreffen, gibt es im Rathaus schon länger. Bei den diesjährigen Haushaltsberatungen waren im Finanzplan auf der Projektliste für den Bereich Grundstücksverkehr im Verwaltungsausschuss noch rund zehn Millionen Euro gelistet gewesen. Bis zur Verabschiedung des Haushalts im Gemeinderat waren rund 7,2 Millionen
Euro davon wieder herausgestrichen worden. Auf Nachfragen wollte die Stadt zunächst keine Angaben dazu machen, wofür das Geld vorgesehen war.
Am Donnerstag bestätigte Rist auf eine erneute Anfrage hin, dass die Summe von rund 7,2 Millionen Euro für Liegenschaften, „unter anderem“für das AviraAreal, eingeplant war. „Im Haushalt sollten allerdings nur Projekte abgebildet werden, die auch umgesetzt werden. Das trifft auf diese Projekte nicht mit Sicherheit zu, weshalb der Betrag für fiktive Liegenschaften aus dem Haushalt gestrichen wurde“, so die Bürgermeisterin weiter.
Sollte der Kauf des Avira-Areals in diesem Jahr zustande kommen, müssten die dafür benötigten finanziellen Mittel in einem Nachtragshaushalt beschlossen werden. Vorstellen könnte sich die Verwaltung für das Gelände gleich mehrere Nutzungsmöglichkeiten: In der Sitzungsunterlage
ist die Rede von Bildungseinrichtungen, Versammlungs- und Veranstaltungsräumen sowie Einrichtungen der Verwaltung.
Konkret könnte auf dem Grundstück beispielsweise eine Grundschule unterkommen. Die Stadt nennt in den Sitzungsunterlagen als Begründung auch den gestiegenen Bedarf an Flächen durch den kommenden Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung. So gebe es laut Schulentwicklungskonzept Überlegungen, die Manzenberg-Grundschule an einem neuen Standort als Ganztagesschule neu zu errichten – idealerweise nahe dem Manzenberg-Campus.
Doch die Pläne der Stadt gehen noch weiter: So werde „in Betracht gezogen, dass an dem Standort auch ein Versammlungs-/Veranstaltungsraum – als Ersatz für die derzeit nicht nutzbare Stadthalle – integriert werden könnte“, heißt es weiter. Ebenso sind Räumlichkeiten der Verwaltung dort vorgesehen, sowohl Büroflächen als auch ein Sitzungssaal, der dort möglicherweise Platz finden könnte. Der Standort sei aufgrund seiner reizvollen Lage, der Nähe zum Ortskern und der Nähe zum Schulcampus Manzenberg sowie den Sporteinrichtungen ideal für diese Zwecke geeignet.
Um diese Pläne im Falle des Grundstückserwerbs umsetzen zu können, bräuchte es zunächst einen neuen Bebauungsplan für das Gebiet. Der aktuell geltende vorhabenbezogene Bebauungsplan wurde im Jahr 2009 speziell für den Bau des Avira-Standorts erlassen und sieht ausschließlich eine Nutzung durch ein Unternehmen der Informationstechnologie vor.
Aufgrund des nun geltenden Vorkaufsrechts ist der Grundstücksverkäufer verpf lichtet, der Stadt den Kaufvertrag anzuzeigen – danach hat die Stadt drei Monate Zeit, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen.