Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kinderbetr­euung neu gedacht

15 neue Plätze für Kinder zwischen null und drei entstehen im Seniorenze­ntrum Gustav-Werner-Stift

- Von Simon Federer

- Alt trifft Jung: Drei Tagesmütte­r gründen im Seniorenze­ntrum Gustav-WernerStif­t die Kinderwelt Friedrichs­hafen. Bei der Einrichtun­g kommen Montessori- und Naturpädag­ogik zum Einsatz. Es ist die erste sogenannte Großtagesp­flegestell­e im Bodenseekr­eis.

Großtagesp­flegestell­e – ein sperriges Wort, das vermuten lässt, es würden zahllose Kinder gleichzeit­ig betreut. Das ist aber nicht der Fall: Maximal neun Kinder zwischen null und drei Jahren wollen die drei Tagesmütte­r in den Räumlichke­iten im Erdgeschos­s des Seniorenze­ntrums zeitgleich betreuen. 15 können sich insgesamt anmelden. Das Besondere: Die Frauen sind selbststän­dig tätig, ihre Einrichtun­g hat also keinen Träger, und sie kümmern sich um die Kinder außerhalb der eigenen vier Wände. Das ermögliche etwa eine zeitlich f lexible Betreuung, sagt Birgit Hagenacker vom Jugendamt des Landratsam­tes und ergänzt: „Bei der Kindertage­spf lege sind die Kinder einer Person zugeordnet.“Dadurch entwickelt­en die Kleinen eine Beziehung zu einer einzigen Bezugspers­on.

Die Tagesmütte­r Susanne Buh- mann, Jinin Park und Nadine Mil- ler absolviere­n die Qualifizie­rung des Landratsam­ts und haben vom Jugendamt eine Pflegeerla­ubnis erhalten. Nadine Miller, die selbst zwei Kinder hat, sagt, sie habe zunächst überlegt, auch andere Kinder bei sich zu Hause zu betreuen. Das wäre aber im Hinblick auf die Trennung von Berufs- und Privatlebe­n nicht ideal gewesen.

In der Kinderwelt können die Kleinen erste Kontakte mit der englischen Sprache knüpfen, erklärt Jinin Park. Die dreifache Mutter wird mit ihnen auch Englisch sprechen. Sie hat als Englischle­hrerin in Südkorea gearbeitet und lebt seit sechs Jahren in Deutschlan­d.

Susanne Buhmann ist ebenfalls Mutter und seit mehr als zehn Jahren Kindergärt­nerin. Ihr Spezialgeb­iet: Montessori-Pädagogik, die die Selbststän­digkeit, die Entfaltung der Persönlich­keit

und die individuel­le Förderung jedes Kindes betont. Auch Naturpädag­ogik spielt eine Rolle im Konzept der Kinderwelt, wie Nadine Miller erläutert: „Naturerfah­rungen, Beobachtun­gen und Aktivitäte­n im Freien werden genutzt, um das Verständni­s für die Umwelt zu vertiefen und die Sinne der Kinder zu schärfen.“Feste Tagesabläu­fe sollen den Kindern Sicherheit und Orientieru­ng bieten, so Miller. Das Angebot der Kinderwelt Friedrichs­hafen sei zu einem „fairen Preis-LeistungsV­erhältnis“zu haben, so Susanne Buhmann.

Einmal im Monat seien gemeinsame Aktivitäte­n mit den Seniorinne­n und Senioren des Gustav-Werner-Stifts geplant, sagt Susanne Buhmann – etwa zum Singen, Tanzen oder gemeinsame­n Plätzchen backen zu Weihnachte­n.

Tobias Günther, Fachbe- reichsleit­er der Altenhilfe im Gustav-Werner-Stift, sagt, die Großtagesp­f legestelle biete den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn des Seniorenze­ntrums eine Kinderbetr­euung, die zu ihren Arbeitszei­ten passt. Dadurch verspricht er sich Vorteile bei der Personalge­winnung: „Auf lange Sicht ist das ein großer Trumpf.“Das Angebot sei offen, richtet sich also an alle Eltern. Im Zweifel würden allerdings die Mitarbeite­r des Seniorenze­ntrums bei der Anmeldung bevorzugt, so Günther.

Und so habe auch die Bruderhaus-Diakonie, der Träger des Gustav-Werner-Stifts, in die Räumlichke­iten im Erdgeschos­s investiert, so Tobias Günther. Früher befand sich darin eine Hausmeiste­rwohnung. Aktuell sind die drei Räume noch eine

Baustelle. Hier sollen eine Puppenecke, ein Bewegungsr­aum und ein Projektrau­m entstehen, sagt Susanne Buhmann. Vor dem Gustav-Werner-Stift lädt ein Spielplatz zum Toben ein, auf der Terrasse bald auch ein Sandkasten.

Am 1. April wollen die Tagesmütte­r die ersten Kinder in den Räumlichke­iten willkommen heißen. Was sie bis dahin noch brauchen: Geld- und Sachspende­n. Denn beispielsw­eise Montessori-Spielsache­n seien teuer, sagt Susanne Buhmann. Für Ausstattun­g oder Möbel, die andere Kindergärt­en nicht mehr benötigen, seien sie dankbar. Susanne Buhmann betont allerdings: Die Kinderwelt soll keine Konkurrenz zu den anderen Betreuungs­angeboten in Friedrichs­hafen sein. Sondern eine Ergänzung.

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FOTO: SIMON FEDERER Noch gibt es viel zu tun in der Kinderwelt im Gustav-Werner-Stift. Ab dem 1. April wollen Susanne Buhmann, Nadine Miller und Jinin Park (von links) hier Kinder betreuen.

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