Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der Rückzug des OB hat die Fraktionen überrascht
Parteien und Gruppierungen zollen Respekt, lassen sich aber nicht in die Karten blicken
- Erlebt die Stadt im Herbst beim Rennen um den OB-Sessel einen politischen Lagerwahlkampf ? Oder stellen sich eher überparteiliche Fachleute zur Wahl? Einen Tag, nachdem der vorzeitige Rückzug von Oberbürgermeister Andreas Brand bekannt geworden ist, lässt sich das noch nicht sagen. Eine Umfrage unter den Ratsfraktionen zeigt zumindest, dass der OB sie tatsächlich überrascht hat. Respekt für seine Entscheidung zollen alle, Lob und Dank kommen vor allem aus dem bürgerlichen Lager.
„Die Stadt Friedrichshafen hat OB Brand viel zu verdanken. Andreas Brand ist fachlich wie persönlich eine Idealbesetzung im anspruchsvollen Amt des Oberbürgermeisters, ein Gewinn für unsere Stadt. Er wird große Fußstapfen hinterlassen“, schreibt Achim Brotzer für die CDU-Fraktion. Die Grünen meinen: „Der OB hat die Entscheidung sicher gewissenhaft abgewogen. Nach der Verkündung wirkte er erleichtert und es war spürbar, dass er sich auf die ,neue’
Zeit mit seiner Familie freut.“Die Fraktion SPD/Linke teilt mit, dass sie Brands Entscheidung nachvollziehen könne: „Oberbürgermeister Brand hat für sein Wirken in den vergangenen 15 Jahren unsere Anerkennung und unseren Respekt verdient.“
Die Freien Wähler, mit deren Unterstützung Brand im Jahr 2009 erstmals in den Wahlkampf gezogen war, bedauern den Rückzug des OB, „da wir gerne auch eine weitere Periode mit ihm gemeinsam gestaltet hätten“. Der Schritt zeige, dass für Brand „immer das Wohl der Stadt im Vordergrund stand und steht“. Der Ruhestandstermin Ende Oktober sei „klug und umsichtig“gewählt. „Wir sind dankbar für die 15 Jahre mit ihm und seinem engagierten Wirken für und in der Stadt“, schreibt Fraktionschefin Dagmar Hoehne.
Weniger euphorisch klingt das bei Jürgen Holeksa vom Netzwerk für Friedrichshafen: „15 Jahre sind insgesamt eine lange Zeit, die noch länger in Friedrichshafen nachwirken wird.“Respekt und Verständnis äußert Gaby Lamparsky für die FDP-Fraktion und „wünscht ihm mit seiner Familie einen guten neuen Lebensabschnitt“. Die Fraktion ÖDP/parteilos spricht von einer „persönlichen Entscheidung, die bestimmt wohlüberlegt ist und zweifellos keine einfache Wahl darstellt“.
Am Montag hatte Andreas Brand mitgeteilt, dass er für eine dritte Amtszeit nicht mehr zur Verfügung steht und bereits Ende Oktober aus dem Amt scheiden wird. Eigentlich wäre die OBWahl erst im März 2025 nötig gewesen. Wann die Häf lerinnen und Häf ler einen neuen Rathauschef wählen werden, steht noch nicht fest. Alle Fraktionen zeigten sich von der Ankündigung des OB überrascht.
Die Frage nach möglichen Kandidaten oder dem Profil, das ein Bewerber oder eine Bewerberin mitbringen muss, haben CDU, FW und FDP mit Verweis auf die überraschende Ankündigung des OB nicht beantwortet. Nach Einschätzung der Grünen muss der künftige Verwaltungschef „die Fähigkeiten besitzen, die anstehenden Herausforderungen in unserer Stadt und der Stadtgesellschaft zu meistern. Ein großes Zukunftsthema
wird es sein, Friedrichshafen zu einer zukunftsfähigen, resilienten und nachhaltigen Stadt zu entwickeln. Dazu gehört auch die Modernisierung der Verwaltung als attraktiver Arbeitgeber.“
Nach Ansicht der SPD sollte er oder sie „ein Zukunftsbild von unserer Stadt haben und unsere Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger mögen. Er / sie sollte die Herausforderungen der Zukunft unserer lebenswerten Stadt mit Schwung, Optimismus und neuen Gestaltungsideen anpacken wollen, Freude am gemeinsamen Entwickeln haben und über politische Erfahrung, inklusive dem Beherrschen des soliden Verwaltungshandwerks verfügen.“Das Netzwerk erwartet „neben der Fähigkeit, die Stadtverwaltung effizient und wirtschaftlich führen“zu können, „endlich auch eine Vision, ein Zukunftsbild für unsere Stadt“. ÖDP/parteilos setzt auf „eine ausgeprägte Zuneigung zu seiner / ihrer Stadt und seiner / ihrer Arbeit“.
„Zu unserem politischen Selbstverständnis gehört es, dass wir aktiv nach einem Kandidaten oder einer Kandidatin Umschau halten“, schreibt die Fraktion SPD/Linke. Man schließe es aber auch nicht aus, gemeinsam mit anderen Parteien einen Bewerber zu unterstützen. Ähnlich äußern sich die Grünen. Auch das Netzwerk teilt mit, dass man mit der Suche bereits begonnen habe und grundsätzlich auch zur Zusammenarbeit bereit sei. Und ÖDP/ parteilos teilt mit: „Wir werden die Bewerbungen abwarten und dann den besten Kandidaten oder die beste Kandidatin auswählen.“