Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Facettenreiches Konzert mit Ernstem und Heiterem
Stadtorchester Friedrichshafen entführt in die USA
- Mit Gefühl und Schwung hat das Stadtorchester Friedrichshafen am Samstagabend im Graf-Zeppelin-Haus in die musikalische Welt der USA entführt. Unter dem Motto „All About the USA“hat Pietro Sarno für das traditionelle Classic Winds-Konzert ein abwechslungsreiches Programm abseits ausgetretener Pfade zusammengestellt.
Ein heiter-beschwingter Auftakt war Joseph Willcox Jenkins‘ „American Overture“, ein lebhaftes Ping-Pong-Spiel der Register, das mit Macht auf ein turbulentes Finale zustrebte. Hilfreich war, dass Pietro Sarno Mark Camphouse‘ Stück „A Movement for Rosa“mit kurz angespielten Motiven vorstellte. So konnten die Zuhörer die zugrunde liegenden Stimmungen wie auch die subtile Umsetzung durch Tutti und Solisten ganz erfassen. Eine Solof löte führte in die friedliche Jugend der Bürgerrechtlerin Rosa Parks, samtig trugen Flöten und Saxofone die idyllische Reminiszenz an deren Jugend vor, ehe das komplexe Tongemälde kämpferisch wurde und das Schlagzeug die Friedens-Parole einhämmerte, bis der Choral „We Shall Overcome“den hoffnungsvollen Ausklang bildete.
Zum besonderen Erlebnis wurde das unbeschwert lockere Konzert für Klavier und Blasorchester von Leroy Anderson mit Walter Ratzek am Flügel. Kraftvoll schlug der Pianist, der das Klavierkonzert für die Häfler eingerichtet und mit ihnen geprobt hatte, in die Tasten, um gleich darauf einen sanften, weichen Ton anzuschlagen, liedhaft untermalte ihn das Orchester. Lyrik und Tanz, Pop und Jazz bestimmten die Zwiesprache von Solo und Tutti, man hörte Grieg und Glenn Miller, Rachmaninow und Bernstein, südamerikanische Rhythmen fuhren in die Beine, pompös endete das eingängige Konzert. Zur Freude der Zuhörer spielte Ratzek noch Gershwins Prelude Nr. 8.
Heiter und ernst war auch der zweite Teil, den Charles Ives‘ „Circus Band“einleitete. Sarno erläuterte den tragischen Hintergrund von Andrew Boysens Stück „I Am“, ehe aus dunklem Urgrund die Melodie eines Lebens entstand. Helle unbeschwerte Stimmen kamen hinzu, ehe Spannung und Düsternis wuchsen. Ein Aufprall und Stille kennzeichneten den Unfalltod des Jugendlichen, dem das Stück gewidmet ist. In den Klarinetten stieg ein Hymnus empor, aus dem Orchester ein tickender Puls und das gesungene „I Am“, mit dem das Stück ausklang. In David Gillinghams „Be Thou my Vision“nahm das tiefe Blech den sakralen Charakter auf, ehe eine Flöte ein irisches Element einbrachte und das Orchester gesanglich in friedliche Gefilde führte.
Köstlich lautmalerisch zeichnete nun John Mackeys Stück „Sasparilla“den Weg eines WesternHelden in den Saloon. Wieder und wieder hörte man sein Pferd lahmen, den Helden sich weiterschleppen, ehe die Musiker seinen Lebensmut neu entflammen und ihn im Saloon ankommen ließen, wo es gleich krachend zur Sache ging.
Mit vier sinfonischen Tänzen aus Bernsteins „West Side Story“klang das Konzert aus, noch einmal wiederholten die Musiker für die begeistert applaudierenden Zuhörer den Mambo. Ein niveauvolles, facettenreiches Konzert, das leider in Konkurrenz zur zeitgleichen „Musikanten-Gaudi“des Musikvereins Berg stand.