Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Massenhaft Verkehr frustriert Anwohner
Tausende Autos und Lastwagen täglich durch Schnetzenhausen – Tempo 30 gefordert
- Es ist laut an diesem sonnigen Nachmittag in Schnetzenhausen. Mit ratternden Motoren schiebt sich Auto um Auto durch die Straßen rund um den Kreisverkehr am Hotel Krone. Auch einige Lastwagen rollen durch den Ort. „Bei uns in der Wohnung das Fenster aufzumachen, ist quasi unmöglich“, sagt Klaus Schobert, der in der Raderacher Straße wohnt. „Und wenn es warm wird, kommen dann noch die Motorradfahrer dazu“, ergänzt seine Frau Sabine. Aber der Verkehrslärm ist nicht das einzige Problem. Viele Autofahrer seien deutlich zu schnell unterwegs, immer wieder komme es zu gefährlichen Situationen.
Das sehen nicht nur die Schoberts so. Beim Vor-Ort-Termin klagen zahlreiche Anwohner von Schnetzenhausen ihr Leid. „Meine Enkelkinder sind hier oft unterwegs. Sie können kaum die Straße überqueren, das ist lebensgefährlich“, sagt Claudia Schmid. Aber auch für Radfahrer sei die Situation durch den vielen motorisierten Verkehr schwierig. Schon mehrfach habe sie Unfälle beobachtet, berichtet Schmid. Ursprünglich sei die Rede davon gewesen, dass es mit der B 31-neu weniger Verkehr in Schnetzenhausen geben werde. Das Gegenteil sei aber der Fall.
Auf der Ortsdurchfahrt Schnetzenhausen gilt überwiegend Tempo 50. Ausnahme: In der Raderacher Straße sind auf einem kurzen Abschnitt nur 30 Kilometer pro Stunde erlaubt, da sich in diesem Bereich eine Wohnanlage für ältere Menschen befindet. In diesem Abschnitt wohnen auch Sabine und Klaus Schobert. Das Problem: Kaum ein Autofahrer halte sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung, berichten sie. „Auch die Lkw fahren oft nicht 30. Manchmal wundere ich mich, dass sie vor dem Kreisel überhaupt noch bremsen können“, sagt Klaus Schobert.
Und geblitzt werde auch kaum. Die Messungen im vergangenen Jahr könne er an einer Hand abzählen, kritisiert er. „Und den Blitzer sieht man schon aus 100 Meter Entfernung.“Viele in der Raderacher Straße wünschen sich deshalb, dass Tempo 30 auf die komplette Straße ausgeweitet wird. Und einen stationären Blitzer, damit sich Autofahrer dauerhaft an die Geschwindigkeitsbeschränkung halten.
Ähnlich die Situation in der Unteren Mühlbachstraße, wo Claudia Schmid wohnt. Auch sie ist sich sicher, dass eine Begrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde mehr Sicherheit und weniger Lärm bringen würde. Sie weist auf eine, aus ihrer Sicht besonders gefährliche Stelle bei ihrem Haus mit der Hausnummer 4 hin. Dort ist der Bürgersteig schmal und hat zudem einen abgesenkten Bordstein. Lastwagen würden dort häufig teils auf den Gehweg fahren – zum Beispiel wenn ein entgegenkommendes Fahrzeug gerade ein Fahrrad überholt. Für Fußgänger entstehe dadurch ein enormes Risiko, mahnt Claudia Schmid.
Für die Probleme sehen die Schnetzenhausener eine klare Lösung: Verkehrsberuhigung der Ortsdurchfahrt durch Tempo 30. „Dafür kämpfen wir schon seit Jahren“, sagt Klaus Schobert. Es habe Kontakt mit unterschiedlichen Stellen im Rathaus gegeben. Aus Sicht der Anwohner aber ohne zufriedenstellendes Ergebnis. „Wir fühlen uns ignoriert“, kritisiert Schobert.
Dass durch Schnetzenhausen viel Verkehr rollt, bestätigen auch Zahlen der Stadtverwaltung. Mehr als 10.000 Fahrzeuge sind es jeden Tag, teilt Sprecherin Andrea Kreuzer auf Anfrage mit. Sie verweist auch darauf, dass die Straßenverkehrsbehörde die zulässige
Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen oder Straßenabschnitten beschränken kann. In Schnetzenhausen sei das passiert – und zwar „aufgrund des im unmittelbaren Bereich an der Raderacher Straße gelegenen Altenheims“, berichtet Kreuzer. Allerdings bestehe gesetzlich keine Möglichkeit zur Verlängerung
der bereits ausgewiesenen Strecke.
Eine weitere Möglichkeit für die Verwaltung, das Tempo einzuschränken, wären Unfallrisiken – also, wenn sich Unfälle an den entsprechenden Stellen häufen würden. Das ist laut Andrea Kreuzer aktuell aber in der Raderacher Straße nicht der Fall. Zum Thema
Raser berichtet sie, dass die statistische Verstoßquote in dem Abschnitt bei etwa 24 Prozent liege – und damit „nicht außergewöhnlich hoch“sei. Die Verwaltung räumt jedoch ein, dass zuletzt nur selten geblitzt worden sei. Aber: „Da sich die Personalsituation aktuell wieder bessert, haben wir gegebenenfalls auch die Möglichkeit, an dieser Messstelle wieder häufiger Messungen durchzuführen.“
Was Unfälle angeht, ist die Untere Mühlbachstraße aus Sicht der Stadtverwaltung auch nicht besonders auffällig: „In den letzten drei Jahren, von 2021 bis 2023, kam es auf der gesamten Strecke zu insgesamt 26 Unfällen, wobei neun davon Wildunfälle waren“, sagt Sprecherin Andrea Kreuzer zur Statistik. In dem Abschnitt gebe es somit keine „Unfallhäufungsstellen“. Deshalb kommt laut Stadt in beiden Straßen auch kein fest installierter Blitzer infrage. „Stationäre Blitzer werden nach einem Gemeinderatsbeschluss grundsätzlich nur dort installiert, wo Unfallschwerpunkte sind oder wo es nach dem Lärmaktionsplan und einer hohen Verstoßquote aus Lärmschutzgründen erforderlich ist“, so Kreuzer.
Und was ist mit dem Lärm? Die genannten Bereiche in Schnetzenhausen würden aktuell für den Lärmaktionsplan geprüft, berichtet Andrea Kreuzer. Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Aber: „Inwiefern die Lärmaktionsplanung eine Grundlage für weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen bietet, können wir zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen“, sagt die Sprecherin. Wichtig sei, dass Tempo 30 nach objektiven Kriterien angeordnet werde.