Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wichtig ist der Industriepreis
Der Strompreis gehört zu den Themen, die sehr emotional diskutiert werden. Insofern ist ein internationaler Vergleich der Kosten für private Haushalte durchaus interessant. Dabei zeigt sich, dass Elektrizität in Deutschland gemessen an der Kaufkraft vergleichsweise teuer ist. In manchen entwickelten Ländern wie den USA oder Kanada ist die Stromversorgung deutlich günstiger. Aber es gibt gar nicht weit entfernt, etwa in Italien, auch teurere Länder. Teuer ja, skandalös kostspielig nein. So könnte ein Fazit der Daten lauten.
Auch der Blick auf die tatsächlichen Preise beruhigt eher als dass er Besorgnis auslösen müsste. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 4000 Kilowattstunden in einem Vier-PersonenHaushalt summieren sich die jährlichen Kosten auf 1280 Euro, also gut 100 Euro im Monat. Darin ist das warme Wasser zum Duschen bereits enthalten. Im Vergleich zu anderen Budgetposten vom Auto bis hin zu den Kosten für Kommunikation und Unterhaltung kann von einer Überforderung durch hohe Strompreise nicht die Rede sein.
Anders sieht es beim Strompreis für die Industrie und das Gewerbe aus. Hier hängt die Wettbewerbsfähigkeit zumindest in den Branchen, die international unterwegs sind, stark von den Herstellungskosten ab. Immerhin ist auch hier den Trend zu stark ansteigenden Preisen erst einmal gebrochen. Das muss nicht so bleiben. Momentan zeichnet sich zum Beispiel ein explodierender Ölpreis ab. Das könnte indirekt zu allgemeinen Preiserhöhungen bei Energie führen. Für eine Entwarnung ist es folglich zu früh.
Eine nüchterne Betrachtung des Problems täte gut. Das Hauptaugenmerk muss auf einer preisgünstigen Stromversorgung der Wirtschaft liegen. Da gibt es noch Spielräume bei krisenhaften Preisentwicklungen. Dazu gehört etwa die schon einmal heiß diskutierte Absenkung der Stromsteuer. Eine Rückkehr zur Atomkraft ist dagegen eher als Teil der ideologischen Auseinandersetzung über die Energiepolitik zu werten, denn als Teil der Lösung. Selbst wenn doch wieder neue Meiler gebaut würden, dauerte es bis zur Inbetriebnahme Jahrzehnte und würde viele Milliarden Euro verschlingen.