Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das Grundgesetz der Geldanlage
Wer sein Vermögen schützen und vermehren will, muss es in viele Töpfe stecken
- Noch vor ein paar Jahren konnten Sparer ihr Vermögen risikolos vermehren, ohne sich intensiv mit ihren Finanzen befassen zu müssen. Sparbücher und Tagesgeldkonten warfen ordentliche Zinsen ab. Wer nichts von Wertpapieren wissen wollte, konnte guten Gewissens einen Bogen um die Börse machen. „In der Vergangenheit war der Zins auf Festgelder auskömmlich genug, auch für Anleger, die sich nicht um ihr Geld kümmern wollten“, sagt Matthias Reiter, Direktor Vermögensmanagement bei der Kreissparkasse Ravensburg. „Man musste sich mit der Materie nicht beschäftigen.“
Das hat sich geändert. Seitdem es praktisch keine Zinsen mehr auf Sparguthaben gibt, verflüchtigen sich Vermögen in Milliardenhöhe. Anleger müssten handeln, indem sie in Aktien umschichten, sich mit Fonds befassen, ihren Umgang mit Sachwerten überprüfen. Doch davor scheuen viele Sparer zurück. „Die Notwendigkeit, dass die Anleger etwas unternehmen müssen, ist noch nicht bei allen angekommen“, berichtet Bernd Schäfer, Leiter Private Banking bei der Kreissparkasse Ravensburg. Auch Besitzer kleiner Vermögen müssen sich mit neuen Anlagestrategien befassen. Der Dreiklang aus Immobilie, Lebensversicherung und Festgeld war einmal.
Das größte Problem sehen Finanzexperten darin, dass viele Kunden Aktien so kritisch gegenüberstehen. Das rührt aus schlechten Erfahrungen mit börsengehandelten Wertpapieren: Viele Kunden haben sich Ende der 1990er-Jahre mit Technologie-Aktien am Neuen Markt verspekuliert oder mit der „Volksaktie“Telekom Geld verloren. Seitdem misstrauen sie der Börse grundsätzlich. Dabei zeigen Vergleiche wie das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts (DAI), dass die Aktie auf lange Sicht hin unschlagbar ist. An Aktien legen die Deutschen so strenge Maßstäbe an, wie an keine andere Anlageklasse. Viele Anleger schauen jeden Tag, wie sich der Wert entwickelt. Wer würde bei seiner Immobilie auch nur monatlich die Wertentwicklung abfragen? Deshalb ermitteln Bankberater auch, welche Schwankungen ein Anleger auszuhalten vermag – und argumentieren mit harten Zahlen. Kurse an den Aktienmärkten können um zehn bis 20 Prozent schwanken. Klingt nicht schlimm, bedeutet aber bei einem Depot mit 100 000 Euro eine Summe von 10 000 bis 20 000 Euro.
Aktien sind und bleiben eine der risikoreichsten, aber auch ertragreichsten Anlageformen. Sie allein bieten aber keine Antwort auf niedrige Zinsen und Schwankungen an den Märkten. Wichtiger ist es, das Grundgesetz der Geldanlage zu befolgen. Und das lautet: Das Vermögen auf mehrere Töpfe verteilen. Finanzberater sprechen von „Diversifizierung“oder einem „breit gestreuten Portfolio“, der Volksmund sagt lieber: Nicht alle Eier in einen Korb legen. Für dieses einfache Prinzip der Wertpapieran-
Teil 5 Anlagestrategien lage hat der Ökonom Harry M. Markowitz 1990 den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Auf Aktien übertragen bedeutet das, nicht nur auf zwei oder drei Unternehmen zu setzen, von denen der Anleger viel hält, sondern viele Papiere aus verschiedenen Branchen und unterschiedlichen Ländern zu erwerben. Dahinter steckt die Überzeugung, dass einzelne Nieten unter zahlreichen Gewinnern nicht auffallen.
Finanzexperten empfehlen, dieses Prinzip auf ganze Anlageklassen zu übertragen. Vorteil: Die einzelnen Wertpapiergruppen entwickeln sich unterschiedlich. Wenn zum Beispiel Aktienmärkte schwächeln, steigen oft die Anleihekurse. SparkassenVermögensberater Reiter rät, auch in Rohstoffe zu investieren – beispielsweise in Form spezialisierter Fonds. Auch Edelmetalle gehören in ein gut ausbalanciertes Portfolio.
Inzwischen ermuntern Berater ihre Kunden auch dazu, sich über den Umgang mit Sachwerten mehr Gedanken zu machen. Wer es sich leisten kann, sollte ein Haus erwerben und eine Wohnung dazu – keine neue Erkenntnis im ländlichen Württemberg. Allerdings rechtfertigt die Entwicklung der Immobilienpreise, in die Jahre gekommene Anwesen zu renovieren statt das Geld zinslos auf dem Festgeldkonto zu belassen.
Ohne Zweifel verlangt ein ausbalanciertes Portfolio modernen Zuschnitts mehr Betreuung als das gute alte Sparbuch – eine unangenehme Erkenntnis für Menschen, die sich für Finanzen nicht interessieren. Sie müssen zumindest Magazine wie „Finanztest“lesen, um ihr Vermögen zu ordnen. Das ist die billigste Lösung, kostet aber Zeit. „Die Märkte im Blick zu halten ist ein wahnsinniger Zeitaufwand“, sagt Reiter. Wer darauf keine Lust hat, dem bleibt der Gang zum Vermögensberater der Bank oder Sparkasse.