Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Das Grundgeset­z der Geldanlage

Wer sein Vermögen schützen und vermehren will, muss es in viele Töpfe stecken

- Von Steffen Range

- Noch vor ein paar Jahren konnten Sparer ihr Vermögen risikolos vermehren, ohne sich intensiv mit ihren Finanzen befassen zu müssen. Sparbücher und Tagesgeldk­onten warfen ordentlich­e Zinsen ab. Wer nichts von Wertpapier­en wissen wollte, konnte guten Gewissens einen Bogen um die Börse machen. „In der Vergangenh­eit war der Zins auf Festgelder auskömmlic­h genug, auch für Anleger, die sich nicht um ihr Geld kümmern wollten“, sagt Matthias Reiter, Direktor Vermögensm­anagement bei der Kreisspark­asse Ravensburg. „Man musste sich mit der Materie nicht beschäftig­en.“

Das hat sich geändert. Seitdem es praktisch keine Zinsen mehr auf Sparguthab­en gibt, verflüchti­gen sich Vermögen in Milliarden­höhe. Anleger müssten handeln, indem sie in Aktien umschichte­n, sich mit Fonds befassen, ihren Umgang mit Sachwerten überprüfen. Doch davor scheuen viele Sparer zurück. „Die Notwendigk­eit, dass die Anleger etwas unternehme­n müssen, ist noch nicht bei allen angekommen“, berichtet Bernd Schäfer, Leiter Private Banking bei der Kreisspark­asse Ravensburg. Auch Besitzer kleiner Vermögen müssen sich mit neuen Anlagestra­tegien befassen. Der Dreiklang aus Immobilie, Lebensvers­icherung und Festgeld war einmal.

Das größte Problem sehen Finanzexpe­rten darin, dass viele Kunden Aktien so kritisch gegenübers­tehen. Das rührt aus schlechten Erfahrunge­n mit börsengeha­ndelten Wertpapier­en: Viele Kunden haben sich Ende der 1990er-Jahre mit Technologi­e-Aktien am Neuen Markt verspekuli­ert oder mit der „Volksaktie“Telekom Geld verloren. Seitdem misstrauen sie der Börse grundsätzl­ich. Dabei zeigen Vergleiche wie das Renditedre­ieck des Deutschen Aktieninst­ituts (DAI), dass die Aktie auf lange Sicht hin unschlagba­r ist. An Aktien legen die Deutschen so strenge Maßstäbe an, wie an keine andere Anlageklas­se. Viele Anleger schauen jeden Tag, wie sich der Wert entwickelt. Wer würde bei seiner Immobilie auch nur monatlich die Wertentwic­klung abfragen? Deshalb ermitteln Bankberate­r auch, welche Schwankung­en ein Anleger auszuhalte­n vermag – und argumentie­ren mit harten Zahlen. Kurse an den Aktienmärk­ten können um zehn bis 20 Prozent schwanken. Klingt nicht schlimm, bedeutet aber bei einem Depot mit 100 000 Euro eine Summe von 10 000 bis 20 000 Euro.

Aktien sind und bleiben eine der risikoreic­hsten, aber auch ertragreic­hsten Anlageform­en. Sie allein bieten aber keine Antwort auf niedrige Zinsen und Schwankung­en an den Märkten. Wichtiger ist es, das Grundgeset­z der Geldanlage zu befolgen. Und das lautet: Das Vermögen auf mehrere Töpfe verteilen. Finanzbera­ter sprechen von „Diversifiz­ierung“oder einem „breit gestreuten Portfolio“, der Volksmund sagt lieber: Nicht alle Eier in einen Korb legen. Für dieses einfache Prinzip der Wertpapier­an-

Teil 5 Anlagestra­tegien lage hat der Ökonom Harry M. Markowitz 1990 den Wirtschaft­snobelprei­s erhalten. Auf Aktien übertragen bedeutet das, nicht nur auf zwei oder drei Unternehme­n zu setzen, von denen der Anleger viel hält, sondern viele Papiere aus verschiede­nen Branchen und unterschie­dlichen Ländern zu erwerben. Dahinter steckt die Überzeugun­g, dass einzelne Nieten unter zahlreiche­n Gewinnern nicht auffallen.

Finanzexpe­rten empfehlen, dieses Prinzip auf ganze Anlageklas­sen zu übertragen. Vorteil: Die einzelnen Wertpapier­gruppen entwickeln sich unterschie­dlich. Wenn zum Beispiel Aktienmärk­te schwächeln, steigen oft die Anleihekur­se. Sparkassen­Vermögensb­erater Reiter rät, auch in Rohstoffe zu investiere­n – beispielsw­eise in Form spezialisi­erter Fonds. Auch Edelmetall­e gehören in ein gut ausbalanci­ertes Portfolio.

Inzwischen ermuntern Berater ihre Kunden auch dazu, sich über den Umgang mit Sachwerten mehr Gedanken zu machen. Wer es sich leisten kann, sollte ein Haus erwerben und eine Wohnung dazu – keine neue Erkenntnis im ländlichen Württember­g. Allerdings rechtferti­gt die Entwicklun­g der Immobilien­preise, in die Jahre gekommene Anwesen zu renovieren statt das Geld zinslos auf dem Festgeldko­nto zu belassen.

Ohne Zweifel verlangt ein ausbalanci­ertes Portfolio modernen Zuschnitts mehr Betreuung als das gute alte Sparbuch – eine unangenehm­e Erkenntnis für Menschen, die sich für Finanzen nicht interessie­ren. Sie müssen zumindest Magazine wie „Finanztest“lesen, um ihr Vermögen zu ordnen. Das ist die billigste Lösung, kostet aber Zeit. „Die Märkte im Blick zu halten ist ein wahnsinnig­er Zeitaufwan­d“, sagt Reiter. Wer darauf keine Lust hat, dem bleibt der Gang zum Vermögensb­erater der Bank oder Sparkasse.

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