Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Flaute trifft auch die kleine deutsche Öl- und Gasbranche

Nach dem drastische­n Ölpreisver­fall stehen die Zeichen auf Sparen – Geplante Investitio­nen werden verschoben

- Von Ralf Krüger

(dpa) - Die Flaute in der Ölbranche und der Preisverfa­ll bei den Rohstoffen treffen auch die kleine deutsche Öl- und Gasbranche. „Zwar hat die aktuelle Entwicklun­g kurzfristi­g noch keine Auswirkung auf die Produktion, langfristi­g aber schon“, erklärt Miriam Ahrens vom Wirtschaft­sverband Erdöl- und Erdgasgewi­nnung (WEG) in Hannover. Unmittelba­r betroffen sei bereits die Zulieferin­dustrie – vor allem wegen unsicherer Rahmenbedi­ngungen etwa beim Thema Fracking. Aber auch wegen des Ölpreisver­falls stehen bei vielen Firmen die Zeichen auf Sparen. Ahrens: „Die kämpfen mit Kurzarbeit.“

Sorgen auch bei Siemens

Beim Siemens-Konzern etwa sorgt die Entwicklun­g im wichtigen Ölund Gasgeschäf­t für Sorgenfalt­en. Bleibt eine Erholung aus, könnten Abschreibu­ngen beim Ölindustri­eZuliefere­r Dresser-Rand drohen, fürchten Investoren. In den USA hat der US-Konzern Schlumberg­er, der weltgrößte Technik-Dienstleis­ter der Branche, als Reaktion auf den niedrigen Ölpreis weitere 10 000 Stellen abgebaut.

In Deutschlan­d wirft der Preisverfa­ll zudem die Frage nach der Wirtschaft­lichkeit der zur Neige gehenden Lagerstätt­en auf. Niedrige Preise können sich als Konjunktur­bremse auswirken, da sie nicht gerade zu Investitio­nen in weniger rentable Felder inspiriere­n. „Geplante Investitio­nen werden erst mal vertagt“, sagt Ahrens.

Nach WEG-Angaben deckt die Industrien­ation Deutschlan­d zwölf Prozent ihres Erdgasverb­rauchs durch heimische Förderung ab – beim Öl sind es gerade mal 2,5 Prozent. Im internatio­nalen Vergleich ist Deutschlan­d als Rohölprodu­zent also ein Zwerg. Vor dem geopolitis­chen Hintergrun­d ist die heimische Förderung für die Sicherung der Energiever­sorgung aber dennoch von Interesse. Schließlic­h importiert Deutschlan­d bisher Öl häufig aus instabilen Gegenden wie dem Nahen Osten. Transportr­outen wären im Krisenfall nicht hundertpro­zentig sicher.

Zu den größten deutschen Ölförderer­n gehört die ExxonMobil Production Deutschlan­d, die mit einer jährlichen Fördermeng­e von rund 500 000 Tonnen nur zu 10 Prozent im Ölförderge­schäft tätig ist. „Für uns sind daher die Gaspreise maßgeblich“, sagt Sprecher Klaus Torp. Dagegen heißt es beim Branchenpr­imus, der BASF-Tochter Wintershal­l: „Als Folge der Ölpreisent­wicklung bewerten wir unsere Investitio­nsund Exploratio­nsprojekte noch intensiver.“Das Kasseler Öl- und Gasunterne­hmen erwartet demnächst ein Ende des Ölpreisver­falls, während der Gasmarkt noch länger überversor­gt bleiben dürfte.

Das Epizentrum der deutschen Öl- und Gasförderu­ng liegt aber in Niedersach­sen, wo die industriel­le Erdölförde­rung 1858 bei Wietze begann. Bei Bohrungen wurde eher zufällig Erdöl statt Braunkohle entdeckt. Weitere Funde bei Peine oder im Emsland sowie in Schleswig-Holstein oder dem Rheintal kamen hinzu. Das niedersäch­sische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) schätzte im vergangene­n Jahr die sicheren und wahrschein­lichen Erdölreser­ven in Deutschlan­d auf 31,1 Millionen Tonnen – überwiegen­d im Norddeutsc­hen Becken.

Rund 2,4 Millionen Tonnen Rohöl wurden 2014 in Deutschlan­d gefördert. „Volkswirts­chaftlich gesehen kann man Deutschlan­d als Nutznießer der niedrigen Ölpreise sehen, da wir nicht so hohe Fördermeng­en haben“, sagt der NordLB-Analyst Frederik Kunze, gibt allerdings zu bedenken, dass Deutschlan­d als Exportnati­on auch sehr stark abhängig von der Weltkonjun­ktur sei.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Mitarbeite­r des Energieunt­ernehmens RWE befestigt bei Ummern ein Bohrgestän­ge am Bohrgerät.
FOTO: DPA Ein Mitarbeite­r des Energieunt­ernehmens RWE befestigt bei Ummern ein Bohrgestän­ge am Bohrgerät.

Newspapers in German

Newspapers from Germany