Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Daimler tritt nach Rekordjahr auf Euphoriebr­emse

Konzernche­f Zetsche dämpft Erwartunge­n für 2016 – Aktionäre und Mitarbeite­r profitiere­n von 2015

-

BMW im Visier

Nachdem es lange Jahre schien, dass die Konkurrent­en aus München und Ingolstadt die Stuttgarte­r hinter sich lassen, ist der einstige Altherrend­aimler wieder obenauf: Die neuen Kompakten ziehen junge Käufer an, die S-Klasse läuft glänzend und macht Marge. Am Mittbewerb­er Audi ist die Marke mit dem Stern bei den Verkaufsza­hlen schon vorbeigezo­gen, nun nimmt die Führung BMW ins Visier.

Das soll sich nun auch auszahlen: Die Dividende pro Aktie soll um 80 Cent auf 3,25 Euro steigen, den anspruchsb­erechtigte­n Festangest­ellten unter den weltweit 284 015 Mitarbeite­rn winkt zudem eine einmalige Gewinnbete­iligung von 5650 Euro (Vorjahr: 4350 Euro).

An den Erfolg anknüpfen

Zetsche will in diesem Jahr an das grandiose 2015 anknüpfen: „Alles deutet darauf hin, dass 2016 ein weiteres gutes Jahr für Daimler wird“, sagt der Daimler-Chef.

Und gießt umgehend auch Wasser in den Wein: Die Weltwirtsc­haft schwächelt, vor allem in den Schwellenl­ändern. Insbesonde­re der LkwMarkt in Brasilien liegt darnieder, neue EU-Abgasnorme­n und die Folgen des VW-Abgas-Skandals dräuen. Auch die Konjunktur in China, inzwischen Daimlers weltweit wichtigste­r Markt, kühlt drastisch ab. Zuletzt konnte der Stuttgarte­r im Reich der Mitte klotzen: Die gewaltige Autofabrik am Stadtrand Pekings – so groß wie die Werke Untertürkh­eim und Sindelfing­en zusammenge­nommen – konnte seinen Ausstoß immer weiter steigern. Die alten Zuwachsrat­en, zuletzt 41 Prozent plus innerhalb eines Jahres, sind wohl nicht mehr erreichbar, doch „wir trauen uns weitere Marktantei­lsgewinne zu“, sagt Zetsche.

Doch insgesamt tritt Daimler auf die Bremse: Der Konzern-Umsatz werde 2016 „leicht zunehmen“, bei den Pkw um „drei bis vier Prozent“, bei den Lkw und Bussen traut sich der Autobauer in diesem Jahr hingegen keine Umsatzstei­gerungen zu. „Wir werden weiter unser Kerngeschä­ft stärken, weltweit wachsen, technologi­sch führen und die Digitalisi­erung vorantreib­en“, verspricht Zetsche. Euphorie hört sich anders an. Zwar sollen allein in der Pkw- Sparte zwölf neue Modelle an den Start gehen, unter anderem der neue SL. Daneben will der Konzern viele Milliarden in die Digitalisi­erung stecken und denkt über Zukäufe bei Mobilitäts­apps nach. Zudem will er noch eine völlig neue internatio­nale Firmenkult­ur etablieren, bei der internatio­nale Teams ohne Vorgaben von oben Hierarchie­n, Meetings und Leistungss­tandards auf den Prüfstand stellen sollen. „Die einzige Vorgabe dazu: Es gibt keine Vorgabe“, verspricht Dr. Z.

Aktie im Minus

Doch ein Spaziergan­g wird das nicht. „Auch wenn wir uns bei Absatz und Rendite unseren Zielen nähern, lassen wir bei der Steigerung von Flexibiltä­t und Effizienz keinen Deut nach. Wir haben uns den Erfolg zu hart erarbeitet, um das zuzulassen“, mahnt Zetsche.

An den Börsen kommen die nachdenkli­chen Töne des erfolgsver­wöhnten Autobauers nicht gut an: Die Daimler-Aktie verliert bis zum Nachmittag in einem stabilen Umfeld satte vier Prozent. Zwar bescheinig­en Analysten dem Konzern Ergebnisse im Rahmen der Erwartunge­n, doch Zetsches Ausblick fällt den Börsen zu kritisch aus.

 ?? FOTO: AFP ?? Dieter Zetsche hat Daimler auf Rekordkurs geführt. Nun schlägt er vorsichtig­e Töne an.
FOTO: AFP Dieter Zetsche hat Daimler auf Rekordkurs geführt. Nun schlägt er vorsichtig­e Töne an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany