Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Barocke Netzwerker
Freiburger Barockorchester gastiert mit Andreas Staier in Wangen
- Vorbei die Zeit, da man das Spiel auf dem Cembalo mit dem Rattern einer Nähmaschine verglich: Künstler wie Andreas Staier, der auf einem „historischen“Hammerflügel ebenso wie auf einem „modernen“Flügel spielt, bringen Farbe und reiche Artikulationsvarianten ins Spiel. Gemeinsam mit dem Freiburger Barockorchester ist er gerade auf Tournee, vor Stationen in Stuttgart, Freiburg und Berlin kehrten die Künstler mit ihrem Programm „Bach und Kollegen“auch im Rahmen der Wangener Altstadtkonzerte in der Stadthalle ein.
Natürlich stehen da drei der sieben Cembalokonzerte von Johann Sebastian Bach im Mittelpunkt, die Andreas Staier und das Freiburger Barockorchester (FBO) auf einer CD eingespielt haben. Da trifft das fantasievoll ausgestaltende Spiel des Cembalisten auf die beweglich und schwingend artikulierenden Streicher unter der Konzertmeisterin Petra Müllejans. Zunächst gibt es nur kleine Einwürfe, bevor sich das Cembalo raumgreifend meldet.
Das prächtige zweimanualige Cembalo aus der Staufener Werkstatt von Christoph Kern, der mit dem FBO und Staier zusammenarbeitet, hat einen vollen und warmen Klang, kann zierlich und galant klingen, aber auch in rauschenden Passagen glänzen. Staier ist ein Meister der Agogik in langsamen Sätzen, wenn dem gleichmäßigen Puls der linken Hand die Freiheit der reich verzierten rechten Hand begegnet. In schnellen Sätzen arbeitet Staier Akzente und Echowirkungen heraus, lässt große Wellen der Dynamik entstehen und überrascht mit feinsinnigen Solokadenzen. Manchmal scheint die Zeit aufgehoben, dann wieder bricht ein Sturm los und wie so oft staunt man über die kompositorische Vielfalt im Werk Bachs.
Das FBO steht Staier da in nichts nach, federt und tanzt im Puls der Celli und des Basses, die Streichergruppen spielen sich zu, es entspinnt sich ein schöner Dialog zwischen Solist und Orchester.
Bach, Telemann, Fasch
„Bach und Kollegen“wirft einen Blick auf das musikalische Netzwerk, das Johann Sebastian Bach mit Georg Philipp Telemann in Hamburg, Johann Friedrich Fasch am Hof von Anhalt-Zerbst und dem böhmischen Komponisten Jan Dismas Zelenka in Dresden pflegte.
In Werken dieser Komponisten konnte man die Vielseitigkeit des FBO erleben: In einer der Tafelmusiken von Telemann erklangen eine Reihe von Charakter- und Tanzsätzen, etwa eine anmutige Hirtenmusik, die angedeuteten Signale eines Posthorns oder ein lebhafter Rausschmeißer. In einem Konzert von Fasch duettierten die Konzertmeisterin Petra Müllejans und die Oboistin Susanne Regel in einem feinen Dialog. Das musikalisch interessanteste Stück dieser Bach-„Kollegen“aber stammte von Zelenka: Das FBO musizierte seine „Hipocondrie“für Bläser, Streicher und Generalbass ungemein plastisch in der Nachzeichnung klingender Seufzer, der Gestaltung des Fugenthemas und der kühnen Harmonik.