Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Wir müssen neue Bauflächen ausweisen“
Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) sprach in Laupheim über Wohnbaupolitik in schwierigen Zeiten
(ry) - Finanzielle Anreize für Investoren und die Ausweisung neuer Bauflächen: Beides sei notwendig, um der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen, hat der baden-württembergische Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) am Mittwoch bei einem Wahlkampfauftritt im Laupheimer „Schlosscafé“betont.
Stickelberger sprach über das Thema „Wohnen ist ein Menschenrecht. Wohnungsbaupolitik in schwierigen Zeiten“. Er stellte fest: „Wir haben in vielen Städten und Gemeinden Wohnungsnot“. Die SPD sei schon vor dem großen Zustrom von Flüchtlingen aktiv geworden, um Fehlentwicklungen zu steuern, etwa durch die Mietpreisbremse und rechtliche Möglichkeiten für Kommunen, die Zweckentfremdung von Wohnraum zu blockieren.
„Das reicht aber nicht“, sagte der Minister. Zum einen müsse der Staat die Wohnbauförderung intensivieren – Stichwort Sonderabschreibungen – und den Fokus dabei anders als in der Vergangenheit auf den sozialen Wohnungsbau legen. Zum anderen lasse sich die Maxime, den Flächenverbrauch durch Nachverdichtung zu drosseln, angesichts des hohen Bedarfs an Wohnraum nicht mehr durchhalten. „Wir werden nicht umhin kommen, neue Bauflächen auszuweisen“, forderte Stickelberger eine „Akzentverschiebung“. Das sei die Position der SPD-Landtagsfraktion; mit den Grünen sei man in diesem Punkt durchaus uneins.
Hoher Bedarf auch in Laupheim
Oberbürgermeister Rainer Kapellen berichtete von einer ungebrochenen Nachfrage nach Bauplätzen in Laupheim. Zudem würden laut einer IHKStudie bis 2030 mehr als 700 Wohnungen in der Stadt gebraucht; dazu komme ein dreistelliger Bedarf für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen.
„Alles in allem werden wir, wenn wir an die Integration der Flüchtlinge denken, noch ganz gewaltig in den Wohnungsbau investieren müssen“, sagte Stickelberger. Er warnte eindringlich davor, Flüchtlinge gegen andere Wohnungssuchende auszuspielen. Der SPDLandtagskandidat für den Wahlkreis Biberach, Stefan Gretzinger, empörte sich über „Typen“, die in diesem Zusammenhang Hetze betreiben würden, um von Angst, Hass und Missgunst zu profitieren. Albert Klöckler, Vorstandschef der Genossenschaft für Wohnungsbau Oberland, berichtete, dass die GWO Woh- nungen für die Anschlussunterbringung freigegeben hat – „ich habe nicht nur Zuspruch bekommen“.
Entrümpelung des Baurechts
Klöckler und Klaus Breitenfeld (Wertbau Laupheim GmbH) forderten in der Diskussion eine „Entrümpelung des Baurechts“. Für den sozialen Wohnungsbau müssten Standards wie überdachte Fahrradständer, vollumfängliche Barrierefreiheit oder Begrünungen gesenkt werden, sonst werde es zu teuer. „Wenn wir entscheidend vorankommen wollen, müssen wir in diesem Bereich von einigen Standards runter“, pflichtete der Minister bei und befürwortete eine Lockerung beim Stellplatznachweis. Die SPD strebe eine Novellierung der Landesbauordnung an. Einig war sich Stickelberger mit Albert Klöckler auch darin, dass auf eine dem sozialen Frieden förderliche Belegung von Wohnraum zu achten sei.