Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Denker und Lenker ist ein Mann der leisen Töne
Die Stadt Balingen und der Bundesligist HBW feiern Handball-Europameister Martin Strobel
- Großer Bahnhof für den Handball-Europameister. Am Mittwochabend ist Martin Strobel von 800 Fans in der Balinger Stadthalle gefeiert worden. Bei dem Empfang trug sich der 29 Jahre alte Spielmacher des HBW Balingen-Weilstetten ins Goldene Buch der Stadt ein, bekam allerlei Geschenke von Stadt und Verein, darunter die Goldene Verdienstmedaille Balingens. Ein besonderes Geschenk hatte Strobel selbst für die Fans parat. HBW-Präsident Arne Stumpp verkündete, dass Strobel seinen im Sommer auslaufenden Vertrag um zwei weitere Jahre bei den Balingern verlängert hat. Gültig ist der Kontrakt aber nur in Liga eins.
Bundestrainer Dagur Sigurdsson bezeichnete Martin Strobel nach der gewonnen EM in Polen als „Denker und Lenker“im Spiel der deutschen Mannschaft. Doch Strobel gibt das Lob an seinen Coach zurück. „Dagur presst die Spieler nicht in ein System, in dem sie ihre Fähigkeiten nicht zu einhundert Prozent einbringen können“, sagt Strobel. Es wird deutlich: Wer den 29 Jahre alten, in Rottweil geborenen Schwaben erlebt und mit ihm spricht, der ahnt, dass so viel Lob seine Sache nicht ist. Bescheiden, zurückhaltend, leise, das sind eher seine Attribute.
Bescheidenheit strahlt der 1,89 Meter große Rechtshänder auch am Mittwoch aus, als er kurz nach halb acht in der Stadthalle die aufgereihten Jugendspieler der JSG Balingen- Weilstetten abklatscht, lachend. Fast verlegen hebt er die Arme, als die 800 Fans „Martin Strobel, Martin Strobel“skandieren und fast aus dem Häuschen geraten, als HBW-Präsident Arne Stumpp die Vertragsverlängerung verkündet. „Vor allem das gute Miteinander mit den Verantwortlichen“, habe den Ausschlag gegeben, sagt Strobel, während sein Bruder Wolfgang, der HBW-Geschäftsführer, entspannt.
Martin Strobel erzählt derweil von der EM. Davon, dass die Mannschaft auch von glücklichen Konstellationen profitiert habe: „Knackpunkt war das Dänemark-Spiel. Aber spielen wir in der Vorrunde gegen Schweden unentschieden, sind wir draußen. Nach dem Halbfinale ge- gen Norwegen haben wir erstmals daran geglaubt. Wir haben gesagt: Jetzt wollen wir auch den letzten Schritt machen.“Fast nebenbei tat sich Strobel in den Auszeiten der Spiele immer stärker als Wortführer hervor. „Da bin ich einfach meinem Instinkt gefolgt und habe einige Dinge angesprochen.“
Und so hofft Strobel, dass das deutsche Handball den Schwung nutzt. Nicht wie 2007, als die Sogwirkung in der Breite ausblieb. „Damals wollte man zu schnell zu viel.“Da habe ein Konzept gefehlt, sagt Strobel, der Internationales Management studiert hat. Nächstes großes Ziel ist der Klassenerhalt mit dem HBW. Im Falle eines Abstiegs wäre Strobel wohl weg. Das weiß auch Bruder Wolfgang. Zu groß ist das Interesse der Konkurrenz, zum Beispiel aus Hannover. Zu groß wohl auch Martin Strobels Verlangen, weiter in der Nationalmannschaft zu spielen, mit dieser nach Rio zu fahren. „Ab nächster Woche gibt es nur noch eine Richtung: Klassenerhalt. Wir werden alles dafür tun, das zu schaffen. Die Jungs haben in den vergangenen drei, vier Wochen kräftig trainiert, da muss ich ein bisschen aufholen.“Alle lachen. Nur einige seiner Teamkollegen, die den Abend in den oberen Rängen verfolgen, lachen nicht. Sie werden die Ansage verstanden haben. Da ist er wieder: Der leise Wortführer Martin Strobel.